Was bringt uns das neue Patientenrechtegesetz?

Grußworte/Reden des Ersatzkassenverbandes in Thüringen

Kennen Sie Ihre Rechte als Patient? Laut einer Studie kennen sechs von zehn Patienten ihre Rechte nicht oder unvollständig. Als Rheumabetroffene haben auch Sie gewiss schon einmal feststellen müssen, dass die Rechte der Patienten bisher in unterschiedlichen Gesetzen verankert waren. Für juristische Laien waren ihre Rechtsansprüche damit kaum zu überblicken. Deshalb bestand Handlungsbedarf nach einer Bündelung der heute in den unterschiedlichen Gesetzen, Berufsordnungen und Gerichtsentscheidungen zersplitterten Regelkreise.

Ich finde es gut, dass das von der Bundesregierung beabsichtigte Patientenrechtegesetz helfen soll, Rechte besser zu kennen und wahrzunehmen. Meiner Meinung nach sind Patienten schon längst nicht nur Kranke. Sie sind ebenso selbstbewusste Beitragszahler und kritische Verbraucher.

Wie gravierend sich die Rolle der Patienten inzwischen geändert hat, habe ich nicht zuletzt durch meine über 20jährige Arbeit in verschiedenen Selbsthilfegremien – vor allem durch meine Vorstandsarbeit in der Deutschen Rheuma Liga, Ihrem Landesverband Thüringen - erfahren. Als Vertreterin des Ersatzkassenverbandes habe ich in den vielen Jahren im Auftrag unserer Mitgliedskassen Ihre Arbeit in der Rheuma-Liga nach bestem Wissen unterstützt. So konnte besonders die finanzielle Hilfe über den so genannten Selbsthilfeparagrafen § 20 SGB V systematisch ausgebaut werden. In ganz Deutschland hat die Selbsthilfeförderung durch die gesetzliche Krankenversicherung mittlerweile ein Finanzvolumen von 40 Mio. Euro angenommen. Landesweit stehen für die Thüringer Selbsthilfegruppen,
-organisationen und –verbände in diesem Jahr mit fast 530.000 Euro zur Verfügung. Die Ersatzkassen tragen hierzu mit rund 176.500 Euro Fördergeldern bei. Mit Sorge habe ich jedoch ebenso feststellen müssen, dass Sozialhilfeträger und öffentliche Stellen sich mehr und mehr zurückzogen haben und auch die private Krankenversicherung die Selbsthilfe noch immer nicht unterstützt. Ich hoffe deshalb, dass es zukünftig mit Hilfe des neuen Patientenrechtegesetzes gelingen möge, den Gemeinschaftscharakter der Selbsthilfe auch rechtlich zu fassen und die anderen Sozialhilfeträger, die Private Krankenversicherung und die öffentliche Hand zu verpflichten, die Selbsthilfe in einem angemessenen Rahmen zu fördern und die Förderung transparent zu machen.

Das Patientenrechtegesetz verstehe ich deshalb als einen ersten Schritt in eine richtige Richtung ist, dem dennoch weitere Maßnahmen folgen müssen. Am Ende muss es darum gehen, das Gesundheitswesen an den Bedürfnissen der Versicherten und Patienten auszurichten und nicht umgekehrt.

 

Dass dies noch längst keine Selbstverständlichkeit ist, und immer wieder eingefordert werden muss, will ich an einem Beispiel aufzeigen. Es geht um die individuellen Gesundheitsleistungen, auch IGeL-Leistungen genannt. Diese werden, so musste ich als Patient feststellen, immer mehr in Thüringer ärztlichen Praxen angeboten. Doch was steckt hinter IGeL-Leistungen? Warum übernehmen Krankenkassen diese Leistungen nicht? Genau hier soll das neue Patientenrechtegesetz mehr Klarheit bringen:

Schon heute wird unterschieden zwischen Leistungen, die zu Lasten der GKV abgerechnet werden und jenen, die nicht in den GKV-Leistungskatalog gehören.

In der Regel werden alle evidenzbasierten Leistungen, deren Nutzen und Wirksamkeit in Studien nachgewiesen werden können, auch im Leistungskatalog aufgenommen. Nicht evidenzbasierte Leistungen und solche mit schlechter Evidenz gehören damit nicht in den Leistungskatalog.

Aus meiner Sicht kommt dem GKV-Leistungskatalog damit auch eine Schutzfunktion zu, denn Patienten sollen vor nicht evidenzbasierten Leistungen, deren Nutzen wissenschaftlich nicht bewiesen ist, geschützt werden. Darüber hinaus sollte der Arzt vor einer IGeL-Leistung seiner Aufklärungspflicht umfassend nachkommen und der Patient die Möglichkeit haben, innerhalb von 24 Stunden zu entscheiden, ob er dies möchte. Und nicht zuletzt wäre auch die Konkretisierung der Beratungsanforderungen sehr hilfreich.

 

Wer mehr über die beabsichtigten Neuregelungen des Patientenrechtegesetzes wissen möchte, kann dies in einer vom vdek herausgegeben Broschüre nachlesen.

 

Hintergrund:

Das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Gesundheit haben gemeinsam ein Patientenrechtegesetz vorbereitet. Dieses soll im unter anderem Regelungsbereiche umfassen:

- Der Behandlungsvertrag soll ausdrücklich im Gesetz geregelt werden. Es soll geregelt werden, dass Patienten verständlich und umfassend informiert werden müssen, etwa über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien.

- Die Aufklärungspflichten gegenüber Patienten sollen ausdrücklich geregelt werden. Eine bloße schriftliche Aufklärung reicht nicht. Es muss ein persönliches Gespräch geführt werden, so dass ich der Patient seine Entscheidung gut überlegen kann.

- Dokumentationspflichten bei der Behandlung sollen im Gesetz festgelegt werden. Patienten sollen ein gesetzliches Recht auf Akteneinsichtnahme erhalten.

- Bei Behandlungsfehlern sind Kranken- und Pflegekassen verpflichtet, ihren Versicherten bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen zu helfen.

- Die Patientenbeteiligung soll weiter ausgebaut werden, insbesondere durch Einbeziehung von Patientenorganisationen bei der Bedarfsplanung.

- Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung erstellt eine umfassende Übersicht über Patientenrechte und hält sie zur Information der Bevölkerung bereit.


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Was bringt uns das neue Patientenrechtegesetz?

Der Beitrag erschien in der Ausgabe Mai 2012 des Thüringer Rheuma-Magazins 4B.

Autor

Kerstin Keding-Bärschneider

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