Hessen verfügt über eine gute Infrastruktur mit spezialisierten Angeboten für die stationäre und ambulante Hospiz- und Palliativversorgung. Es gibt zahlreiche Leistungs- und Beratungsangebote, deren Vernetzung untereinander zukünftig stärker in den Fokus rücken muss – gerade vor dem Hintergrund der zunehmend hochaltrigen Bevölkerungsanteile in Hessen.
Demografische Faktoren als wichtige Einflussgröße
Auch in Hessen steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung kontinuierlich an: So wird im Bes. die Anzahl der über 64-Jährigen in der hessischen Bevölkerung bis 2030 stark zunehmen. Zählten im Jahr 2021 etwa 1.331.700 Personen zu dieser Altersgruppe, werden es im Jahr 2030 Schätzungen bereits 1.629.000 Personen sein. Da die Mehrheit der palliativ versorgten Personen laut hessischem Pflegebericht (Quelle Hessischer Pflegebericht, Stand: Dezember 2023) zur Altersgruppe der über 64jährigen zählt, müssen pflegerische und hospizlich-palliative Versorgungsstrukturen den Bedarfen der zunehmend hochaltrigen Bevölkerungsgruppe bereits jetzt angepasst werden. Dabei müssen die regionalen Besonderheiten entsprechend berücksichtigt werden: Der Bedarf an Palliativversorgung durch die älter werdende Bevölkerung nimmt zwar in ganz Hessen zu, in Nordhessen jedoch – weniger stark als in Mittel- und Südhessen, da dort der demographische Wandel bereits jetzt weiter fortgeschritten ist.
Den Tagen mehr Leben geben: hospizlich-palliative Versorgung
Palliativmedizin und Hospizarbeit haben zum Ziel, unheilbar erkrankte und sterbende Menschen u.a. auch zu Hause zu begleiten und ihnen eine möglichst selbstbestimmte letzte Lebensphase in Würde und ohne Schmerzen zu ermöglichen. Trotz dieser Angebote versterben rund drei Viertel der Menschen in anderen Institutionen: mehr als die Hälfte im Krankenhaus, knapp jeder Fünfte im Pflegeheim. Dem gegenüber belegen Studien, dass die Mehrzahl unheilbar Erkrankter und Sterbender sich wünscht, die Zeit kurz vor dem Tod in vertrauter Umgebung möglichst zu Hause zu verbringen. Nur knapp jeder vierte Mensch verstirbt jedoch zu Hause, und dies mit rückläufiger Tendenz. Lediglich 5% der sterbenden Menschen verbringen ihre letzten Tage im Hospiz, 1% auf Palliativstationen (Quelle: Studie „Sterbeorte in Deutschland“).
Status Quo der Hospiz- und Palliativversorgung in Hessen
In Hessen gibt es 28 Teams für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), 29 stationäre Hospize mit insgesamt 273 Plätzen, 74 ambulante Hospizdienste sowie 8 ambulante Kinderhospizdienste. Damit ist in Hessen die flächendeckende Versorgung grundsätzlich gewährleistet – wenn auch nicht in allen Fällen wohnortnah. Nachholbedarf besteht weiterhin insbesondere in ländlichen Regionen. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass das grundsätzliche Versorgungsangebot mit den o.g. Teams, Hospizen und Hospizdiensten zunächst konstant bleibt und die Anbieter auch in Zukunft ihre Dienste wie bislang anbieten können. Da die Bevölkerung in Deutschland immer älter wird und damit auch die Sterberate in den nächsten Jahren ansteigen wird, müssen darüber hinaus jedoch mehr neue Angebote für die Versorgung von sterbenden Menschen geschaffen werden. Neue SAPV-Teams zu etablieren und neue ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter für ambulante Hospizdienste zu akquirieren, ist insbesondere in strukturschwächeren ländlichen Regionen eine zentrale Herausforderung, die nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels dringend gelöst werden muss. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch Patientinnen und Patienten im ländlichen Raum eine gute Hospiz- und Palliativversorgung angeboten bekommen.
Weiterentwicklung der Palliativversorgung und Sterbebegleitung in Hessen: Vernetzung der Angebote und Information für Betroffene
Hessen verfügt grundsätzlich über eine gute Infrastruktur mit spezialisierten Angeboten für die stationäre und ambulante Hospiz- und Palliativversorgung.
Die Versorgung wird dabei durch unterschiedliche Leistungserbringende gewährleistet, die in ihrer Arbeit wesentlich durch in Kommunen vorhandene Strukturen und eine Vielzahl ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer unterstützt werden. § 39d SGB V regelt, dass die Krankenkassen „die Koordination der Aktivitäten in einem regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerk durch eine Netzwerkkoordinatorin oder einen Netzwerkkoordinator“ anteilig fördern. Durch die genannte Förderung können bestehende Strukturen und bestehendes ehrenamtliches Engagement erhalten bleiben und damit die Hospiz- und Palliativversorgung gestärkt werden.
Der Auf- und Ausbau von übergeordneten Netzwerkstrukturen für die Koordinierung von Austauschplattformen der beteiligten professionellen Akteure einschließlich Schulungsangeboten und der Implementierung von Beratungs- und Informationsstrukturen ist für eine qualitäts- und bedarfsgerechte Steuerung der Versorgung in den einzelnen Regionen von besonderer Bedeutung. Deshalb werden seit 2023 Netzwerkkoordinatorinnen und -koordinatoren in Hospiz- und Palliativnetzwerken durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziell gefördert.
vdek-Hospizlotse hilft bei der Suche nach Informationen
Zentrales Ziel aller Angebote ist die Erhaltung der Selbstbestimmung der Menschen in der letzten Lebensphase. Daher ist es notwendig, sich frühzeitig und ggf. auch gemeinsam mit den Angehörigen zu überlegen, welche individuellen Wünsche für die letzte Lebensphase bestehen. Beratungsstellen helfen, sich im Dschungel der vielfältigen Informationen rund um die Versorgungs- und Beratungsangebote zurecht zu finden. In Hessen gibt es aktuell 84 Stellen, die bei der Suche nach passenden Angeboten unterstützen. Ergänzend müssen Informationsangebote über Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung in der breiten Öffentlichkeit bekannter werden. Gezielte Informationskampagnen und -angebote u.a. der Krankenkassen können dabei helfen. Die Ersatzlassen und der vdek haben dafür bspw. 2018 den vdek-Hospizlotse (https://www.hospizlotse.de/) ins Leben gerufen, um die Suche nach fachkundiger Unterstützung in der letzten Lebensphase zu erleichtern. Der Hospizlotse unterstützt vor allem die Angehörigen bei der Suche nach passenden Versorgungsangeboten und entlastet dadurch das Zeitbudget der Betroffenen. Insgesamt sollte das Informations- und Beratungsangebot über palliative und hospizliche Versorgungs- und Betreuungsangebote weiter ausgebaut werden. Dazu ist eine Beteiligung aller Akteure und eine gute Vernetzung zwingend notwendig. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jedem Menschen ein würdiges und selbstbestimmtes Leben in der letzten Lebensphase zu ermöglichen.
Ersatzkassen fördern ambulante Hospizarbeit 2023 mit 4,3 Millionen Euro
Ambulante Hospizdienste unterstützen den Wunsch Sterbender, ihre letzten Tage im vertrauten häuslichen Umfeld zu verbringen. In Hessen haben im Jahr 2023 82 ambulante Hospizdienste mit ihren ehrenamtlichen Sterbebegleiterinnen und Sterbebegleitern 4.460 Menschen auf ihrem letzten Weg zur Seite gestanden.