Organspende - eine Entscheidung für das Leben

Hand mit rotem Herz

In Hessen stehen laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation aktuell 627 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Für viele von ihnen ist die Transplantation die einzige Hoffnung auf ein Weiterleben. Trotz medizinischer Fortschritte bleibt die Zahl der tatsächlich gespendeten Organe aber vergleichsweise niedrig. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden 2024 in Hessen 255 Organe von 88 Spenderinnen und Spendern gespendet, darunter 133 Nieren, 67 Lebern, 22 Herzen, 30 Lungen und 3 Bauchspeicheldrüsen. Ein möglicher Grund dafür: Viele Menschen befürworten die Organspende grundsätzlich, haben aber keine dokumentierte Entscheidung getroffen.

Claudia Ackermann_vdek Hessen_Januar 2025_Quadrat_copyright vdek_Georg J. Lopata

Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist sehr persönlich und erfordert Mut. Aber wer sich zu Lebzeiten nicht mit der Frage auseinandersetzt und die eigene Entscheidung auch dokumentiert, bürdet sie im Zweifelsfall den eigenen Angehörigen auf. Wer sich aber entscheidet – egal wie – und diese Entscheidung dokumentiert, bestimmt selbst und schafft damit auch Klarheit für die Angehörigen in schwierigen Situationen. Eine große Mehrheit der Bevölkerung steht der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber, aber nur etwa ein Drittel besitzt einen Organspendeausweis. Alle Menschen sollten sich mit dem Thema Organspende befassen. Es ist wichtig, dass sich Jede und Jeder informiert, seine persönliche Entscheidung selbstbestimmt trifft und sie in einem Organspendeausweis dokumentiert.

Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen

Dokumentierte Entscheidung schafft Klarheit und gibt Sicherheit

Der Organspendeausweis ist ein für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte rechtlich bindendes Dokument, in welchem die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende eingetragen werden kann. Bestimmte Organe können von der Spende ausgeschlossen werden. Auch Änderungen sind jederzeit möglich, indem der Eintrag angepasst oder ein neuer Ausweis ausgefüllt wird. Seit März 2024 kann der eigene Willen neben der klassischen Dokumentation im Organspendeausweis auch online im Organspende-Register (https://organspende-register.de/) eingetragen werden. Der freiwillige und kostenlose Eintrag im zentralen elektronischen Verzeichnis stellt sicher, dass der dokumentierte Wille im Fall der Fälle auch jederzeit auffindbar ist.

Welche Arten von Organspende gibt es?

Es gibt zwei Arten: die postmortale Organ- und Gewebespende und die Lebendorganspende. Die postmortale Organ- und Gewebespende bezeichnet das Spenden von Organen und Geweben nach dem Tod. Die Lebendorganspende ist die Übertragung eines Organs beziehungsweise eines Teils eines Organs von einem lebenden Menschen auf einen Empfänger. Dies geschieht in Deutschland nur mit Nieren oder Teilen der Leber. Medizinisch möglich und gesetzlich erlaubt ist auch die Übertragung eines Teils der Lunge, des Darms und der Bauchspeicheldrüse, wird jedoch in Deutschland kaum durchgeführt.

Interview mit Dr. Frank Volz

Dr. Frank Volz, Transplant-Kids

Dr. Frank Volz ist Vater eines lebertransplantierten Kindes. Heute engagiert er sich bei Transplant-Kids. Im Interview spricht er über medizinische Entscheidungen sowie langfristige Verantwortungen und gibt Einblicke in die Arbeit von Transplant-Kids. » Lesen

Wie läuft eine postmortale Organspende ab?

Die moderne Transplantationsmedizin ist heute ein fester Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems. Voraussetzung für eine postmortale Spende ist der Hirntod, d.h. der vollständige und irreversible Ausfall aller Hirnfunktionen. Die Diagnose erfolgt gemäß den Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK, Richtlinie zur Feststellung des Hirntods) und wird stets unabhängig von zwei qualifizierten Ärzten gestellt. Der Hirntod bezeichnet den unumkehrbaren Ausfall aller Hirnfunktionen.

Dann wird geprüft, ob eine Zustimmung zur Organspende vorliegt – entweder durch einen Organspendeausweis, eine Patientenverfügung oder die Entscheidung der Angehörigen. Liegt eine Zustimmung vor, werden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, um die Eignung der Organe für eine Transplantation zu prüfen.

Die Organisation des Ablaufs erfolgt durch die DSO in Kooperation mit Eurotransplant, einer internationalen Vermittlungsstelle mit Sitz in den Niederlanden. Die Zuteilung der Organe basiert auf objektiven Kriterien wie Wartezeit, Dringlichkeit, medizinischer Erfolgsaussicht und Immunverträglichkeit. So wird eine faire und transparente Verteilung gewährleistet.

