
Unsere kleine Farm – Tier- und naturgestützte Prävention in der stationären Pflege

„Unsere kleine Farm“ entwickelt tier- und naturgestützte Gesundheits- und Präventionsangebote und setzt diese in fünf stationären Seniorenzentren der AWO Seniorendienste Niederrhein gGmbH in Dinslaken, Duisburg, Kamp-Lintfort, Voerde und Moers um. Mithilfe von Tieren, Pflanzen und Gärten soll die kognitive und körperliche Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner gestärkt werden. Die Themenfelder „Körperliche Aktivität“, „Stärkung kognitiver Ressourcen“ und „Psychosoziale Gesundheit“ stehen dabei im Vordergrund.

Neben kleinen Gehegen, die von Kleintieren wie Kaninchen und Hühnern bezogen werden, sind unter anderem Gemüsebeete geplant, aus deren Ernte gesunde Mahlzeiten gekocht werden sollen. Auch ein Sinnesgarten mit duftenden Kräutern und Klangspielen soll entstehen und die Bewohnenden der Pflegeinrichtungen zu mehr Austausch, Bewegung und Aufenthalte im Freien animieren.
Die Pflegebedürftigen werden in die Versorgung der Tiere und in die Pflege der Gärten einbezogen und gleichzeitig wird gesundheitsförderndes Wissen vermittelt. Je nach individuellem Interesse und körperlicher Verfassung kann dies vom Betrachten und Streicheln der Tiere bis zur tatkräftigen Mithilfe bei ihrer Versorgung, der Pflege oder dem sähen von Pflanzen oder der Verarbeitung des geernteten Gemüses geschehen. Mit Hilfe der positiven gesundheitlichen Effekte der Gärten und der Tiere sollen gesundheitsfördernde Kurse entwickelt werden, die zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit, der Ernährung und zur Bewegung beitragen.
„Unsere kleine Farm“ richtet sich vor allem an die Pflegebedürftigen selbst; beteiligt werden aber auch Fachpersonal vor Ort, Angehörige und sonstige Interessierte.
Unterstützt wird das Projekt von Experten aus den Bereichen Ökotrophologie, Gartentherapie, Psychotherapie und Ergotherapie, welche gemeinsam mit den Menschen in den Pflegeeinrichtungen die Angebote erarbeiten. Als Referenzeinrichtungen werden die Angebote und die Einrichtungen auch nach Abschluss des Projektes als besuchbare Erlebniswelten zur Verfügung stehen und können so besonders nachhaltig wirken.
Alle Ergebnisse des Projektes werden in modularen Handlungsleitfäden nach Themen festgehalten und im Rahmen eines Multiplikatorenkonzeptes werden die Fachkräfte in den Einrichtungen, die Angehörigen, Interessierte und die Bewohnerinnen und Bewohner selbst als Multiplikatoren ausgebildet, um das Wissen weiterzutragen und zu erhalten.
Die beteiligten Einrichtungen und deren Umfeld sollen sich durch Verhaltens- und Verhältnisänderungen gesundheitsfördernder weiterentwickeln.
Beteiligte stationäre Seniorenzentren der AWO Seniorendienste Niederrhein gGmbH:
Besuche in den Einrichtungen
„Unsere kleine Farm“ an der Voerder Straße in Dinslaken

Seit März 2022 bereichert eine kleine Farm den Alltag im AWO Seniorenzentrum Wilhelm-Lantermann-Haus. Im beschützten Garten der Einrichtung hat sich bereits vieles getan: Es sind drei Hasen und fünf Hühner eingezogen, die nun Anziehungspunkte für viele Bewohnerinnen, Bewohner und Angehörige sind.
Doch sollen die Tiere nicht nur beobachtet werden. Die Seniorinnen und Senioren sind insbesondere dazu eingeladen, aktiv bei der Versorgung der Tiere mitzuhelfen.

„So finden sich regelmäßig Gruppen zusammen, die bei der Reinigung des Kaninchenstalls mithelfen oder die Tiere mit gesunden Leckereien füttern“, berichtet Antje Schwarz, Koordinatorin des Sozialen Dienstes in der Einrichtung. Auch bei der Namensgebung für die tierischen Gäste haben sich Bewohnerinnen und Bewohner, Angehörige und Mitarbeitende kreativ eingebracht.
Hochbeet-Bepflanzung im Sommer 2022

Gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern wurde nach ihren Wünschen nun das Hochbeet mit Gemüse bepflanzt. Einige brachten sich sehr aktiv ein, andere schauten lieber zu, unterstützten aber durch das Schildern ihrer Gartenerfahrungen aus früheren Zeiten und stärkten so auch ihr Erinnerungsvermögen.

