Interview

3 Fragen an die Geschäftsführerin des Krebsregisters Rheinland-Pfalz

Wir haben unsere Fragen an Antje Swietlik, Geschäftsführerin des Krebsregisters Rheinland-Pfalz, gestellt.

Swietlik

Antje Swietlik

Geschäftsführerin des Krebsregisters Rheinland-Pfalz

Frage:

Seit 2008 wurde in jedem Bundesland ein Krebsregister aufgebaut. Seither sind für die Krebsregister stetig neue Aufgaben hinzugekommen. Welche Rolle kann das Krebsregister Rheinland-Pfalz für eine konkrete Therapieentscheidung oder auch im Zusammenhang mit der Krebsprävention spielen? Wie hat sich dies seit 2008 verändert?

Antwort:

Wenn man Krebs erfolgreich bekämpfen will, ist es essenziell, die Krankheit genau zu kennen. Entscheidungen müssen auf fundierten Informationen fußen, um die Qualität der onkologischen Versorgung zu sichern und weiter zu verbessern. Durch die flächendeckende Erfassung und Auswertungen nach wissenschaftlichen Standards kann das Krebsregister Rheinland-Pfalz sowohl Ärztinnen und Ärzten als auch der Wissenschaft diese Datengrundlage zur Verfügung stellen.

Seit Ende 2018 hat das Krebsregister Rheinland-Pfalz, als erstes Krebsregister in Deutschland, alle Förderkriterien des GKV-Spitzenverbandes erfüllt. Die Aufbauphase konnte damit nach Inkrafttreten des 2013 verabschiedeten Krebsfrüherkennungs- und -registergesetzes auf Bundesebene und des Landeskrebsregistergesetzes 2016 auf Landesebene erfolgreich abgeschlossen werden. Das zuvor rein epidemiologische Krebsregister wurde zu einem klinisch-epidemiologischen Krebsregister ausgebaut. Dies ermöglicht erstmals, den gesamten Behandlungsverlauf – von der Diagnose über die Therapie bis hin zur Nachsorge – vollständig abzubilden und auszuwerten. So werden erfolgreiche Behandlungsmethoden schneller sichtbar und Fortschritte in der Früherkennung, Diagnostik, Behandlung und Nachsorge gefördert.

Datengrafik Krebsregister

Frage:

Die digitale Transformation und die Digitalisierung des Gesundheitswesens nehmen an Fahrt auf und haben durch die Coronapandemie zusätzlich einen Boost erfahren. Ärzte übermitteln Daten online und auch in der Krebsbehandlung gibt es für die Patientinnen und Patienten digitale Unterstützung. Wie haben sich durch die Digitalisierung die Krebsversorgung an sich und auch die Unterstützung der Patientinnen und Patienten durch die Krebsregister, sei es bei der Entscheidung der Behandlungsform oder der Prävention, verändert?

Antwort:

Die digitale Transformation im Krebsregister Rheinland-Pfalz befindet sich in vollem Gange. Bereits seit 2018 erfasst das Krebsregister alle Meldungen ausschließlich digital. Dafür werden die Daten entweder per Schnittstelle oder über ein Meldeportal elektronisch übermittelt. Die Weiterentwicklung der digitalen Prozesse im Krebsregister Rheinland-Pfalz wurde seither intensiv fortgeführt. Die Geschäftsleitung wurde um einen Chief Information Officer erweitert und eine eigene Stabsstelle für Data Science eingerichtet. Der Einsatz von Digitalen Prozessen, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning hilft, um die Erfassung, Verarbeitung und Auswertung von Krebsregisterdaten zu unterstützen.

Schon heute helfen digitale Prozesse bei einer effizienten Datenverarbeitung. Täglich erreichen das Krebsregister durchschnittlich 1.500 Meldungen zu neu gestellten Diagnosen, durchgeführten Therapien und Verläufen von Krebserkrankungen, die auf ihre Qualität hin geprüft werden müssen, bevor sie weiterverarbeitet werden können. Aber auch bei der Auswertung der Daten können durch den Einsatz innovativer Methoden des Machine Learnings und Künstlicher Intelligenz Prozesse automatisiert werden. Damit können einfacher und schneller Muster in der Krebsbehandlung erkannt und Ärzten oder der Wissenschaft bereitgestellt werden. Durch die zeitnahe und qualitativ hochwertige Bereitstellung der Auswertungen leistet das Krebsregister Rheinland-Pfalz einen wertvollen Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung der Krebsbehandlung und Krebsforschung.

Krebsregister Rheinland-Pfalz

Frage:

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie sieht das Krebsregister in Rheinland-Pfalz 2030 aus? In welche Richtung kann es sich aus Ihrer Sicht entwickeln und welche Rahmenbedingungen müssen hierfür geschaffen werden?

Antwort:

In den nächsten Jahren plant das Krebsregister Rheinland-Pfalz, die Angebote für Ärztinnen und Ärzte sowie Forschung und Wissenschaft noch weiter auszubauen und die Zusammenarbeit zu intensivieren. Im Hinblick auf die Behandlung eines Patienten sind beispielsweise Informationen, die von Ärzten aus anderen Institutionen als der eigenen gemeldet wurden, sehr nützlich. In einer onkologischen Patientenakte sollen zukünftig alle Informationen zu den onkologischen Erkrankungen eines Patienten sowie deren Behandlung und Verlauf qualitätsgesichert und chronologisch zusammengefasst den behandelnden Ärzten zur Verfügung gestellt werden. Denkbar wäre auch, dass Ärzte Zugriff auf eine Art Datenbank erhalten, in der anonymisiert Behandlungsverläufe von allen onkologisch tätigen Einrichtungen aufgeführt werden. Damit könnten sie nach der Diagnose eines Patienten die Behandlungsverläufe von allen anderen Patienten mit einer ähnlichen Diagnose miteinander vergleichen und erfolgreiche Behandlungsmethoden identifizieren. In etwas fernerer Zukunft könnte es auch Methoden geben, die die Wahrscheinlichkeit vorhersagen können, mit der ein Patient einen Rückfall erleidet. Das könnte Patienten bei der Entscheidung unterstützen, in welchen Zyklen sie Überwachungstermine festlegen.

Um die die Qualität solcher Angebote zu erhöhen und auch Daten aus anderen Bundesländern darin einfließen lassen zu können, wäre eine noch stärkere bundesweite Vernetzung und Zusammenarbeit eine wichtige Rahmenbedingung. Des Weiteren bleibt es alternativlos, dass digitale Transformationsprozesse in den Krebsregistern auch weiterhin gefördert werden müssen, damit eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungen für Ärzte, Wissenschaft und folglich den Patienten sichergestellt werden kann.

Grafik Slogan quer3

"Das Krebsregister leistet einen wichtigen Beitrag."

Folie Beitrag Krebsregister RLP

Vortrag von Antje Swietlik, Geschäftsführerin des Krebsregisters Rheinland-Pfalz, beim Länderforum der BARMER Rheinland-Pfalz/Saarland und Hessen am 22.6.2022 in Mainz