Kommunale Kliniken in Hessen – ein Auslaufmodell?
Zu viele Operationen, mangelnder wirtschaftlicher Erfolg – die deutschen Krankenhäuser stehen aktuell massiv in der Kritik. Die Prüfung kommunaler Kliniken durch den hessischen Landesrechnungshof hat bestätigt, was Experten schon lange sagen.
Hofheim, Bad Soden, Frankfurt, Offenbach - die finanzielle Lage kommunaler Kliniken in Hessen ist fatal. So fatal, dass im September 2013 der Main-Taunus-Kreis einen Zuschuss von acht Millionen Euro zahlen musste, um die Liquidität der Main-Taunus-Kliniken zu wahren. In der Diskussion steht noch viel mehr: Der Kreis soll die gesamten Schulden der Kliniken von ca. 100 Millionen Euro übernehmen. Die defizitäre Offenbacher Klinik wurde zum 1. Juli 2013 an den Sana-Konzern verkauft, der nun eine Streichung von 350 Stellen angekündigt hat.
Die Krankenhausversorgung erfolgt in Hessen derzeit durch 142 Krankenhäuser mit zum Teil mehreren Standorten. Die Betriebskosten der Krankenhäuser in Deutschland werden von den Krankenkassen übernommen, die Investitionskosten werden durch Fördermittel der Bundesländer getragen. Der Anteil der kommunalen Träger an den Kliniken in Hessen beträgt 49 Prozent. Die restlichen Kliniken werden von freigemeinnützigen (26 Prozent) und privaten (25 Prozent) Krankenhausträgern betrieben. Besonders im Rhein-Main-Gebiet gibt es (zu) viele Kliniken und damit auch viel Konkurrenz.
Prüfbericht des hessischen Landesrechnungshofes
Im Mai 2013 hatte der hessische Landesrechnungshof einen Prüfbericht vorgelegt, der sich im Kern mit der Frage auseinandersetzt, ob kommunale Kliniken ihren Versorgungsauftrag zukünftig ohne Zuschüsse von ihren kommunalen Trägern erfüllen können. Der Bericht, der die Jahre 2009 bis 2011 untersucht, hat in einer „vergleichenden Prüfung“ acht kommunale und Kreiskliniken analysiert und Auswege aus der Entwicklung aufgezeigt, um die finanziell klammen Städte und Kreise zu entlasten.
Dabei wurden die Kliniken aus Kassel, Fulda, Wiesbaden, Frankfurt, Offenbach und Darmstadt sowie des Hochtaunuskreises und Main-Taunus-Kreises untersucht. Die Verluste, ohne die teilprivatisierte Klinik in Wiesbaden, addierten sich 2011 auf rund 79 Millionen Euro, wobei lediglich ein Krankenhaus schwarze Zahlen geschrieben hatte.
Das Hauptproblem der kommunalen Kliniken besteht aus Sicht des Landesrechnungshofes darin, dass sich selbst benachbarte Krankenhäuser als Konkurrenten betrachten und entsprechend agieren. Die Leistungsangebote der Kliniken werden dabei in zu geringem Maße aufeinander abgestimmt. Der hessische Rechnungshof empfiehlt den defizitären kommunalen Kliniken, einen regionalen Verbund zu bilden, Zentralisierungen und eine Reduzierung der Betten auf ein notwendiges, geringeres Maß. Er hat in verschiedenen Szenarien dargelegt, dass es bei einer regionalen Bündelung im Rhein-Main-Gebiet durch einen Verbund der dortigen Kliniken und durch Reduzierung der Bettenzahl um 500 möglich wäre, schwarze Zahlen zu schreiben.
Lösungsmöglichkeiten
Die vdek-Landesvertretung in Hessen fordert schon lange, dass die Versorgungsangebote der Kliniken aufeinander abgestimmt werden. Wenn zwei benachbarte Krankenhäuser die identische Fachabteilungsstruktur mit den gleichen Schwerpunkten anbieten, entstehen unnötigerweise doppelte Vorhaltekosten. Um am Markt weiter bestehen zu können, werden die Kliniken in Zukunft nicht nur wirtschaftlich arbeiten, sondern vor allem auch die Qualitätsstandards erfüllen müssen. Solche Umstrukturierungsmaßnahmen führen nicht zu einer verschlechterten medizinischen Versorgung der Bevölkerung, sondern können durch den fehlenden Konkurrenzdruck zwischen den Häusern die Fokussierung auf den Patienten stärken.
Eine von der hessischen Landesregierung vorgeschlagene Holdingstruktur für die kommunalen Kliniken in Hessen könnte dementsprechend kostendeckend arbeiten. Bei einem solchen Modell würde das Versorgungsportfolio der Kliniken sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Jeder Teilnehmer des Verbundes müsste auch finanziell weniger lukrative Versorgungsbereiche übernehmen, die gesamte Holding könnte dies aber ausgleichen. Das Holdingkonzept wurde von den Verantwortlichen der kommunalen Kliniken in Hessen bisher jedoch nicht auf breiter Front aufgegriffen. Grund hierfür könnte sein, dass sich im Falle der Umsetzung die politischen Machverhältnisse verschieben würden.
Zusätzlich ist eine ausreichende Investitionsmittelförderung durch das Land nötig, da zurzeit ein Teil dieser Kosten von den Krankenhäusern selbst erwirtschaftet werden muss. Diese Förderung wurde durch die Länder in den letzten Jahren jedoch kontinuierlich reduziert. 2013 lagen die entsprechenden Fördermittel des Landes Hessen nur noch bei ca. 220 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die gesetzlichen Krankenkassen haben 2013 alleine in Hessen 5,1 Mrd. Euro für stationäre Krankenhausbehandlungen ausgegeben.
Insofern spricht viel dafür, dass die kommunalen Kliniken ihr Management weiter professionalisieren müssen. Die Entscheidung, wie es mit den defizitären Kliniken weitergeht, ist vor allem eine politische. Auch die neue hessische Landesregierung wird ein Augenmerk auf die kommunalen Kliniken richten müssen.
Diesen und weitere Artikel zum hessischen Gesundheitswesen finden sie in der 3. Ausgabe 2013 des
Den Kommentar der Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen, Claudia Ackermann, finden Sie hier.