Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl

Stabilitätsoffensive für eine starke GKV – nachhaltig, zukunftsfest und auf der Höhe der Zeit

Gebäude des Reichstags

Am 23.02.2025 wird der 21. Deutsche Bundestag gewählt. Gesundheitspolitik wird auch in der nächsten Legislaturperiode eine wichtige Rolle spielen. Wie können die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die soziale Pflegeversicherung (SPV) langfristig und nachhaltig finanziert werden?

 

 

In der gesetzlichen Krankenversicherung garantiert nur eine solide und solidarische Finanzbasis eine umfassende und qualitativ gute medizinische Versorgung. Aktuell nimmt die Kostenbelastung der Beitragszahler in der GKV allerdings stetig zu. Anfang 2025 mussten 82 von 93 Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag zum Teil drastisch erhöhen. Schon jetzt ist klar, dass die Beitragssätze auch 2026 und in den Folgejahren kontinuierlich steigen werden, sofern es keine kurzfristigen Gegenmaßnahmen gibt.

Die GKV hat ein Effizienz- und Ausgabenproblem. Seit 2015 öffnet sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter. Während die Gesamtausgaben der GKV seit 2015 von 209 Mrd. Euro auf prognostizierte 341 Mrd. Euro 2025 stiegen, sind die Einnahmen nur von 198 Mrd. Euro auf 295 Mrd. Euro gewachsen. Die Politik hat mit ihrer Gesetzgebung hohe Preissteigerungen für Gesundheitsleitungen verursacht und den Krankenkassen Steuerungsinstrumente entzogen, ohne dass sich die Gesundheitsversorgung dadurch verbessert hätte. Die Folge sind stark gestiegene Leistungsausgaben. Auch in der SPV wurden die Finanzierungsprobleme trotz ständig steigender Beitragssätze nicht gelöst. So stiegen die Ausgaben der SPV in den letzten zehn Jahren um rund 140 Prozent, die Einnahmen lediglich um 20 Prozent. Die Rücklagen der SPV werden immer weiter abgebaut und betragen nur noch 5,3 Milliarden Euro – es ist dringend an der Zeit, auch bei der Pflegeversicherung umzusteuern.

Der vdek fordert daher eine stabilitätsorientierte Ausgabenpolitik als Richtschnur für alle Leistungsbereiche:

  • Bremsen der Aufwärtsspirale bei den Beitragssätzen
  • Faire, idR steuerbasierte Finanzierung versicherungsfremder Leistungen
  • Ausgabenwachstum nur parallel zum Einnahmenwachstum

Soforthilfe für stabile GKV-Finanzen notwendig

Das Wort "Krankenkasse" steht auf dem Display eines Taschenrechners, der auf Euroscheinen und Münzen liegt

Die neue Bundesregierung muss die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger ganz oben auf die politische Agenda positionieren und die GKV-Finanzierung auf eine stabile Basis stellen. Folgende Punkte müssen dabei sehr kurzfristig angegangen werden:

  • Auskömmliche und kostendeckende Finanzierung der Gesundheitskosten für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger (neun bis zehn Milliarden Euro pro Jahr)
  • Dynamisierung des Bundeszuschusses entsprechend der jährlichen Steigerung der Leistungsausgaben der GKV (eine jährliche Anhebung um mindestens 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro ist erforderlich)
  • Ordnungspolitisch saubere Finanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds aus Steuermitteln (Belastung ab 2026: jährlich 2,5 Milliarden Euro pro Jahr)
  • Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent, wie es in anderen europäischen Ländern üblich ist. (Einsparvolumen: bis zu sieben Milliarden Euro)
  • Rückkehr zur Grundlohnsummenbindung in allen Vertragsbereichen
  • Wiederzulassung von wettbewerblichen Ausschreibungen insbesondere bei Hilfsmitteln (Einsparpotentiale von 250 Millionen Euro jährlich)
  • Einräumung eines Klagerechts für die Soziale Selbstverwaltung durch eine Ergänzung der Vorschriften im Sozialgerichtsgesetz sowie im Bundesverfassungsgerichtsgesetz, um die Eingriffe des Staates in die Finanzautonomie der Selbstverwaltung zu unterbinden.

Kernthema für die kommende Legislaturperiode: Pflege muss bezahlbar bleiben – für alle!

Gentle trained nurse helping mature patient

Auch die Soziale Pflegeversicherung steht vor weiteren großen Belastungen. 30 Jahre nach ihrer Einführung muss diese wichtige Säule der sozialen Sicherung zukunftsfest gemacht werden. Trotz ständiger Beitragssatzanhebungen ist das finanzielle Rücklagenpolster der Pflegeversicherung aufgebraucht. Eine nachhaltige Pflegereform ist daher weiter zwingend notwendig, damit gute Pflege für alle finanzierbar bleibt und nicht zur Armutsfalle wird. Dabei müssen die folgenden Punkte direkt umgesetzt werden:

  • Gesamtgesellschaftliche Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen wie bspw. der Finanzierung der sozialen Absicherung (Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung) der pflegenden An- und Zugehörigen aus Steuermitteln (4,5 Milliarden jährlich) ebenso wie Rückzahlung der pandemiebedingten Zusatzkosten durch den Bund (einmalig 5,3 Milliarden Euro)
  • Gerechte Lastenverteilung durch Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung (Entlastung von jährlich 2 Milliarden Euro)
  • Jährliche Dynamisierung der Leistungsbeträge und Ausrichtung an volkswirtschaftlichen Kenngrößen wie dem Bruttoinlandsprodukt, um die stetig steigenden finanziellen Belastungen für Pflegebedürftige und ihre An- und Zugehörigen durch wachsende Eigenanteile abzufedern.

