Krankenhausreform in NRW
Eines der wichtigsten Vorhaben in der Gesundheitspolitik von Nordrhein-Westfalen ist die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft. In einer Pressekonferenz am 10. August 2022 hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mit den Partnern, darunter Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung NRW, den Krankenhausplan und den weiteren Fahrplan vorgestellt. Im Herbst 2022 begannen die Verhandlungen auf regionaler Ebene.
Der neue Krankenhausplan findet sich unter https://www.mags.nrw/krankenhausplanung-neuer-krankenhausplan.
Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des NRW-Krankenhausgestaltungsgesetzes und mit den neuen Rahmenvorgaben des Krankenhausplans war die Reform bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode auf den parlamentarischen Weg gebracht worden. Der vdek und die Ersatzkassen unterstützen dieses zentrale Vorhaben. Der Leiter der vdek-Landesvertretung, Dirk Ruiss, sieht in der Krankenhausreform Chancen für eine patienten- und qualitätsorientierte Krankenhausplanung.
In NRW gibt es 328 Krankenhäuser (Stand: April 2024). Die meisten liegen an der Rhein-Ruhr-Schiene. Insbesondere dort, aber auch in anderen Ballungszentren, ist die Krankenhauslandschaft durch Überversorgung geprägt. Viele Krankenhäuser nehmen an der Versorgung auch bei hochspezialisierten Leistungen teil, ohne aber nennenswerte Beiträge zur Versorgung der Patienten zu leisten. Eine auf tatsächlichen Bedarf ausgerichtete Krankenhausplanung findet derzeit nicht statt.
Die Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes
Die Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW war die erste Etappe bei der Umsetzung der Reform. Mit ihr werden neue Rahmenbedingungen für die Krankenhausplanung geschaffen. Die bisherige Grundlage – die Anzahl der Betten – soll nicht mehr entscheidend sein. Vielmehr soll die Rahmenplanung stärker qualitätsorientiert und transparent erfolgen. Zudem bildet die Schätzung des zukünftigen Behandlungsbedarfes der Bevölkerung die Grundlage für die Zuweisung von Leistungsbereichen und -gruppen mit entsprechenden Fallzahlen zu den einzelnen Krankenhäusern.
Der nordrhein-westfälische Landtag hat Anfang März 2021 die Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes gebilligt. Inzwischen sind die Grundprinzipien der Krankenhausplanung in NRW in die Vorschläge der Bundesregierung zur Neugestaltung der Krankenhauslandschaft eingegangen.
Prinzipien der Krankenhausplanung
Anstelle der bislang üblichen Planung nach Betten werden zukünftig den Krankenhäusern Fallzahlen für Leistungsbereiche bzw. Leistungsgruppen zugewiesen. Hierfür müssen die Krankenhäuser nachweisen, dass sie die definierten Qualitätsanforderungen erfüllen. Diese umfassen sowohl die Qualifikation und Mindestzahl des ärztlichen Personals, die Geräteausstattung sowie weitere strukturelle Voraussetzungen, bis hin zu Kooperationen mit anderen Leistungserbringern. Dabei wird zwischen Mindest- und Auswahlkriterien unterschieden. Nur Krankenhäuser, die die Mindestvoraussetzungen für eine bestimmte Leistungsgruppe erfüllen, haben die Chance auf Genehmigung dieser Leistungen. Sofern zu viele Krankenhäuser in einer Planungsregion eine bestimmte Leistungsgruppe beantragt haben, sind Auswahlentscheidungen zu treffen. Dies ist erforderlich, um das Ziel der Krankenhausplanung nach einer stärkeren Spezialisierung der Häuser zu erreichen. Zugleich soll dabei die wohnortnahe Grundversorgung weiterhin gewährleistet werden.
