Interview zum Projekt Gesunder Start in den Tag

Kinder  mit  kognitiven  Beeinträchtigungen  erleiden  zwei-  bis  dreimal  häufiger  Krankheiten,  mit  einem oftmals schweren Verlauf und längerer Dauer. Dies ist nur einer von vielen Gründen, warum es sinnvoll und wichtig ist, Menschen mit Lernschwierigkeiten beim Thema Gesundheitsförderung stärker in den Fokus zu rücken.

Die Ersatzkassen und ihr Verband, der vdek-Berlin/Brandenburg,  setzen  sich  seit  über  30  Jahren  für  mehr  Gleichheit  von  Gesundheitschancen ein. Für den vdek sind daher Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention immer daran zu messen, ob Menschen davon profitieren, die bislang schwer oder gar nicht erreicht wurden. So auch beim Projekt »Gemeinsam // Täglich // Gesund«, das die  Ernährungsbildung für Kinder mit kognitiven Beeinträchtigungen an der Regine-Hildebrandt-Schule in Erkner in den Blick nahm.

Drei Fragen an…

Annette Lehmann, Schulleiterin der Regine-Hildebrandt-Schule und Anja Reiff, Projektleiterin                                                                                         

vdek: Sind Kinder mit kognitiven Beeinträchtigungen in der Lage, ein Verständnis über gesunde Ernährung zu entwickeln?

Lehmann: Ganz klar: JA! Mit Wertschätzung ohne erhobenen Zeigefinger in Anerkennung der Fähigkeiten und Fertigkeiten haben wir gemeinsam mit den Kindern Neues ausprobiert, Materialien entwickelt und gleichzeitig  Lebenskompetenzen  gestärkt. Der Grundgedanke dabei: Empowerment. Die Befähigung  zur  Selbstbestimmung,  Einflussnahme  auf  die  Gestaltung des eigenen Lebens und Stärkung des selbstverantwortlichen Handelns sind leitend für alle Aktivitäten im Projekt.

vdek: Was bedeutete das in der Praxis?

Reiff: Gestärkt durch intensive Ernährungsberatung hat das Projektteam in den ersten fünf Monaten des insgesamt zehnmonatigen Projektes gemeinsam mit den Schülern drei thematische Module bearbeitet. Ein tägliches gemeinsames Frühstück über den gesamten Projektzeitraum bildete die praktische Grundlage für die Module und diente der Verstetigung des erlangten Wissens.
In dem ersten Modul Frühstück – Was gehört dazu? standen die Grundbausteine eines gesunden und ausgewogenen Frühstücks im Mittelpunkt.
Das zweite Modul Was macht mich stark? zielte insbesondere  auf  die  Sensibilisierung  der  Kinder  ab,  welche  Lebensmittel  ihren  Körper  gesund  erhalten. 
Das  dritte  Modul  Zucker  –  viel  oder  wenig?  ermöglichte es den Kindern, sich  aktiv mit dem Thema Zucker auseinanderzusetzen, insbesondere in der täglichen Arbeit mit der Ernährungspyramide. Süßungsalternativen wurden probiert und zuckerhaltige Lebensmittel erkannt und ersetzt. Unterstützt wurden alle Module durch regelmäßige Aktivitäten, so haben wir beispielsweise selbst Aufstriche hergestellt sowie Brot gebacken.

vdek: Inwiefern war es wichtig, auch die Eltern einzubeziehen?

Reiff: Sehr wichtig: Wir haben monatliche Informationen an die Eltern verschickt und sie in gemeinsame Aktivitäten eingebunden. So servierten die Kinder den Eltern ihren Lieblingsjoghurt und überzeugten beim gemeinsamen Brotbacken mit den erlangten Fähigkeiten. Genau das wollten wir im Sinne von Empowerment ja auch erreichen. Die Kinder spürten Selbstwirksamkeit und konnten ihre Eltern mit ihren Fertigkeiten überraschen. Eine Ernährungsberatung trug ebenfalls dazu bei, dass Eltern neue Erkenntnisse und Einblicke erhielten. Ohne die Unterstützung der Eltern wäre das Projekt niemals so erfolgreich geworden. Unser Dank gilt ihnen aber auch den tollen Kindern, die mit uns den neuen Weg beschritten haben.  Und natürlich dem vdek, mit seiner kompetenten und verbindlichen Unterstützung sowie Frau Fontaine für die anschauliche Ernährungsberatung.

Materialien:

Basierend auf den Bedürfnissen von Kindern mit kognitiven Beeinträchtigungen entstanden vielseitige Arbeitsmaterialien. So ist ein Manual entstanden, das das komprimierte Wissen der Ernährungsberatungen, Fotografien der Kinder sowie diverse Arbeitsmaterialien widerspiegelt. Dieses Handbuch ist auf der Seite vdek.com frei zugänglich. Die Botschaft lautet:  Nachmachen erwünscht! Lassen Sie sich inspirieren, motivieren und anstecken und machen Sie mit!