Fachveranstaltung „Interkulturelle Prävention und Gesundheitsförderung – Status quo in Hessen“ in Frankfurt
Die gesetzlichen Krankenkassen bieten eine Fülle von Präventionsleistungen an. Studien zeigen jedoch, dass nicht alle gesellschaftlichen Gruppen diese Angebote gleichermaßen nutzen – u.a. Menschen mit Migrationshintergrund nehmen Präventionsleistungen seltener in Anspruch.
Genau hier setzten der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) und die Kooperationsgemeinschaft unternehmensnaher Krankenkassen (kuk: BKK Landesverband Süd, IKK classic, Knappschaft und SVLFG) gezielt mit ihrer Veranstaltung am 20.02.2018 im Haus am Dom in Frankfurt an.
Unter dem Titel "Interkulturelle Prävention und Gesundheitsförderung – Status quo in Hessen" berichteten vdek und kuk über erste Erfahrungen im gemeinsamen Vorgehen und stellten konkrete Projekte zum Thema Migration und Gesundheit vor.
Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen, moderierte die Veranstaltung und begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste aus ehrenamtlichen Organisationen der Migranten, Politik, Krankenkassen und (Wohlfahrts-)Verbänden.
Thomas Schönbucher, Leiter der Unternehmensentwicklung des BKK Landesverbands Süd, stellte in seiner inhaltlichen Einführung zur Veranstaltung fest, dass sprachliche und kulturelle Hürden zu überwinden sind, wenn die Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung von Menschen mit Migrationshintergrund besser gelingen soll.
In erfolgreichen Projekten und Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, besonders im sozialen Umfeld der Betroffenen, gebe es vielversprechende Ansätze, die aufzeigten, wie man mit Migrantinnen und Migranten in einen Gesundheitsdialog treten kann.
Uwe Klemens, Verbandsvorsitzender des vdek, wurde wegen einer kurzfristigen Erkrankung durch Claudia Ackermann vertreten. Sie bezeichnete die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als bedeutendsten Akteur in der Prävention und wies darauf hin, dass es insbesondere bei der Prävention in Lebenswelten wichtig sei, über Kassengrenzen hinweg Kompetenzen zu bündeln und sich gemeinsam für Gesundheitsförderung und Prävention zu engagieren. Vor allem würden dazu aber auch kommunale Partner benötigt, die bereit sind, Engagement, Fachkompetenz und den Willen zur Zusammenarbeit einzubringen.
Welche Akzente setzt das Land Hessen beim Thema Migration und Gesundheit? Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, stellte einige Projekte vor, die in Hessen bereits angelaufen sind. In Darmstadt konnte z.B. das Modellprojekt „Step-by-Step“ zur Betreuung traumatisierter Flüchtlinge bereits erfolgreich abgeschlossen werden und findet seine Fortführung an vier weiteren hessischen Standorten. Zudem wurde im November 2017 in der Integrationskonferenz Hessen ein Integrationsplan zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund vorgestellt.
Stefan Majer, Stadtrat und Dezernent für Personal und Gesundheit der Stadt Frankfurt, begrüßte, dass die Krankenkassen in verstärktem Maße Präventionsangebote auch für Bevölkerungsgruppen mit schlechteren Gesundheitschancen entwickelten und anböten.
Frankfurt sei in diesem Bereich schon seit vielen Jahren aktiv und habe sich schon früh zum Ziel gesetzt, allen Frankfurterinnen und Frankfurtern einen gleichberechtigten Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen.
Ein erwähnenswertes Projekt in Frankfurt seien z.B. die KoGi (Kommunale Gesundheitsinitiativen interkulturell)-Gesundheitslotsinnen und –lotsen. Bislang wurden hierfür 68 Frauen und 7 Männer mit Migrationshintergrund im Gesundheitsamt qualifiziert, um in der ehrenamtlichen interkulturellen Gesundheitsaufklärung aktiv zu werden
Prof. Winfried Banzer, Abteilungsleiter Sportmedizin der Goethe-Universität, nahm die wissenschaftliche Einordnung vor. Aufgrund sozialer Heterogenitäten innerhalb der Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund entstünde leicht Benachteiligung von Migranten auch im gesundheitlichen Kontext.
Um eine Ausgrenzung von Gruppen zu vermeiden, müsse man versuchen, die Gesundheitsdienste für Menschen aller hier lebenden Kulturen zu öffnen. Hierbei müssten die kulturellen Eigenarten erkannt und schon bei der Planung der jeweiligen Maßnahmen berücksichtigt werden.
Nur durch die Zusammenarbeit der Akteure könnten gute Ergebnisse erzielt werden, betonte Joachim Hagelskamp vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. (DPWV).
Ein gutes Beispiel sei das Projekt „Bewusst – Gesund – Aktiv: Gesundheitsförderung für Migrantinnen und Migranten im Quartier“, welches der DPWV in Kooperation mit vdek und kuk an zehn Standorten, darunter auch Frankfurt am Main, umsetzen wird.
Das Projekt hat zum Ziel, Barrieren zu identifizieren, vorhandene Hindernisse zu beseitigen und Brücken zu bauen, um Migrantinnen und Migranten in sozial benachteiligten Quartieren mit ihrer gesundheitlichen Situation gezielt zu erreichen.
Die Migrantenorganisation „Kinder im Zentrum Gallus“ (KiZ) aus Frankfurt kooperiert bei der praktischen Durchführung des Projektes mit dem DPWV. Die Koordinatorin des Projektes bei KiZ, Theresa Weber, stellte in ihrem Vortrag Bedarfe, Möglichkeiten und Ziele vor, die für die zu erreichende Bevölkerungsgruppe relevant seien.
Dabei betonte sie die Wichtigkeit eines ressourcenorientierten Ansatzes sowie die Beteiligung und Förderung der Selbständigkeit der Zielgruppe.
Stefan Dörner, Landesgeschäftsführer der IKK classic, zog nach den Vorträgen Resümee. Menschen, die nach Deutschland kämen, müssten die Chance erhalten ihre Gesundheitskompetenz zu stärken und am Präventionsangebot des sehr guten Gesundheitssystems teilzuhaben.
Der Zugang dürfe nicht an Sprachbarrieren oder niedrigeren Bildungsabschlüssen scheitern. Deshalb sehen es die Projektpartner als Aufgabe an, in deren Lebenswelten Gesundheitskompetenz zu vermitteln.
Abschließend machte Claudia Ackermann deutlich, dass das vorgestellte gemeinsame Projekt ein Ansatz von vielen möglichen sei und rief deshalb dazu auf, weitere gute Projektideen im Bereich des nichtbetrieblichen Settings an die Krankenkassen heranzutragen, um diese mit geeigneten Partner umzusetzen.
In dem sich anschließenden „get together“ wurden die Vorträge und Ausführungen in zahlreichen persönlichen Gesprächen zwischen Gästen und Vortragenden vertieft.