Prof. Dr. Frank Weidner
Vorstandsvorsitzender des deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP)
Wir haben unsere Fragen an den Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP), Prof. Dr. Frank Weidner, gestellt.
Prof. Dr. Frank Weidner
Vorstandsvorsitzender des deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP)
Frage:
Mit dem gemeinsamen Projekt des DIP und dem vdek Rheinland-Pfalz/Saarland soll die Resilienz der Bewohner:innen in stationären Pflegeeinrichtungen gestärkt werden. Welchem Ansatz folgt das Projekt, um dieses Ziel zu erreichen?
Antwort:
Im Prinzip geht es im Projekt Resi Saluto darum, diejenigen Kräfte bei den Bewohner:innen in den Pflegeheimen, also in der Langzeitpflege, zu stärken, die sie gesund und widerstandsfähig erhalten. Es geht also im Kern einmal nicht darum, was Menschen krank und pflegebedürftig macht, sondern was sie in ihrer jeweiligen Lebenssituation gesund und widerstandsfähig erhält. In der Resilienzförderung spielen dabei Schutzfaktoren eine große Rolle. Personale Schutzfaktoren hat sich jeder Mensch mehr oder weniger, z. B. über individuelle Lebenserfahrungen oder körperliche Widerstandsfähigkeit, aufgebaut. Soziale Schutzfaktoren ergeben sich aus den Beziehungen zu anderen Menschen, Freunden, Familie und Netzwerken. Die Wirksamkeit von Schutzfaktoren kann je nach Person, Lebensphase und Kontext allerdings sehr unterschiedlich sein.
Je häufiger Menschen in ihrem Leben die Erfahrung gemacht haben, dass sie über ausreichend Widerstandsressourcen verfügen und körperliche oder psychische Stressoren erfolgreich bewältigen können, desto mehr sind sie davon überzeugt, dass sie den Unwegsamkeiten des Lebens auch heute gewachsen sind und sie nichts so schnell „umhauen“ kann. Diese Zusammenhänge werden in der Salutogenese, also vereinfacht gesagt in dem Modell, was das Gesundbleiben und -werden erklärt, auch mit dem sogenannten Kohärenzgefühl beschrieben. Dieses besteht aus den drei Komponenten Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit, die für jeden Menschen wichtig sind.
Verstehbarkeit meint, dass Menschen den Überblick behalten und Gefahren für ihre Gesundheit frühzeitig erkennen können. Handhabbarkeit beschreibt die Sicherheit, über geeignete personale oder soziale Schutzfaktoren zu verfügen, Stressauslöser (Stressoren) begegnen zu können und gesund zu bleiben. Die Person fühlt und erlebt sich nicht hilflos, benachteiligt oder in einer Opferrolle. Letztlich meint Bedeutsamkeit, dass man dem, was man Gutes und Schlechtes erlebt, Sinn zuordnen kann. Stressoren müssen dann auch nicht nur als Last oder Bürde empfunden werden.
Dies sind zentrale Grundlagen des Projektes Resi Saluto, mit denen wir die Informations-, Beratungs- und Schulungsmaterialien für Pflegeeinrichtungen entwickeln und anpassen wollen.
Frage:
Mit Resi Saluto soll ein gesundheitsförderlicher Prozess in den teilnehmenden Einrichtungen angestoßen werden. Warum lohnt es sich für die Einrichtungen, an dem Projekt teilzunehmen?
Antwort:
Es ist eigentlich immer gut, wenn Einrichtungen sich an innovativen Projekten beteiligen, denn dann kommt sozusagen „frischer Wind“ herein. Und beim Themenfeld Gesundheitsförderung geht es ja um einen Kernbereich der stationären Langzeitpflege. Einrichtungen, die mitmachen wollen, können somit ihre eigenen Konzepte zur präventiven und gesundheitsförderlichen Arbeit überprüfen und bei Bedarf weiterentwickeln. Ausdrücklich sollen ja die Bewohner:innen von Resi Saluto profitieren und sollen in ihrer psychosozialen Gesundheit gestärkt werden. Und dann geht es auch noch um das sensible Thema von unerwünschten Ereignissen bis hin zu Gewalterfahrungen. Das fängt ja manchmal im Kleinen an und kann, wenn es nicht entdeckt und bearbeitet wird, auch fatale Dimensionen annehmen. Gewaltprävention ist also auch einer unserer Schwerpunkte. Die Einrichtungen, die bei Resi Saluto mitmachen wollen, werden auf ihren eigenen, bisherigen Wegen von uns mitgenommen, unterstützt, begleitet und letztlich in ihrer organisatorischen Kompetenz zur Gesundheits- und Resilienzförderung gestärkt.
Frage:
Und welchen Vorteil können die Mitarbeitenden daraus ziehen?
Antwort:
Um die Bewohner:innen zu erreichen, geht es in der stationären Langzeitpflege nur mit und über die Mitarbeitenden. Wir sensibilisieren und befähigen also die Mitarbeitenden zu den Themenfeldern Salutogenese und Resilienzförderung so, dass sie ihre eigene Gesundheit und zugleich die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Bewohner:innen mehr in den Blick nehmen. Wichtig ist, dass wir Ansätze und Techniken zur alltagsgängigen Aufmerksamkeit und Handhabung in den Vordergrund stellen wollen, die prinzipiell von jeder Pflegekraft jeden Tag angewandt werden können. Ferner geht es auch um gesundheitsförderliche Strukturen und Prozesse in den Einrichtungen, deshalb ist es auch wichtig, dass die Einrichtungsleitungen voll hinter dem Projekt stehen.
Frage:
Resi Saluto ist ein Forschungsprojekt: Was soll mit dem Projekt erforscht werden und was bedeutet dies für die Projektergebnisse?
Antwort:
In Abwandlung eines bekannten Sprichwortes würde ich sagen „Tue Gutes, versichere dich, dass es gut ist, und sprich dann darüber“. Wir wollen also mit Resi Saluto nicht nur Gutes tun, sondern versichern uns mit wissenschaftlichen Verfahren darüber, dass sich die Lebensqualität der Bewohner:innen und die Gesundheit der Mitarbeitenden tatsächlich unter Resi Saluto verbessern können. Und wir entwickeln unsere Konzepte und Ansätze auf wissenschaftlichen Grundlagen, d.h. wir haben den Anspruch, dass wir sehr genau begründen können, warum wir etwas für die Praxis vorschlagen und warum wir ggf. etwas anderes nicht empfehlen können. Dabei werden wir das Konzept von Resi Saluto über die gewonnenen Erkenntnisse im Projekt auch verändern und weiterentwickeln. Am Schluss möchten wir die Projektergebnisse so aufbereiten, dass weitere Einrichtungen der stationären Langzeitpflege diese übertragen und in ihrer Einrichtung umsetzen können.