Herausforderungen im vertraglichen Miteinander Die Leitplanken der Arzneimittelversorgung bestimmt unter anderem der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenver- band und dem DAV. Dieser kann durch individuelle Verträge der Kassen(arten) ergänzt werden. Wie sich die Versorgung von Versicherten mit Arzneimitteln gestaltet, hängt wesentlich davon ab, wie gut und wie schnell sich die Vertragspartner verständigen. Wie unterschiedlich die Denkweisen von DAV und GKV sind, zeigt das Beispiel der sogenannten Hilfstaxe. In dieser sind unter anderem Preise für die Ausgangssubstanzen bei einer Rezepturherstellung geregelt. Zumindest waren sie das bis Ende 2023: Die Preisregelungen wurden durch den DAV gekündigt. Seitdem herrscht Uneinigkeit, in welchem Umfang beispielsweise die einzelnen Rezepturbestandteile abgerechnet werden können. Nach Lesart des DAV sind es die ganzen Packungen, die für die Rezeptur erforderlich sind. Die GKV beurteilt das anders und sieht die anteilige Abrechnung als maßgeblich an ( Tabelle unten). Die Auswirkungen bekommen sowohl die Versicherten mit einer höheren Zuzah- lung als auch die Krankenkassen mit einem höhe- ren Abrechnungspreis deutlich zu spüren. Bei den Apotheken besteht ebenso mangels vertraglicher Vereinbarung Verunsicherung, wie korrekt abge- rechnet werden soll. Wann mit einer endgültigen Klärung zu rechnen ist, ist unklar. Der DAV emp- fiehlt derweil den Apotheken, Rücklagen zu bilden, sollten die Krankenkassen die strittige Differenz zurückfordern. E-Rezept mit Anlaufschwierigkeiten Nicht ganz ohne Probleme verläuft auch der Start des E-Rezepts, das seit Januar 2024 verpflichtend ist. Bereits bei der Ausstellung in der Arztpraxis werden E-Rezepte zum Teil als technisch einwandfrei und vollständig freigeschaltet, obwohl sie es nicht sind. In der Apotheke kommen nicht immer alle Daten an oder es finden sich plötzlich andere Arzneimittel von anderen Versicherten auf der Verordnung. Und auch bei der Übermittlung von der Apotheke an die Krankenkasse hapert es zuweilen. Von einem kom- pletten Systemausfall der Telematikinfrastruktur wie Mitte Februar 2024 ganz zu schweigen. In den rund 45 Minuten des Ausfalls konnten deutschlandweit etwa 386.300 Verordnungen im Vergleich zur Vorwo- che nicht eingelöst werden. Das alles hätte man wis- sen können, wenn 2023 als Testjahr ernstgenommen worden wäre. Nun muss daraufgesetzt werden, dass alle an einer sachgerechten Lösung interessiert sind, was nicht immer der Fall zu sein scheint. Beispielrechnung zur Herstellung einer Rezeptur Apothekeneinkaufspreise (AEK) Unterschiedliche Auffassungen zur Abrechnung Salbengrundlage 250g Wirkstoff A 1g Wirkstoff B 5g Gefäß 100g 8,00 € 16,00 € 12,00 € 1,00 € Abrechnungspreis ab 1. Januar 2024 nach GKV-Interpretation Abrechnungspreis ab 1. Januar 2024 nach DAV-Interpretation 6,08 € 3,04 € 4,56 € 1,90 € 14,35 € 29,93 € 35,62 € 5,00 € 15,20 € 30,40 € 22,80 € 1,90 € 14,35 € 84,65 € 100,73 € 10,00 € Salbengrundlage 100g* Wirkstoff A 0,1g* Wirkstoff B 1g* Gefäß 100g* Gesetzliche Zuschläge Zwischensumme Zuzüglich 19 % MwSt. Zuzahlung Versicherte Quelle: vdek *(anteiliger) AEK + 90 % Zuschlag Apotheken obliegt die ordnungsge- mäße Arzneimittel- versorgung der Bevölkerung. Diese Versorgung ist durch ein Geflecht von Gesetzen und Verordnungen reguliert, die vor allem dem Patien- tenschutz dienen sollen. Für ihre Leistungen erhal- ten die Apotheken ein festes Honorar. In Deutschland dürfen Apotheken nur durch Apothe- kerinnen und Apo- theker betrieben werden, das heißt: Ketten, wie man sie aus anderen Län- dern kennt, sind nicht erlaubt. In der Wahl ihres Stand- orts sind Apo- thekerinnen und Apotheker frei. E R S AT Z K A S S E M A G A Z I N . 2 . A U S G A B E 2 0 2 4 3 9