„Hessischer Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung“:

Verantwortliche Akteure des hessischen Gesundheitswesens unterzeichnen Maßnahmenpaket

Sozialminister Stefan Grüttner: „Bürgerinnen und Bürger in Hessen erhalten auch künftig bedarfsgerechte und gute medizinische Versorgung“

Die Hessische Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die Bürgerinnen und Bürger in Hessen auch künftig bedarfsgerecht und gut medizinisch versorgt werden. „Hierzu bedarf es jedoch gemeinsamer Anstrengungen aller verantwortlichen Akteure. Deswegen freue ich mich, dass ich heute zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, der Landesärztekammer Hessen, der Regionalgruppe Hessen der Jungen Allgemeinmedizin Deutschland, den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen in Hessen, den kommunalen Spitzenverbänden, der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. sowie den Fachbereichen für Allgemeinmedizin der Universitäten Frankfurt am Main und Marburg ein umfassendes Maßnahmenpaket präsentieren kann“, sagte der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner anlässlich der Unterzeichnung und Vorstellung des „Hessischen Paktes zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung für die Jahre 2012 bis 2014“ in Wiesbaden.

Hessen verfüge zwar über eine gute ärztliche Versorgung sowohl im stationären wie auch im ambulanten Sektor, führte der Minister weiter aus. „Es zeigen sich jedoch Entwicklungen, die die bestehenden Versorgungsstrukturen mittel- bis langfristig verändern – insbesondere in ländlichen Regionen.“ Zwar ist die Mitgliederzahl der Landesärztekammer von 27.430 Mitgliedern im Jahr 2000 auf 32.198 Mitglieder im Jahr 2009 gestiegen. „Vor dem Hintergrund der regional sehr unterschiedlichen Verteilung der Arztsitze zeigt eine nach Altersstruktur und Tätigkeitsfeld differenzierte Sichtweise jedoch entstehende Strukturprobleme“, berichtete Sozialminister Grüttner. Waren im Jahr 2000 noch 60 Prozent der hessischen Ärztinnen und Ärzte unter 50 Jahre alt, sank der Anteil bis zum Jahr 2010 auf 39 Prozent. Im Gegenzug wächst die Gruppe der Ärztinnen und Ärzte, die aus Altersgründen kurz vor der Praxisaufgabe steht: Im Jahr 2010 waren bereits knapp 40 Prozent der hessischen Hausärztinnen und Hausärzte über 56 Jahre alt. Die Folge: Im Jahr 2010 sind in Hessen 125 Hausärzte ausgeschieden – demgegenüber wurden nur 97 Hausärztinnen und Hausärzte neu zugelassen.

„Die Zahlen machen deutlich, dass die demografische Entwicklung die Anforderungen an das Gesundheitswesen verändern“, betonte Minister Grüttner. Der steigende Bedarf an hausärztlicher und pflegerischer Betreuung von chronisch Kranken erhöhe die Erwartungen an die ärztliche Primärversorgung. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben sich alle maßgeblichen Akteure des Gesundheitswesens unter Federführung des Hessischen Sozialministeriums zusammen geschlossen und gemeinsam den „Hessischen Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung“ erarbeitet, der eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.

„Dem Ärztemangel können wir nur gemeinschaftlich begegnen. Mit dem ‚Hessischen Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung‘ sind wir dazu auf dem richtigen Weg“, würdigte Frank-Rüdiger Zimmeck, Vorsitzender des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen das Maßnahmenpaket.

Auch die Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherung in Hessen bewerten den Abschluss des Paktes positiv: „Hessen verfügt über eine gute ärztliche Versorgung sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Inwiefern sich die ärztliche Versorgung in der Zukunft verändern wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. Daher unterstützen die hessischen Krankenkassen die Bemühungen des Sozialministeriums, im Rahmen des ‚Hessischen Paktes zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung‘ präventive Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen.