In die Entscheidung darüber, ob ein Krankenhaus tatsächlich den Zuschlag erhält, hängt beispielsweise von folgenden Faktoren ab:
- Erfüllung der Mindestvoraussetzungen
- Erfüllung von Auswahlkriterien
- Fallzahlen 2019
- Fallzahlentwicklung 2020
- Erreichbarkeit alternativer Angebote
Ablauf der Planung nach Leistungsgruppen
Für die Planung nach Leistungsgruppen wurden 32 Leistungsbereiche definiert, denen 64 Leistungsgruppen zugeordnet werden. Die Anträge der Krankenhäuser beziehen sich immer auf eine konkrete Leistungsgruppe, zu der die definierten Nachweise zur Erfüllung der Voraussetzungen über Formblätter und ergänzende Belege zu erbringen sind. Der Austausch der Daten erfolgt ausschließlich über eine eigens zu diesem Zweck geschaffene Datenplattform.
Zudem ist für jede Leistungsgruppe definiert, welcher Planungsebene (Planungsregion) sie zugeordnet ist. Dabei gilt das Prinzip, dass je spezialisierter eine Leistung ist, desto höher ihre jeweilige Planungsebene. So werden beispielsweise grundversorgende Leistungsgruppen, wie die LG Allgemeine Chirurgie oder Allgemeine Innere Medizin auf Ebene der Kreise geplant, während Transplantationen auf Landesteilebene geplant werden.
Nach Prüfung der Qualitätsvoraussetzungen durch die GKV haben in der Zeit von November 2022 bis Mai 2023 Verhandlungen mit den Krankenhäusern stattgefunden. Auf dieser Grundlage haben die Krankenkassen entschieden, welchem Krankenhaus welche Leistungsgruppen zugewiesen und wie viele Fälle zukünftig erbracht werden sollen. Diese Voten zu den regionalen Planungskonzepten wurden über die Datenplattform des Landes an die Bezirksregierungen abgegeben. Die Krankenhäuser haben diese bewertet, und auch diese Einschätzungen sind den Bezirksregierungen zugeleitet worden.
Bis zum Frühjahr 2024 prüfen die Bezirksregierungen die ihnen vorliegenden Unterlagen und geben ihrerseits ihre Einschätzungen bezüglich einer geeigneten Krankenhausplanung gegenüber dem MAGS ab. Im Anschluss werden sog. Regionalkonferenzen durchgeführt sowie ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Die Erkenntnisse hieraus werden in die Entscheidungen des MAGS zur zukünftigen Gestaltung der Krankenhauslandschaft in NRW einfließen. Die neuen Feststellungsbescheide werden bis Ende 2024 durch die Bezirksregierungen versandt.
Erste Hinweise auf die zukünftige Krankenhauslandschaft
Obwohl der Planungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, sind in vielen Leistungsgruppen Konzentrationsprozesse festzustellen. Oftmals ist es dabei so, dass Krankenhäuser manche Leistungen, die sie in der Vergangenheit erbracht haben, nicht mehr beantragt haben. Es wird erwartet, dass sich sowohl durch die Voten der Krankenkassen, aber auch durch den Konzentrationswillen des Landes die Zahl der Standorte weiter reduzieren wird. Dieser Konzentrationsprozess ist stärker, je spezialisierter die Leistung ist. Dies zeigen die Beispiele in der Grafik. So erbringen in der Leistungsgruppe Allgemeine Chirurgie (LG 9.1) aktuell 294 Krankenhausstandorte diese Leistung. 288 Standorte haben einen Antrag auf weitere Erbringung dieser Leistungen gestellt, hiervon werden 285 Anträge seitens der GKV befürwortet. Bei den stärker spezialisierten Leistungsgruppen hingegen wird zukünftig die Zahl der Leistungserbringer erheblich zurückgehen. Während derzeit für den Bereich Tiefe Rektumeingriffe (LG 16.5) 193 Standorte an der Versorgung teilnehmen, werden dies nach Willen der GKV zukünftig noch 107 sein.
Am Ende des Prozesses werden die zukünftig im Krankenhausplan ausgewiesenen Standorte personell und strukturell gestärkt hervorgehen.