Sektorengrenzen überwinden

Experten diskutieren bei Ersatzkassenforum über die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Rheinland-Pfalz

Wie soll man künftig eine schrumpfende Gesellschaft mit mehr älteren, häufiger chronisch kranken Menschen optimal medizinisch versorgen – auch abseits der städtischen Zentren, wenn gleichzeitig Fachkräfte und Ressourcen knapper werden? Wie man den Herausforderungen der demografischen Entwicklung auf das Gesundheitssystem gerade im ländlich geprägten Flächenstaat Rheinland-Pfalz begegnen sollte, diskutierten Experten beim Ersatzkassenforum 2014 in Mainz. Die Podiumsveranstaltung, zu der der Verband der Ersatzkassen in Rheinland-Pfalz eingeladen hatte, stand unter der Überschrift „Sektorengrenzen überwinden“.

Sozialminister Alexander Schweitzer betonte in seinem Grußwort die Notwendigkeit innovativer Ansätze, um auch zukünftig eine gute und flächendeckende Versorgung in den Bereichen Gesundheit und Pflege sicherzustellen. „Mit dem Zukunftsprogramm Gesundheit und Pflege - 2020 stellt das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie dafür die richtigen Weichen. Dies ist nur in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten aus dem Gesundheitswesen und der Pflege möglich“, warb Schweitzer für mehr Kooperation sowie Veränderungen althergebrachter Strukturen in der Gesundheitsversorgung.

Das Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege - 2020" umfasst unter anderem die Nachwuchsgewinnung von Ärztinnen und Ärzten, die Aufwertung des Pflegeberufs und die Förderung von Telemedizin.

Martin Schneider, Leiter der vdek-Landesvertretung Rheinland-Pfalz, forderte vor allem, die Diskrepanz der gleichzeitig bestehenden Über-, Unter- und Fehlversorgung im Gesundheitswesen zu beenden. „Wir müssen weg vom Prinzip „teile und herrsche“, sondern gemeinsam zu einer patientenorientierten Versorgung kommen, die verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgeht“, so Schneider.

Zur Podiumsdiskussion begrüßte er den Arzt und Landtagsabgeordneten Dr. Dr. med. Rahim Schmidt (Bündnis90/Die Grünen), Dr. Günter Merschbächer, Geschäftsführer der Marienhaus Kliniken GmbH und Vorstandsmitglied im Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands, den Geschäftsführenden Direktor des Landkreistags Rheinland-Pfalz, Burkhard Müller, den Vorstandsvorsitzenden der PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz, Pfarrer Albrecht Bähr, sowie Gesundheitsökonom Hartmut Reiners, der zu Beginn in seinem Impulsreferat Perspektiven für sektorenübergreifende Versorgungsformen aufgezeigt hatte.

Reiners, der bis zu seiner Pensionierung Referatsleiter in den Gesundheitsministerien von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg war, betonte, auch ohne Gesetzesänderungen könnten Modelle zur Sicherstellung der Versorgung vorangetrieben werden. Dazu bräuchte man jedoch den Konsens der Akteure wie Kassenärztliche Vereinigung, Gesetzliche Krankenkassen und Land. Als gutes Beispiel hierfür im Land Rheinland-Pfalz nannte er das Gesundheitszentrum Glantal im pfälzischen Meisenheim, das auch bundesweit als Modell Beachtung findet. Hier baut das Landeskrankenhaus mit Unterstützung vom Land eine neue Klinik, in der zwei kleine Häuser zusammengefasst und zugleich ambulante, stationäre und weitere Gesundheitsdienstleistungen sowie eine interdisziplinäre Grundversorgung zusammengefasst werden.

Dass Kliniken bereits Lücken in der ambulanten Versorgung füllen, bestätigte Dr. Günter Merschbächer, Geschäftsführer der Marienhaus Kliniken GmbH, dem größten konfessionellen Krankenhausträger in Rheinland-Pfalz. „Hier gibt es vor Ort gute Lösungen, etwa bei der Notdienstversorgung.“ Regional flexible Lösungen wie Vernetzung, ambulante und belegärztliche Angebote seien auch notwendig, um kleine Häuser sinnvoll zu nutzen, die aufgrund ihrer Größe aus wirtschaftlicher und qualitativer Sicht nicht mehr darstellbar seien.

Auch Burkhard Müller, der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags Rheinland-Pfalz, betonte, dass flexible Lösungen vor Ort gefunden werden müssten. Für einheitliche Vorgaben über das Land hinweg seinen die regionalen Unterschiede vor Ort einfach zu groß. Städte und Landkreise verstünden die Gesundheitsversorgung längst als Teil der Infrastrukturpolitik. „Wenn sich kein Arzt mehr findet, der vor Ort eine Praxis betreiben will, wird es MVZ geben mit Ärzten, die bei der Kommune angestellt sind“, so Müller, der allerdings Probleme bei der Finanzierung sieht.

Zusammenarbeit sei bei allen Beteiligten in der medizinischen und pflegerischen Versorgung zukünftig noch stärker gefragt, sagte Dr. Rahim Schmidt, der neben seiner Tätigkeit als Landtagsabgeordneter noch regelmäßig als Arzt praktiziert. Er warb nachhaltig für den Beruf des Allgemeinmediziners als ganz besondere Aufgabe. Die Zukunft liege jedoch in der Teamarbeit, bei der sich alle Beteiligten an Pflege und Behandlung der Menschen auf Augenhöhe begegnen müssten.

Den Pflegeberufen werde in Zukunft immer mehr Bedeutung bei der Gesundheitsversorgung der Menschen gerade im ländlichen Raum zukommen, betonte auch der Vorstandsvorsitzende der PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz, Albrecht Bähr. Wichtig sei hierbei jedoch, keine Parallelstrukturen und Konkurrenz zu schaffen, „die wir uns wirklich nicht leisten können.“

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E-Mail: tanja.boerner@vdek.com

 

Sarah Dreis
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