Minister Grüttner zu den Plänen in der neuen Legislaturperiode

Stefan Grüttner ist auch in der neuen Legislaturperiode Staatsminister im nun erweiterten Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Die vdek-Landesvertretung Hessen gratulierte dem Minister persönlich.

Staatsminister Grüttner im Gespräch mit Claudia Ackermann

vdek: Sehr geehrter Herr Staatsminister, wir gratulieren Ihnen sehr herzlich zur erneuten Ernennung zum Hessischen Minister für Soziales und Integration.

Es besteht bundesweit Einigkeit über den Reformbedarf im Bereich Pflege. Welche Maßnahmen planen Sie hier für die Legislaturperiode in Hessen?

 

Stefan Grüttner: Auf Bundesebene halte ich es für zwingend erforderlich, dass zügig die noch offenen Fragen zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und neuen Begutachtungsverfahren geklärt werden. Diesem Thema kommt eine Schlüsselrolle bei der künftigen Gestaltung der Pflege zu.

Die Landesregierung wird darüber hinaus die im Bund anstehende Reform der Alten- und Krankenpflegeausbildung unterstützen, indem wir die Ausbildung modular gestalten. D. h. wir wollen eine einheitliche Grundausbildung mit einer darauf aufbauenden Spezialisierung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege einrichten.

Außerdem werden wir das Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) weiterentwickeln. Wir wollen die Kurzzeitpflege ausbauen und Familien durch ehrenamtlich Pflegende mit Pflegebegleitern unterstützen. Zudem wird die hessische Weiterbildungs- und Prüfungsordnung für die Pflegeberufe novelliert. Auf Grundlage der Ergebnisse eines Gutachtens zur Situation der Pflege in hessischen Akutkrankenhäusern, das von meinem Ministerium in Auftrag gegeben wurde, soll schließlich in einer Arbeitsgruppe des Landespflegerates ein Leitfaden erarbeitet werden. Er soll Ratschläge geben, wie die Organisation der Pflege und die Interaktion der verschiedenen Berufsgruppen und Hierarchieebenen in den Krankenhäusern verbessert werden kann.

Hessisches Qualitätskonzept

vdek: Im hessischen Koalitionsvertrag wird ein „Qualitätskonzept für eine hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten“ angekündigt. Wie sehen die konkreten inhaltlichen und zeitlichen Pläne für das Qualitätskonzept aus?

Stefan Grüttner: Qualität und Patientensicherheit sind zweifelsfrei DIE Themen der Gesundheitsversorgung.

Die Entwicklung eines Hessischen Qualitätskonzepts stellt eine große Herausforderung dar, der ich mich – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über Behandlungsfehler und Patientensicherheit – mit großem Engagement stelle. Eine Versachlichung dieser Diskussion ist dringend notwendig.

Schon Ende letzten Jahres habe ich aus der Überzeugung heraus, dass gerade das Land Hessen hier eine aktive Rolle einnehmen muss, organisatorische Maßnahmen ergriffen und ein eigenständiges Referat für Qualität und Patientensicherheit eingerichtet.

In vielen Einzelinitiativen haben wir uns für eine qualitäts- und patientenorientierte Gesundheitsversorgung eingesetzt. Die Berücksichtigung von Qualitätskriterien in Entscheidungen der Krankenhausplanung und das Hessische Onkologiekonzept sind nur zwei Beispiele von vielen Einzelinitiativen. Diese Einzelinitiativen werden nun gebündelt, koordiniert und intensiviert.

Wir müssen die vielfältigen Erkenntnisse, die wir jetzt schon über die Qualität von medizinischen Leistungen haben, für Hessen nutzbar und verwertbar machen. Wir haben eine Vielzahl an Informationen wie zum Beispiel die Qualitätsberichte der Krankenhäuser und die externe Qualitätssicherung. Leider bleiben diese Informationen weitgehend ungenutzt. Für Patientinnen und Patienten sind die Informationen kaum verwertbar. Auch für akute Interventionen durch die Landesregierung sind die Informationen bei ihrer Veröffentlichung meist schon zu alt.

