Es gilt der Grundsatz, dass jedes Bundesland für sich die Krankenhausplanung regelt. Berlin und Brandenburg wollen die Planung aber künftig gemeinsam und aufeinander abgestimmt angehen. Diese Form der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist einmalig in Deutschland.
Berlin liegt eingebettet mitten in Brandenburg, sodass das Verständnis von einer grenzübergreifenden Gesundheitsregion auf der Hand liegt, insbesondere im sog. Berliner Speckgürtel. Der etwa 20 Kilometer breite Streifen rund um die Berliner Landesgrenze entspricht etwa zehn Prozent der Brandenburger Fläche. Auf dieser relativ kleinen Fläche leben allerdings laut des Statistischen Landesamts Berlin/Brandenburg etwa 38 Prozent aller Brandenburger. Tendenz steigend. Bei der gemeinsamen Krankenhausplanung wird aber nicht nur der Berliner Speckgürtel berücksichtigt, sondern Brandenburg als komplettes Bundesland im Blick behalten.
Gesundheitspendler: Von Brandenburg nach Berlin und umgekehrt
Laut dem Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg im Bericht "Krankenhäuser im Land Berlin" (Datenstand 2018, erschienen August 2020) wurden rund 111.000 Brandenburger in Berlin vollstationär behandelt. Im gleichen Jahr ließen sich demgegenüber knapp 20.700 Berliner in Brandenburger Krankenhäusern behandeln. Die Zahlen machen deutlich, dass Berliner Krankenhäuser in einem nennenswerten Umfang Versorgungsaufgaben des Nachbarbundeslandes wahrnehmen. Aber auch, dass Brandenburger Kliniken von den Berlinern in Anspruch genommen werden. Die „Gesundheitspendler“, die für ihre Versorgung Landesgrenzen überschreiten, werden schon heute in den jeweiligen Krankenhausplanungen berücksichtigt.
Entwicklungen und Ziele
Mit der gemeinsamen Planung soll einem unkontrollierten Verdrängungswettbewerb vorgebeugt werden, der für die Patientenversorgung insgesamt nachteilige Auswirkungen nach sich ziehen könnte. Vielmehr soll das Ziel verfolgt werden, die Unterschiede und Besonderheiten zwischen den Ländern herauszuarbeiten und darauf aufbauend eine auf Kooperation angelegte bessere Versorgung zu schaffen.
Bestehende Zusammenarbeit wegweisend für gemeinsame Planung
Zwischen Berlin und Brandenburg gibt es zahlreiche gewachsene Beziehungen und Verflechtungen in Form von Kooperationen, Projekten und der Zusammenarbeit in verschiedenen Konstellationen, die das Verständnis einer grenzübergreifenden Gesundheitsregion bereits in die Tat umgesetzt haben. Im September 2020 wurden etwa die Ergebnisse des Berlin-Brandenburger Projekts QS-Notfall vorgestellt, das darauf abzielt, die Versorgung von Herzinfarkt-Patienten zu verbessern.
Mit Blick auf einige hochspezialisierte Leistungen bestehen verbindliche Vereinbarungen. Die Charité und das Deutsche Herzzentrum Berlin halten etwa bei den Organtransplantationen Versorgungskapazitäten für die gesamte Region bereit. Die Behandlung von Schwerbrandverletzten erfolgt im Unfallkrankenhaus Berlin. Die Versorgung bei der Herzchirurgie wird durch das Deutsche Herzzentrum Berlin, die Charité, das Herzzentrum Bernau und das Sana Herzzentrum Cottbus gewährleistet.
Seit 2016 existiert mit dem Klinischen Krebsregister für Berlin und Brandenburg das bundesweit einzige länderübergreifende Krebsregister. Auch in der Ausbildung von Medizinern stehen sich die Länder nahe. Die medizinische Fakultät an der Berliner Humboldt-Universität steht der gesamten Region offen. Hinzu kommt die Berliner Universitätsmedizin der Charité, mit der eine enge Kooperation besteht. Die Medizinische Hochschule Brandenburg ergänzt das Studienangebot. Für die praktische Ausbildung können die angehenden Mediziner auch auf die akademischen Lehrkrankenhäuser in Brandenburg zurückgreifen.
Gleiche Planungszeiträume
Zum ersten Mal haben Berlin und Brandenburg mit dem Krankenhausplan 2020 des Landes Berlin und dem Vierten Krankenhausplan des Landes Brandenburg ihre jeweiligen Krankenhausplanungen umfassend miteinander abgestimmt und auf der Grundlage gemeinsamer Versorgungsziele und Planungsgrundsätze sowie einheitlicher Datengrundlage erstellt.
Es wurden z.B. die Planungszyklen harmonisiert, so dass die Laufzeiten der Krankenhauspläne von Berlin und Brandenburg synchronisiert sind. Aus rechtlichen Gründen hat jedes Land aber weiterhin einen eigenständigen Krankenhausplan.
Steuerung durch Gremium: Der Gemeinsame Regionalausschuss
Mit dem Gemeinsamen Regionalausschuss wurde ein neues Gremium ins Leben gerufen, das im Mittelpunkt der Planungen steht. Gremienmitglieder sind die Gesundheitsressorts der Länder, die Krankenhausgesellschaften, Krankenkassen und –verbände und die kommunalen Spitzenverbände. Dieses Gremium ist sowohl an den Berliner Krankenhausbeirat als auch an die Brandenburger Landeskonferenz für Krankenhausplanung angebunden und schlägt damit die Brücke zwischen den Ländern.
Qualität im Fokus: Eine Region mit Besonderheiten
Die Qualität der Gesundheitsversorgung spielt bei einer gemeinsamen Planung eine entscheidende Rolle. Für den Start wurden die planungsrelevanten Qualitätsindikatoren der gesetzlichen externen Qualitätssicherung auf Bundesebene berücksichtigt und derzeit wird in den beiden Ländern an weiteren Indikatoren gearbeitet. Die politischen Vertreter in Berlin und Brandenburg haben sich dafür ausgesprochen, dass das Unterschreiten von Qualitätsvorgaben nicht automatisch zu Sanktionen oder das Aus für eine Krankenhausabteilung nach sich ziehen soll. Vielmehr soll die jeweilige Krankenhausplanungsbehörde ihr Ermessen ausüben und dabei die Besonderheiten vor Ort berücksichtigten sowie die möglichen Folgen abgeschätzten und gewichten.