„Der ‚Hessische Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung‘ kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass durch eine hochwertige medizinische Versorgung die Standortattraktivität gerade auch in den ländlich geprägten Regionen Hessens langfristig gesichert bleibt. Neben den Arbeitsplätzen und der Bildungsinfrastruktur kommt den medizinischen Angeboten eine Schlüsselstellung für die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu. Die hessischen Landkreise – die für die Krankenhausversorgung, den Rettungsdienst und den Öffentlichen Gesundheitsdienst die Verantwortung tragen – begrüßen daher den Pakt und werden die Umsetzung unterstützen“, erklärte Dr. Jan Hilligardt, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Landkreistages.

Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen betonte den Stellenwert nichtärztlicher Gesundheitsberufe: „Um angesichts des wachsenden Hausärztemangels vor allem in ländlichen Gebieten die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung auch künftig sicher stellen zu können, ist eine stärkere Einbindung nichtärztlicher Gesundheitsberufe notwendig. Schon seit 2008 setzt die Landesärztekammer Hessen daher Fortbildungscurricula der Bundesärztekammer – unter anderem Ambulante Versorgung älterer Menschen – um und bildet Medizinische Fachangestellte zu Partnerinnen und Partnern des Arztes/der Ärztin in der Patientenversorgung fort. Bei der jetzt beschlossenen Erprobung und Evaluation von drei Modellen zur Delegation ärztlicher Leistungen auf nichtärztliche Berufe ist es wichtig, diese auch in Gebieten mit noch guter gesundheitlicher Versorgung durchzuführen, um daraus rechtzeitig Lösungsmöglichkeiten für unterversorgte Regionen ableiten zu können. In jedem Fall müssen die übertragenen Leistungen unter Anleitung und Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten erbracht werden. Nur so können wir die Qualität der gesundheitlichen Versorgung auch weiterhin gewährleisten. Eine Substitution ärztlicher Leistungen kommt dagegen für die hessische Ärzteschaft nicht in Frage.“

Der „Hessische Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung für die Jahre 2012 bis 2014“ umfasst folgende wesentliche Punkte:

Bei der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten soll zukünftig die Allgemeinmedizin gestärkt werden, um Studierende vermehrt für eine Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung zu motivieren. Zudem soll der ambulante Versorgungsbereich stärker als bisher in die ärztliche Ausbildung einbezogen werden. „Wir möchten den angehenden Medizinern ermöglichen, ihr Praktisches Jahr über die jeweilige Universitätsklinik und den ihr zugeordneten Lehrkrankenhäusern hinaus in möglichst vielen geeigneten Krankenhäusern und Praxen zu absolvieren“, so Sozialminister Grüttner. Ferner werden die Kassenärztliche Vereinigung Hessen eine Koordinierungsstelle und die Universitäten Frankfurt und Marburg jeweils ein „Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin“ einrichten. Das Land Hessen fördert den Aufbau der beiden Kompetenzzentren mit jährlich insgesamt 150.000 Euro.

Zum Abbau von Zugangshürden und von etwaigen Vorurteilen gegenüber einer hausärztlichen Tätigkeit wird ein zentrales webbasiertes Informationsangebot für angehende Hausärztinnen und Hausärzte in Hessen geschaffen. Zur besseren Darstellung sämtlicher Förder- und Unterstützungsmaßnahmen wird das Land Hessen die bestehenden Informationsangebote auf einer eigenen Internetseite bündeln und mit vorhandenen Internetseiten vernetzen.

Neben der Aus- und Weiterbildung sieht der Pakt ebenfalls Maßnahmen zur Förderung der Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in Gebieten mit regionalem Versorgungsbedarf vor. Bislang unterstützt das Land Hessen die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten landesweit über das Förderprogramm „Gründungs- und Wachstumsfinanzierung Hessen“ der Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WIBank). „Da bei diesem Programm jedoch nicht nach regionalen Versorgungsbedarfen differenziert werden kann, haben sich das Land Hessen, die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen in Hessen auf eine ergänzende gemeinsame Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten geeinigt; als nächstes wird eine Arbeitsgruppe die Details der Förderung festlegen“, sagte Sozialminister Grüttner. Alle drei Beteiligten verpflichten sich jeweils, in den Jahren 2012 bis 2014 jährlich 200.000 Euro zur Verfügung zu stellen.

