Der von der Berliner Senatsgesundheitsverwaltung verspätet vorgelegte Krankenhausplan für die Jahre 2010 bis 2015 wird von den Krankenkassenverbänden weiterhin als unwirtschaftlich und nicht bedarfsgerecht bewertet. Das Ziel, mit strukturellen Anpassungen einen sinnvollen Umbau der Krankenhauslandschaft in Berlin zu erreichen, wird nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und Krankenkassenverbände in Berlin (ARGE) und der PKV verfehlt. So sollen drei neue Krankenhäuser und ca. 900 zusätzliche Betten in den Krankenhausplan 2010 aufgenommen werden. Bereits jetzt kommen die Berliner Krankenhäuser lediglich auf eine Bettenauslastung von rund 82 Prozent.
Mit dem gestrigen Senatsbeschluss kämen auf die regionalen Krankenkassen Mehrkosten von bis zu 250 Mio. Euro jährlich zu. Dies wäre jedoch keineswegs einer qualitativ besseren Patientenversorgung in der Stadt geschuldet, sondern einer Planung, die sich weder am tatsächlichen Bedarf orientiert noch die Möglichkeiten einer besseren Vernetzung der ambulanten und stationären bzw. länderübergreifenden Sektoren ausreichend nutzt. Das von der Senatsverwaltung angestrebte Einvernehmen der Beteiligten zum Krankenhausplan 2010 konnte damit letztlich nicht erreicht werden.
So sieht der Plan nunmehr eine höhere Flexibilisierung der Betten von derzeit 10 auf 15 Prozent vor. Krankenhäuser konnten bisher schon 10 Prozent des gesamten Bettenkontingentes innerhalb der Fachabteilungen unabhängig vom tatsächlichen Bedarf auf eine andere Fachabteilung umwidmen. Die Krankenkassen prognostizieren, dass Kliniken die nunmehr beschlossene Anhebung auf 15 Prozent eher zur Gewinn- als zur Versorgungsoptimierung nutzen werden. Dies kann die Solidargemeinschaft der Krankenkassen bis zu einem dreistelligen Millionenbetrag belasten.
Chancen auf Strukturverbesserungen vergeben
Für absolut nicht nachvollziehbar halten die Krankenkassenverbände, dass die in Berlin überdurchschnittlich hohe Qualität in der Versorgung von Früh- und Neugeborenen nicht erhalten bleibt. Stattdessen ist eine Rückkehr zu den niedrigeren bundesweiten Mindeststandards geplant. Auch trägt es nicht zur besseren Versorgungsqualität bei, wenn Krankenhäuser weiterhin über ein breites Spektrum an identischen Fachrichtungen verfügen. Kliniken sollten noch stärker miteinander kooperieren, etwa im Südwesten Berlins. Dort kommt es wieder nicht zu der erwarteten Strukturanpassung zwischen Charité/Vivantes, die der Grund für das verzögerte Inkrafttreten des Krankenhausplanes war. Statt den Weg der Leistungskonzentration und Umwidmung des bestehenden Bettenkontingentes konsequent fortzuführen, setzt die Senatsgesundheitsverwaltung auf Bettenaufstockung und begründet dies mit einem wachsenden stationären Versorgungsbedarf aufgrund des demografischen Wandels. Nur unzureichend werden dabei die vorhandenen ambulanten und komplementären Strukturen berücksichtigt. Obwohl gerade dieser Sektor enorme Wachstumsraten aufweist und durch ihn eine starke Kompensation stationärer Fälle zu erwarten ist, spielt er für die Senatsgesundheitsverwaltung fast keine Rolle.
Als sinnvoll bewertet die ARGE, dass die Senatsverwaltung die demografische Entwicklung der Bevölkerung berücksichtigt hat. Allerdings ist der demografiebedingte Anstieg der Betten aus der Sicht der Krankenkassenverbände mit dem bestehenden und nicht ausgelasteten Bettenkontingent sowie mit der möglichen Flexibilisierung innerhalb der Krankenhäuser zu bewältigen.
Nach Ansicht der Krankenkassenverbände wird die Krankenhausfinanzierung in Berlin durch ein weiteres Problem verschärft. Zwar sollen sich gemäß Krankenhausfinanzierungsgesetz Länder und Krankenkassen die Finanzierung der Krankenhäuser teilen, indem Krankenkassen die Behandlungskosten und die Länder die Investitionskosten für Gebäude, Inventar, Renovierungen etc. finanzieren. Doch für den in Berlin anfallenden Investitionsbedarf stellt der Berliner Senat schon über Jahre nicht ausreichend Finanzmittel zur Verfügung, mit der Folge eines hohen Investitionsstaus und steigenden, von den Krankenkassen zu tragenden Kosten für Instandhaltung aufgrund fehlender Investitionen. Allein bei Charité und Vivantes liegt der Investitionsstau den Angaben der Krankenhäuser zu Folge bei über 1 Milliarde Euro. Der Senat hat nun gerade einmal 330 Mio. Euro für die Charité am Standort Mitte zugesagt. Eine vernünftige Investitionsfinanzierung auf lange Sicht ist so nicht möglich. Auch die aktuell geplanten Maßnahmen im Krankenhausplan sind nach Ansicht der Kostenträger nicht ausreichend investiv hinterlegt. Hier ist das Land Berlin dringend gefordert, seiner Verantwortung gerecht zu werden und letztendlich nicht die Beitragszahler, also die Versicherten und die Arbeitgeber im Land Berlin, zusätzlich zu belasten.
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