Interview mit PD Dr. Ana Paula Barreiros

PD Dr. Ana Paula Barreiros, Geschäftsführende Ärztin der Region Mitte der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO)

Im Interview spricht PD Dr. Ana Paula Barreiros, Geschäftsführende Ärztin der Region Mitte der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) über die Arbeit und Aufgaben der DSO auch in Hessen, ethische Grundsätze und wieso es wichtig ist, über Organspende ins Gespräch zu kommen. » Lesen

Gesetzliche Grundlagen:

Die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen regelt das Transplantationsgesetz (TPG) von 1997. Es wurde seit seinem Inkrafttreten durch verschiedene Gesetze geändert und ergänzt, beispielsweise 2016 im Rahmen der Einführung des Transplantationsregisters („Gesetz zur Errichtung eines Transplantationsregisters und zur Änderung weiterer Gesetze“). Damit sorgte der Gesetzgeber unter anderem für mehr Transparenz in der transplantations­medizinischen Versorgung. Das Register soll ferner langfristig dazu beitragen, die Kriterien der Empfängerinnen- und Empfängerwartelisten sowie die Verteilung der Spenderinnen- und Spenderorgane weiterzuentwickeln. Außerdem wird Forscherinnen und Forschern ermöglicht, Daten aus dem Register zur wissenschaftlichen Forschung im Bereich der Transplantationsmedizin zu nutzen.

In Deutschland gilt Entscheidungslösung

Die Entscheidungslösung ist eine Abwandlung der Zustimmungslösung. Das bedeutet: Eine Organspende ist nur zulässig, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten bspw. durch einen Organspendeausweis oder in ihrer Patientenverfügung eingewilligt hat oder Angehörige im Sinne des mutmaßlichen Willens zustimmen. Rechtliche Grundlage dafür ist das Transplantationsgesetz.

Im europäischen Vergleich gehört Deutschland mit nur rund 10,6 Spendern pro eine Million Einwohnende weiterhin zu den Ländern mit niedriger Spendenbereitschaft. In Länder mit einer Widerspruchsregelung, bei der jede Person automatisch als Spender bzw. Spenderin gilt, sofern sie nicht widersprochen hat, wie bspw. Spanien (46,0 Spender pro Million) ist die Spendenanzahl deutlich höher. Im Bundestag wurde daher 2020 eine entsprechende Gesetzesänderung diskutiert, jedoch zugunsten der Entscheidungslösung abgelehnt und das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende verabschiedet, welches 2022 in Kraft trat.

Bei Auslandsaufenthalten gilt die Regelung des jeweiligen Landes

Die Regelung der Organ- und Gewebespende gilt in der Regel nicht nur für die Staatsangehörigen des jeweiligen Landes, sondern für alle Menschen, die sich in dem Land aufhalten. Das bedeutet: Wenn eine Person im Ausland verstirbt, so wird sie nach der gesetzlichen Regelung des jeweiligen Landesund nicht nach der des Heimatlandes behandelt.

Claudia Ackermann_vdek Hessen_Januar 2025_Quadrat_copyright vdek_Georg J. Lopata

Die Geschichte der Organspende ist eine Geschichte des medizinischen Fortschritts – aber auch eine Geschichte von ethischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Während unbestritten ist, dass Organspenden Leben retten können, darf dies nicht auf Kosten individueller Entscheidungsfreiheit geschehen. Jeder Mensch sollte selbst bestimmen dürfen, ob er seine Organe spenden möchte oder nicht. Maßnahmen wie das deutsche Organspende-Register sind ein Schritt in die richtige Richtung, doch ihr Erfolg hängt maßgeblich von einer offenen gesellschaftlichen Debatte ab. Gleichzeitig müssen politische Rahmenbedingungen sicherstellen, dass ethische Standards eingehalten werden und niemand durch sozialen oder ökonomischen Druck zur Spende gezwungen wird. Nur so kann langfristig Vertrauen in die Transplantationsmedizin geschaffen werden – eine Voraussetzung dafür, dass diese lebensrettende Praxis auch zukünftig Bestand hat und positiv entwickelt.

Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung

Fragen und Antworten

Dokumenten-Cover mit der Aufschrift "FAQ - Fragen und Antworten"

Wo ist die Transplantation von Organen gesetzlich geregelt? Was versteht man unter Entscheidungslösung? Gibt es eine Altersgrenze für die Organspende? Die Antworten auf diese und weitere Fragen zu Organspende, Organtransplantationen und Transplantationsregistergesetz finden Sie hier. » Lesen