Als weitere Maßnahme haben sich die Partner des Paktes darauf geeinigt, drei Modellprojekte zur Delegation von ärztlichen Leistungen zu erproben und zu evaluieren. Auf diese Weise sollen neue, fundierte Kenntnisse zur Lösung etwaiger Strukturprobleme in den ländlichen Regionen Hessens erworben werden. Für die wissenschaftliche Begleitung der Projekte stellt das Land Hessen bis zu 50.000 Euro zur Verfügung.

Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Förderung und Stärkung ehrenamtlicher Pendel- und Begleitdienste dar. Gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden hat sich das Land Hessen darauf verständigt, Qualifizierungsmaßnahmen für Personen anzubieten, die einen Mobilitätsdienst gründen und aufbauen wollen. Zudem sollen die Mobilitätsdienste durch die Kommunen in Abstimmung mit der Ärzteschaft Hilfestellung bei der Terminvergabe und Einteilung der verfügbaren Fahrer erhalten. „Unser Ziel ist es, die Lebensqualität und die selbstbestimmte Mobilität von Seniorinnen und Senioren weiter zu verbessern“, betonte Sozialminister Grüttner. Im „Hessischen Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung“ sind die Maßnahmen der Pakt-Partner inhaltlich aufeinander abgestimmt, um Synergien zu erzeugen und somit deren Wirkungskraft zu erhöhen. „Doch gleichzeitig brauchen wir auch Maßnahmen auf Bundesebene – und mit dem ‚Hessischen Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung‘ werden wir in Hessen damit bereits zum 1. Januar 2012 Möglichkeiten nutzen, die das zeitgleich in Kraft tretende GKV-Versorgungsstrukturgesetz bereitstellt“, betonte der Sozialminister. Im Rahmen seines Vorsitzes 2011 in der Gesundheitsministerkonferenz hatte sich Sozialminister Grüttner mit Erfolg dafür eingesetzt, dass der Bund alle Weichen stellt, um künftig eine gute hausärztliche Versorgung auch in strukturschwachen Regionen zu gewährleisten. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie finanzielle Anreize vor. So soll zukünftig insbesondere die Lockerung der Residenzpflicht die Entscheidung erleichtern, eine Praxis im ländlichen Raum zu übernehmen, wenn die Familie nicht zwingend in unmittelbarer Nähe der Praxis wohnen muss, weil beispielsweise der Arbeitsplatz der Partnerin/des Partners an einem anderen Ort ist. In finanzieller Hinsicht können beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung und die Verbände der Krankenkassen, also die nach dem Gesetz Zuständigen, Zuschläge für „besonders förderungswürdige Leistungen und Leistungserbringer“ vereinbaren.

„Ziel ist es, von der derzeitigen statischen Bedarfsplanung zu einer vorausschauenden Versorgungsplanung zu kommen – und dies sektorenübergreifend. Unter meinem Vorsitz haben wir als Länder erreicht, dass die Verantwortlichen vor Ort von den Bundesvorgaben für die Bedarfsplanung abweichen dürfen, um dem lokalen Versorgungsbedarf besser Rechnung tragen zu können. Zudem erhalten die Länder künftig mehr Mitsprache- und Beteiligungsrechte in den Selbstverwaltungsgremien von Ärzten und Krankenkassen. Damit können Bund, Länder, Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenkassen ihre Maßnahmen bündeln und somit wirkungsvoller die Auswirkungen des demographischen Wandels bekämpfen“, erklärte Grüttner.

"Der Hessische Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung soll nun dafür Sorge tragen, dass die neuen Instrumente auch unverzüglich zum Wohle der hessischen Bevölkerung zum Einsatz kommen oder auch ergänzt werden. Allen beteiligten Akteuren möchte ich nochmals meinen herzlichen Dank für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit ausdrücken“, so Grüttner abschließend.

Mehr Infos im Internet unter www.hsm.hessen.de.


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