Statement von Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen, anlässlich der ab 01.09.2022 verbindlich geltenden Tarifbindung in der Pflege

„Für den vdek und die Ersatzkassen steht fest: Der Pflegeberuf muss attraktiver werden. Eine Maßnahme hierbei ist die ab heute verbindlich geltende Tarifbindung bei der Vergütung. Die Pflegekassen in Hessen arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung der Anpassung für die Pflegekräfte. In Zusammenarbeit mit den Verbänden der Pflegeanbieter wurden in Hessen gute und pragmatische Lösungen zur flächendeckenden Umsetzung der Tariflöhne in der Pflege gefunden. Die Umsetzung ist bereits auf einem guten Weg.

Gleichwohl hat die Medaille zwei Seiten: Eine deutliche Steigerung der Personalkosten führt in den derzeitigen Strukturen unweigerlich zu einer spürbaren Erhöhung der Preise. Dies bringt viele Pflegebedürftige an den Rand ihrer finanziellen Belastungsfähigkeit. Hier ist die Politik gefordert, zeitnah weitere Entlastungen für die Pflegebedürftigen zu finden, sowohl für die stationär als auch für die ambulant versorgten.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Pflege nicht nur durch die Tarifbindung, sondern auch die inflationsbedingten Kostensteigerungen, wie z. B. bei Nebenkosten oder Verpflegung, immer teurer wird. Bereits heute zahlen Pflegebedürftige in Hessen, die kürzer als ein Jahr in einer stationären Pflegeeinrichtung leben, einen Eigenanteil von monatlich durchschnittlich 2.119 Euro (Stand 01.07.2022). Zusätzlich wird auch die Finanzsituation in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) insgesamt immer prekärer – für 2022 wird ein Defizit von minus 2,3 Milliarden Euro geschätzt. Das angekündigte Bundesdarlehen von einer Milliarde Euro ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, der wegen der Rückzahlungspflicht der Pflegekassen im kommenden Jahr gleich wieder verpufft.

Die Politik ist gefragt, endlich eine nachhaltige Finanzlösung zu präsentieren, die auch das Problem der steigenden Eigenanteile in der stationären und ambulanten Altenpflege berücksichtigt. Die „Kleine Pflegereform“ mit den für den Aufenthalt in stationären Pflegeeinrichtungen nach Wohndauer gestaffelten Leistungszuschlägen der Pflegeversicherung hat besonders bei kurzen Aufenthalten nur einen begrenzten Effekt, der durch stark steigende Lohn-, Energie- und Lebenshaltungskosten aufgezehrt wird. Die Politik muss zeitnah handeln, denn gute Pflege muss für alle finanzierbar sein!“

Hintergrundinformationen

Ab 01.09.2022 dürfen die Pflegekassen gemäß § 72 Abs. 3a-f SGB XI Versorgungsverträge nur noch mit Einrichtungen abschließen, die ihre Pflegekräfte mindestens auf Tarifniveau bezahlen. Um dies umzusetzen, mussten die hessischen Pflegeheime und Pflegedienste die Pflegekassen darüber informieren, welchen Tarifvertrag sie anwenden bzw. an welchen sie sich anlehnen, um ggf. notwendige Anpassungen der Vergütung im Rahmen der Pflegesatzvereinbarungen geltend zu machen.

 

Kontakt

Heike Kronenberg
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Hessen

Tel.: 0 69 / 96 21 68 - 20
E-Mail: heike.kronenberg@vdek.com