Strukturen der Notfallversorgung in Nordrhein-Westfalen ändern

Diskussion bei vdek-Veranstaltung in Düsseldorf

Die Notfallversorgung in Nordrhein-Westfalen soll zügig verbessert werden. Darüber sind sich das NRW-Gesundheitsministerium und die Ersatzkassen einig. Bei einer Veranstaltung des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) in NRW, die am Mittwoch in Düsseldorf mit rund 130 Gästen stattgefunden hat, diskutierten Vertreter von Ersatzkassen, Gesundheitsministerium, Ärzten und Krankenhäusern über eine Reform der ambulanten Notfallversorgung. Dabei sollen die Strukturen so verändert werden, dass künftig Kliniken und ärztliche Notfallpraxen in NRW unter einem Dach zusammenarbeiten.

„Wir brauchen bei der Notfallversorgung eine enge Abstimmung zwischen der ambulanten ärztlichen Versorgung und der Notfallversorgung der Krankenhäuser. Darum sollten die Portalpraxen, die von den Krankenhäusern und den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam betrieben werden, zur Regel werden. Vor Ort kann dann zügig entschieden werden: Muss ein Patient in der Notaufnahme des Krankenhauses behandelt werden? Oder ist er ein Fall für die niedergelassenen Ärzte? Portalpraxen werden die Qualität der Notfallversorgung für die Patientinnen und Patienten verbessern“, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bereits im Vorfeld der Veranstaltung.

Aufgrund der Koalitionsverhandlungen in Berlin konnte Laumann kurzfristig leider nicht selbst an der Veranstaltung teilnehmen. Das NRW-Gesundheitsministerium war durch Abteilungsleiter Helmut Watzlawik vertreten.

„Das Konzept des vdek zu Portalpraxen kann schnell umgesetzt und ausgebaut werden“, unterstrich Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung in NRW. „Durch eine gemeinsame Anlaufstelle von ärztlichem Bereitschaftsdienst und stationärer Notfallambulanz rund um die Uhr werden die Patienten in den richtigen Behandlungspfad gelotst und die Patienten erhalten die für ihre Erkrankung notwendige Behandlung.“

Der Verband der Ersatzkassen hat das Konzept einer gemeinsamen Anlaufstelle (Portalpraxis) von Krankenhaus und Notfallpraxen vor über einem Jahr vorgestellt und dabei die Diskussion um Reformen angestoßen.

Derzeit gibt es Schwächen in der ambulanten Notfallversorgung. Patienten wählen oft den Weg in die Klinik statt in den ärztlichen Bereitschaftsdienst - auch wenn keine klinische Behandlung notwendig ist. Die Notfallambulanzen sind immer wieder überfüllt. Der Bereitschaftsdienst der Kassenärzte außerhalb der Sprechstunden und an den Wochenenden ist nicht ausreichend bekannt. Auch die Rettungstransporte erhöhen sich. In den derzeitigen Strukturen ist die Kooperation zwischen Krankenhäusern und ärztlichem Bereitschaftsdienst unzureichend.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein setzt sich für sektorenübergreifende Strukturen ein. „Es geht nicht darum, die bestehenden Strukturen in der Notfallversorgung schlecht zu reden. Viele aktuelle Probleme entstehen durch eine veränderte und bisweilen auch missbräuchliche Inanspruchnahme der vorhandenen Ressourcen“, sagt der Vorsitzende Dr. Frank Bergmann. „Deswegen brauchen wir neue, sektorenübergreifende Strukturen, mit denen wir den stetig steigenden Patienten-Zahlen in den Notfallambulanzen der Kliniken sinnvoll und bedarfsgerecht begegnen können. Es muss künftig schneller und zielgenauer entschieden werden, wer akut stationär versorgt werden muss – und wem wir stattdessen auch im ambulanten Notdienst oder in der regulären Sprechstunde niedergelassener Ärztinnen und Ärzten helfen können“, so Bergmann.

„In Westfalen ist der ärztliche Bereitschaftsdienst bereits gut aufgestellt – mit zentralen Notfalldienstpraxen an den Kliniken, einem Hausbesuchsdienst und auch fachärztlichen Diensten“, betonte Dr. Gerhard Nordmann, 2. Vorsitzender der KV Westfalen-Lippe. An 20 Standorten habe man inzwischen echte Portalpraxen mit einem gemeinsamen Tresen von Ambulanz und Notfalldienstpraxis etabliert, Tendenz steigend. Überfällig sei jetzt eine Reform der Finanzierung, so Dr. Nordmann: „Die Leistungen im Notfalldienst – sowohl der Niedergelassenen als auch der Krankenhäuser – werden derzeit aus dem budgetierten Honorar der Kassenärzte finanziert. Immer mehr Notfallversorgung kannibalisiert so die Regelversorgung. Das ist ungerecht. Die Notfallversorgung muss separat finanziert werden.“

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) hält eine Reform für notwendig. „Über 20 Mio. in den Notaufnahmen der deutschen Krankenhäuser behandelte Patienten machen deutlich, dass offensichtlich Unkenntnis darüber herrscht, dass Patienten bei leichteren Beschwerden einen Hausarzt oder außerhalb der Sprechstundenzeiten den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, die KV-Ambulanzen, aufsuchen sollten“, unterstrich Jochen Brink, Präsident der KGNW. „Bei einer daher notwendigen Reform der Notfallversorgung müssen aber regionale Besonderheiten und Gegebenheiten berücksichtigt und Möglichkeiten geschaffen werden, regionale Lösungen zu etablieren.“ Bundeseinheitliche Vorgaben würden nicht weiterhelfen. „Oberstes Gebot muss dabei immer das Wohl des Patienten sein und deshalb darf kein Patient weggeschickt werden“, sagte Brink.

Abschließend zog der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, ein Resümee: „Es besteht Konsens: Wir wollen eine sektorenübergreifende und patientengerechte Organisation der ambulanten Notfallversorgung.“

Dabei setzte er sich für die Einrichtung von Portalpraxen und für die Zusammenlegung der Notrufnummern ein. „Wo es aufgrund der Inanspruchnahme notwendig ist, sollen Portalpraxen eingerichtet werden, deren Öffnungszeiten den regionalen Bedarfen gerecht werden. Das Ein-Tresen-Modell wird dort zur Geltung kommen, wo die Triage zwingend durch einen Arzt erfolgt. Ein tragfähiges Konzept zur Ersteinschätzung der hilfesuchenden Patienten ist notwendig und nach Manchester-Kriterien durchzuführen. Wer den Klinikbereich betreten hat, darf nicht wieder weggeschickt werden. Wenn eine Zusammenlegung der Notrufnummern 112 und 116.117 als Modell in Westfalen-Lippe geschaffen wird, erfolgt gleichzeitig auch eine 24/7-Schaltung zum diensthabenden Arzt. Der sektorenübergreifender Ansatz muss auch sektorenübergreifend finanziert werden: Ein Tresen – ein Topf!“

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Pressesprecher
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