Die positiven Effekte bei diesem Angebot sind zum einen der gesundheitsfördernde Aufenthalt an der frischen Luft, zum anderen die Bewegung, die bei diesen Tätigkeiten im Garten in weitaus höherem Maße stattfindet als sonst im Alltag.

Dies ist der erste Salat aus dem Farm-Garten. Unter Mithilfe der Bewohnerinnen und Bewohner wurde der Salat zubereitet und mit einer Sauce, die die Bewohnerinnen vorschlugen, verfeinert. Nach dem Verzehr äußerten alle, dass Salat aus „eigener Zucht“ immer besser schmecke als gekaufter. Ein voller Erfolg.
Farmer-Frühstück

Einmal monatlich findet im Farm-Garten – bei nicht so schönem Wetter in einem Raum, der an den Farmgarten angrenzt – für interessierte Bewohnerinnen und Bewohner ein Farmerfrühstück statt. Neben herzhaften Lebensmitteln und gut duftendem Brot wird hier auch gesundes Gemüse aus dem Farmgarten verzehrt.

Je nachdem, was gerade reif ist, können dies Gurken, Tomaten oder Radieschen sein oder auch frische Kräuter, die als zusätzlicher Brotbelag dienen können. Dieses Angebot dient zum einen dazu, das Gruppengefühl durch ein besonderes gemeinsames Essen zu stärken, zum anderen wird aber auch der Fokus auf gesunde Lebensmittel gelegt und dazu animiert, diese auch zu probieren.
Backaktion

Im Rahmen des Angebots „Aktiv im Garten“ wurden aus unserem selbst angepflanzten Rhabarber drei leckere Blechkuchen gebacken, so dass alle Bewohner in den Genuss kommen konnten. Die Bewohnerinnen halfen sowohl beim Erstellen des Teiges als auch beim Vorbereiten des Rhabarbers tatkräftig mit.

Dies war zum einen ein Gemeinschaftserlebnis, zum anderen förderte es auch die motorischen Fähigkeiten und stärkte das Erinnerungsvermögen, da sich die Bewohnerinnen über frühere hauswirtschaftliche Tätigkeiten austauschten. So wurde der Kuchen nach dem Rezept einer Bewohnerin gebacken, das sie früher benutzt hat, und was bei ihren Gästen immer gut ankam. Sie hatte recht! „Ihr“ Kuchen wurde von allen Seiten gelobt!
Tiergestützte Aktionen

Neben den Aktionen rund um das Tier, wie Reinigen des Kaninchenstalls, werden die Bewohnerinnen und Bewohner auch in den direkten Kontakt mit den Tieren eingebunden. So besteht regelmäßig die Möglichkeit, – unter Beachtung des Tierwohls – die Kaninchen und Hühner zu streicheln. Es ist immer wieder berührend zu sehen, welche positiven Auswirkungen der Kontakt zu Tieren auf das psychische Wohlbefinden der Menschen hat. Dies ist an der Mimik, am Lächeln der Menschen zu erkennen, aber auch daran, dass einzelne Bewohner wieder vermehrt sprechen.

Es werden Erinnerungen geweckt aus Zeiten, als die Menschen selbst Tiere hatten. Zudem bringt es die Bewohnerinnen und Bewohner auch dazu, Bewegungen auszuführen, die sonst nicht im Alltag vorkommen, wie zum Beispiel das Ausstrecken des Arms, um an das Tier heranzukommen oder das Bemühen, das Tier nur sanft zu berühren. Das haptische Erleben, das Fell oder Gefieder eines Tieres zu streicheln, führt dabei zu vermehrtem psychischen Wohlbefinden.
„Unsere kleine Farm“ in Duisburg
Bei einem Besuch der „kleinen Farm“ im Juli 2023 im AWO Seniorenzentrum Duisburg freuten sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht nur über tierische Gäste des Tierbesuchsdienstes, sondern halfen auch tatkräftig bei der Verschönerung der Außenanlagen mit: ehemals Fläche wurde durch Hochbeete, Pflanzenkübel einen Kräuterwagen und ein Gewächshaus wieder zu neuem Leben erweckt. Dank der schattenspendenden Pavillondächer können sich die Bewohnerinnen und Bewohner auch bei Sonne wieder geschützt draußen aufhalten.
Weiterführende Links
- Gesunde Lebenswelten-Seite zu „Unsere kleine Farm“: https://www.gesunde-lebenswelten.com/gesund-im-pflegeheim/praxisprojekte/unsere-kleine-farm-95/