Ärzteversorgung

vdek: Der vdek vertritt die Auffassung, dass es keinen generellen Ärztemangel in Deutschland und im Besonderen in Hessen gibt, sondern lediglich ein Verteilungsproblem. Dies wurde auch aktuell vom Vorsitzenden des Sachverständigenrats Gesundheit, Prof. Ferdinand Gerlach, bestätigt. Wie ist Ihre Einschätzung hierzu und welche Maßnahmen planen Sie ggf.?

Stefan Grüttner: Ziel der Hessischen Landesregierung ist die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden und - soweit notwendig - wohnortnahen medizinischen Versorgung. In dem unter der Federführung des Landes Hessen erarbeiteten GKV-Versorgungsstrukturgesetz werden daher dem Land mehr Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Bedarfsplanung eingeräumt. In Hessen haben wir zwar keinen generellen Ärztemangel, aber in ländlichen Regionen würden sich Lücken abzeichnen, wenn abzugebende Arztpraxen keine Nachfolger finden würden. Zudem führt die Altersstruktur der hessischen Vertragsärzteschaft dazu, dass in den nächsten Jahren mehr Vertragsarztpraxen abzugeben sind.

Wir werden den erfolgreichen Hessischen Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung fortsetzen und zusätzlich acht innovative vernetzte Versorgungsmodelle auf regionaler Ebene bis zu einem Gesamtbetrag von 500.000 Euro fördern.

Hessisches Krankenhausgesetz

vdek: Im hessischen Koalitionsvertrag wird eine Überarbeitung des Hessischen Krankenhausgesetzes angekündigt, welche Veränderungen sind konkret geplant? Wird das Land die nötigen Mittel zur Deckung der Investitionskosten der Krankenhäuser finanzieren?

Stefan Grüttner: In einem ersten Schritt werden wir die Investitionsförderung zunächst pauschalieren. Ab 2016 soll es dann Pauschalen geben. Vorab wird es im Jahr 2015 ein Sonderinvestitionsprogramm von 120 Millionen Euro geben, um noch dringend notwendige Vorhaben umsetzen zu können.

Perspektivisch wollen wir prüfen, wie Qualitätsaspekte noch mehr in krankenhausplanerische Entscheidungen einfließen können. Zudem müssen die Gesundheitskonferenzen weiterentwickelt werden. Sie sind noch zu krankenhauslastig. Auch wird geprüft, wie die notwendigen Zusammenschlüsse öffentlicher Kliniken forciert werden können.

Zusammenschluss kommunaler Kliniken

vdek: Die finanzielle Lage kommunaler Kliniken in Hessen ist teilweise sehr schwierig. Welche Maßnahmen sollen, auch unter Berücksichtigung des Berichts des Landesrechnungshofs aus dem vergangenen Jahr, in der laufenden Legislaturperiode angestoßen werden, um dies zu ändern? Wie soll die vorgeschlagene Holdingstruktur der kommunalen Kliniken weiter vorangetrieben werden?

Stefan Grüttner: Mittlerweile ist nicht nur die Lage der kommunalen Kliniken prekär, mehr als 50 Prozent der deutschen Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Dies liegt unter anderem an Fehlanreizen des Bundesrechts. Ich werde mich daher sehr aktiv in die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Krankenhausfinanzierung einbringen, die der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vorsieht.

Auf hessischer Ebene werden wir Zusammenschlüsse öffentlicher Kliniken begleiten. Dies wird sich im Wesentlichen auf regionaler Ebene abspielen. Hier hat meine Initiative für einen Aufbruch gesorgt, es gibt aktuell über Stadt- und Landkreisgrenzen hinaus eine Reihe von konkreten Verhandlungen. Ich werde diese Vorhaben unterstützen, aber auch den Druck erhöhen. Einzelkämpfer haben keine Zukunft, das gilt heute noch mehr als vor zwei Jahren. Der für den Hessischen Rechnungshof erstellte Bericht greift mit seinem Vorschlag, die Kliniken sollten mehr kooperieren, deutlich zu kurz. Wir brauchen gesellschaftsrechtliche Verbindungen.

 

vdek: Sehr geehrter Herr Staatsminister, viel Erfolg für die neue Amtszeit und vielen Dank für das Gespräch.

Diesen und weitere Artikel zum hessischen Gesundheitswesen finden sie in der 1. Ausgabe 2014 des

Den Kommentar der Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen, Claudia Ackermann, finden Sie hier.