Darüber hinaus müssen Investitionskosten für die Pflegeeinrichtungen und Ausbildungskosten staatlich finanziert werden. Pflegebedürftige müssen finanziell spürbar entlastet und die Kosten gerechter verteilt werden – denn gute Pflege muss für alle bezahlbar sein! Die entscheidende Voraussetzung bleibt dabei eine nachhaltige und verlässliche Finanzierung, um die sich die nächste Bundesregierung zwingend und schnell kümmern muss.

Titelblatt: Gute Pflege – stabile Finanzen

Positionspapier zum Download Gute Pflege – stabile Finanzen: Pflegeversicherung zukunftsfest ausgestalten

Wo liegen aktuell und in Zukunft die größten Herausforderungen für die Pflegeversicherung? In der Broschüre "Gute Pflege – stabile Finanzen: Pflegeversicherung zukunftsfest ausgestalten" finden sich Vorschläge und Ideen für eine zukunftsfähige Ausgestaltung der Sozialen Pflegeversicherung.

Bessere Gesundheitsversorgung für alle!

Gesucht: Klare Anlaufstellen und Orientierung für Patientinnen und Patienten

Die hohen Beiträge der GKV Beitragszahler müssen in der Versorgung ankommen und diese spürbar verbessern. Mit den bekannten langen Wartezeiten auf (Fach-)Arzttermine und Versorgungsengpässen vor allem in ländlichen Raum zeigt sich aber, dass höhere Ausgaben und Beitragssätze nicht automatisch zu einer höheren Versorgungsqualität führen. Hierzu müssen die Versorgungsstrukturen direkt optimiert werden. Viele Versicherte haben im Gegenteil das Gefühl, dass sich insbesondere der Zugang zur Versorgung verschlechtert hat. Hier muss dringend angesetzt werden. Zielgerichtete Maßnahmen für eine bessere Orientierung können zu einer besseren Versorgung aller führen. Unsere Vorschläge hierzu sind:

  • Einführung von leicht zugänglichen Ersteinschätzungsangeboten mit klar definierten Anlaufstellen (z. B. durch Hausärzte, Fachärzte oder Telemedizin), die Versicherten Orientierung geben.
  • Aufbau eines gemeinsamen Online-Terminportals von GKV und Ärzteschaft zur schnelleren Terminvergabe
  • Umsetzung der lang konsentierten Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes mit einer sektorenunabhängigen Vernetzung, stärkerer Konzentration der Rettungsleitstellen und vor allem der Auf- und Ausbau von Gesundheitsleitstellen, die Versicherte nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in die ambulante, akut psychische oder pflegerische Versorgung vermitteln.

Krankenhausreform – Verbesserung der Versorgungsqualität statt Besitzstandwahrung

Krankenhaus

2025 werden die gesetzlichen Krankenkassen und deren Beitragszahler deutschlandweit geschätzte 107 Milliarden Euro für die stationäre Versorgung ausgeben. Das sind fast sieben Prozent mehr als 2024. Ab 2026 sollen die gesetzlichen Krankenkassen über den Transformationsfonds den Umbau der Krankenhauslandschaft mitfinanzieren, mit jährlich 2,5 Milliarden Euro über zehn Jahre hinweg. Es gilt, jetzt die richtigen Weichen für die Krankenhausreform zu stellen: Bund und Länder müssen endlich die Versorgungsqualität in den Mittelpunkt stellen, ohne eine reine Besitzstandswahrung zu betreiben. Gleichzeitig müssen die im Bundesrat zustimmungspflichtigen Rechtsverordnungen mit Substanz gefüllt werden, damit die die Reform nicht nur eine reine Finanzierungs-, sondern auch eine Strukturreform wird.

Dabei ist es unerlässlich, die gemeinsame Selbstverwaltung in allen Bundesländern nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens aktiv in den Planungsprozess für bedarfsgerechte Strukturen einzubeziehen. Gleiches gilt natürlich auch für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bei der Festsetzung und Weiterentwicklung von Qualitätsanforderungen. Zudem bedarf es eines klaren Bekenntnisses der Politik, die Kosten des Transformationsfonds aus Steuermitteln zu finanzieren und nicht die Beitragszahlenden weiter zu belasten.

Faire Preisgestaltung bei Arzneimitteln – Stopp der Ausgabenexplosion

Medikamente

2025 werden die gesetzlichen Krankenkassen bundesweit schätzungsweise 58 Milliarden Euro für die Arzneimittelversorgung ausgeben. Dies bedeutet eine Steigerung von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Um die explodierenden Arzneimittelausgaben zu stoppen, sind Maßnahmen zur Stabilisierung wie folgt notwendig:

  • Faire Arzneimittelpreise durch Anpassung der Kriterien für die Preisbildung patentgeschützter neuer Arzneimittel durch das Fair-Pricing-Modell
  • Keine Ausnahmen in der Nutzenbewertung für Orphan Drugs
  • Erstattungsbeträge im Rahmen des AMNOG bereits bei Markteintritt
  • Höhere Herstellerabschläge
  • Ausbau von Versorgungsverträgen (statt Einschränkungen bei Rabattverträgen).
Logo des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek)

Zum Download Stabilitätsoffensive für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und soziale Pflegeversicherung (SPV)

Die Sofortmaßnahmen und Vorschläge des vdek, durch die die GKV- und SPV-Finanzen nachhaltig stabilisieren werden können und die außerdem für eine bessere Orientierung der Versicherten und eine Optimierung der Versorgungsstrukturen sorgen, befinden sich hier zum Download.