Kommentar zur neunten Stellungnahme der Regierungskommission

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Gibt es für eine patientenorientierte Notfallreform kein Erkenntnis-, sondern nur ein großes Umsetzungsproblem? Die Diskussionen in den letzten Monaten bestätigen dies.

Nach der „Vierte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ hat die Regierungskommission mit der neunten Stellungnahme inzwischen auch sehr detaillierte Vorschläge zur Modernisierung des Rettungsdienstes veröffentlicht:

Die zentrale Botschaft der vierten Stellungnahme, die notwendige Errichtung von hoch integrierten Gesundheitsleitstellen, die auf jegliche medizinische Hilfeersuchen mit einer großen Bandbreite an Möglichkeiten reagieren können, wurde in der neunten Stellungnahme erneut aufgegriffen. Neben den Fragen der technischen und logistischen Vernetzung der Notrufnummern 112 und 116117 sowie der Etablierung von erweiterten Reaktionsmöglichkeiten wird nun auch die Finanzierungssystematik angesprochen. Allerdings legt sich die Regierungskommission hierzu nicht abschließend auf ein Modell oder tiefergehende Details fest. Dies ist vermutlich – wie schon in der vierten Stellungnahme bemerkbar – den kompetenzrechtlichen Brüchen zwischen der länderhoheitlichen Gefahrenabwehr der Rettungsdienstgesetze und dem bundesgesetzlichen Leistungs- und Vertragsrecht im SGB V geschuldet. Aus Sicht der GKV dürfte insb. die Frage der Kostenabgrenzung zwischen Gefahrenabwehr und Versorgung entscheidend sein.

Denn bislang übernehmen die Beitragszahler einen wesentlichen Teil der eigentlich aus Steuergeldern zu finanzierenden Strukturen der Gefahrenabwehr. So ist die Kleinteiligkeit der 25 Leitstellen in Hessen ausschließlich auf die Zuständigkeit der Kommunen für die Gefahrenabwehr zurück zu führen. Leistungsfähige und i.S. der Patientensicherheit angemessene Strukturen sind mit 25 z.T. sehr kleinteiligen Leitstellen jedoch nicht zu gewährleisten. Und obwohl die Beitragszahlenden inzwischen rund 60 Mio. € p.a. alleine für die Aufrechterhaltung dieser seit 30 Jahren überkommenen Strukturen aufwenden müssen, ist nicht einmal deren Versorgungsqualität transparent.

Der Blick in Nachbarländer wie Dänemark, die Niederlande und auch Österreich zeigt, dass eine patientenorientierte Modernisierung des Rettungsdienstes zwingend eine Professionalisierung der Leitstellenstrukturen erfordert, wenn diese als Gesundheitsleitstellen funktionieren sollen. In Hessen bestehen mit der landesweiten IVENA-Datenbank und den Schnittstellen zwischen den beteiligten Versorgungsektoren inkl. der 112 zur 116117 eigentlich gute Voraussetzungen, um schneller als in anderen Bundesländern eine virtuelle Landesgesundheitsleitstelle umzusetzen. Dafür müsste der Landesgesetzgeber die Kommunen allerdings davon überzeugen, zum Wohle der Versorgungssicherheit und -qualität und bei stetig steigendem Fachkräftemangel auf kleinteilige Hoheitsansprüche zu verzichten.