Es gibt großen Reformbedarf!
Während der Corona-Pandemie hat das Gesundheitssystem gezeigt, was in ihm steckt. Zahlreiche Sondergesetze, Rechtsverordnungen, Vereinbarungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses wurden schnell, flexibel und umsichtig umgesetzt, darunter auch einige Dinge, die zuvor undenkbar schienen, wie beispielsweise Krankschreibungen per Telefon. Jetzt müssen alle Akteure im Gesundheitswesen evaluieren, welche der coronabedingten Sondermaßnahmen die Regelversorgung auch nach der Pandemie verbessern können.
Doch auch unabhängig von der Pandemie gibt es aus Sicht der Ersatzkassen großen Reformbedarf. Die vdek-Landesvertretung Hessen macht sich im Hinblick auf die Bundestagswahl neben den großen Themenblöcken, die noch separat kommentiert werden, insbesondere auch stark für
- eine einheitliche Bundesaufsicht über alle gesetzlichen Krankenkassen
- die Ausweitung kassenindividueller Gestaltungsspielräume wie Satzungsleistungen, Selektivverträge, Bonusprogramme und Wahltarife
- einen starken Verbraucherschutz durch Transparenz über das Leistungsgeschehen und
- die Weiterentwicklung des Innovationsfonds.
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen unter eine einheitliche Bundesaufsicht durch das Bundesamt für Soziale Sicherung gestellt werden. Nur dies kann ungleiche Bedingungen im Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenversicherungen wirksam verhindern. Bislang stehen nur diejenigen Krankenkassen unter Bundesaufsicht, die in mehr als drei Bundesländern aktiv sind. Das sind 63 von derzeit insgesamt 103 Krankenkassen (Stand: 01.01.2021). Die Übrigen unterstehen der Aufsicht der jeweiligen Landesbehörde. Die Erfahrung zeigt, dass die verschiedenen Aufsichtsorgane eine durchaus unterschiedliche Aufsichtspraxis verfolgen. Aus Sicht des vdek und der Ersatzkassen in Hessen verzerrt diese uneinheitliche Aufsichts- und Prüfpraxis der jeweiligen Aufsichtsbehörden den Wettbewerb.
Auch in Zukunft müssen kassenindividuelle Gestaltungsspielräume wie Satzungsleistungen, Selektivverträge, Bonusprogramme und Wahltarife nicht nur weiter möglich bleiben, sondern weiter ausgebaut werden. Der Großteil des Leistungsspektrums der GKV wird über Kollektivverträge geregelt und ist somit bei allen Krankenkassen identisch. Kassenindividuelle Gestaltungsmöglichkeiten und die einheitliche Bundesaufsicht ermöglichen einen fairen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und stärken die passgenaue Versorgung der Versicherten vor Ort. Die Ersatzkassen sind derzeit bei über 180 besonderen Versorgungsverträgen in Hessen beteiligt. Sie greifen den individuellen Versorgungsbedarf in Hessen auf und ergänzen ihn durch passgenaue Angebote. Das ist #regionalstark.
Daraus resultiert die Forderung des vdek und der Ersatzkassen in Hessen nach einem starken Verbraucherschutz. Versicherte müssen leicht erkennen können, welche Krankenkassen welche individuellen Vorzüge bieten. Auch dies stärkt nicht nur den Wettbewerb unter den Krankenkassen, sondern gestaltet ihn auch fair. Versicherte können bei der Wahl der gesetzlichen Krankenkasse besser entscheiden, wenn das Leistungsangebot transparent und nachvollziehbar ist.
Innovationen sind unverzichtbar für eine moderne Gesundheitsversorgung. Der beim Gemeinsamen Bundesausschuss angesiedelte Innovationsausschuss, der sich aus Vertretern der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sowie Vertretern der Bundesministerien für Gesundheit und für Bildung und Forschung zusammensetzt, fördert mit dem Innovationsfonds neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, ferner Forschungsprojekte zur qualitativen Weiterentwicklung der bestehenden Versorgung. In der Vergangenheit wurden durch Projekte aus dem Innovationsfonds bereits wichtige Impulse gesetzt. In der Umsetzung hemmen jedoch z.T. starre Strukturen und viel Bürokratie den weiteren Fortgang. Für die Zukunft sollte der Fonds daher weiterentwickelt werden mit dem Ziel, die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland noch weiter zu verbessern.