Vor allem die seit 01.09.2022 geltende Tarifpflicht, aber auch steigende Lebensmittelpreise schlagen sich deutlich in der Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen in den stationären Pflegeeinrichtungen in Hessen nieder. Eine aktuelle Auswertung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) zeigt, dass die Beträge für pflegebedingte Aufwendungen, Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten, die hessische Pflegebedürftige in Pflegeheimen aus eigener Tasche bezahlen müssen, im Zeitraum vom 01.01.2022 bis 01.01.2023 erneut stark gestiegen sind.
Eigenbeteiligung steigt vor allem bei den pflegerischen Kosten
Für hessische Pflegebedürftige, die bis zu zwölf Monate im Pflegeheim versorgt wurden, stiegen die Kosten um 257 Euro auf durchschnittlich 2.335 Euro im Monat, 12,37 Prozent mehr als im Vorjahr. Pflegebedürftige, die bereits ein bis zwei Jahre im Heim verbringen, müssen durchschnittlich 2.112 Euro im Monat (plus 11,04 Prozent = plus 210 Euro) zuzahlen. Wer mehr als zwei Jahre im Pflegeheim verbrachte, muss 1.888 Euro monatlich (plus 9,45 Prozent = plus 163 Euro) aufbringen und Pflegebedürftige mit einer Aufenthaltsdauer von über drei Jahren zahlen jetzt 1.608 Euro im Monat (plus 6,84 Prozent = plus 103 Euro).
Keine nachhaltige Entlastung für Pflegebedürftige
Die Steigerung erfolgt vor allem bei den pflegerischen Kosten, dem sogenannten Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Er wuchs um mehr als 26 Prozent, und dies, obwohl die Pflegebedürftigen seit Anfang des Jahres 2022 durch eine gesetzliche Neuregelung deutlich entlastet werden. Seitdem beteiligen sich die Pflegekassen mit einem nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Leistungszuschlag von fünf bis 70 Prozent an den Pflegekosten. Sie stellten hierfür bundesweit in 2022 eine Gesamtsumme in Höhe von rund 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung – im laufenden Jahr werden es sogar deutlich über 4 Milliarden Euro sein. Aber auch für Unterkunft und Verpflegung mussten Pflegebedürftige in Hessen wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise rund vier Prozent mehr als im Vorjahr zahlen.
Tarifpflicht und Personalbemessung sind wichtig, müssen aber finanziert werden
Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen erklärt: „Erneut steigt der finanzielle Eigenanteil für Pflegebedürftige und deren Angehörige, die oft nicht wissen, wie sie diese Kosten bezahlen sollen. So wird Pflegebedürftigkeit immer mehr zu einem Armutsrisiko. Die Soziale Pflegeversicherung wurde einmal mit dem Ziel gegründet, genau dies zu vermeiden.“ Durch die Einführung eines bundesweit einheitlichen Personalbemessungsinstruments zum 01.07.2023 und die weiter steigenden Löhnen werden auch in Hessen weitere Belastungen auf die Pflegebedürftigen zukommen. „Die Tarifbindung und das neue Personalbemessungsinstrument sind beides wichtige Instrumente, die aber finanzierbar bleiben müssen – denn gute Pflege muss für alle bezahlbar bleiben“, so Ackermann weiter. „Die Beitragszahlenden können das alleine nicht stemmen.“
Schlüssiges Gesamtkonzept für die Pflege notwendig
Bis zum 01.07.2023 ist die Politik gefordert, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung der Kinderanzahl bei den Beitragssätzen zur Pflegeversicherung umzusetzen. Ackermann fordert daher: „In diesem Zuge sollte die Politik auch ein schlüssiges und nachhaltiges Gesamtkonzept zur Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung mit fest verankerten und dynamisierten Steuerzuschüssen vorlegen. Dabei steht auch das Land Hessen in der Verantwortung, endlich die Investitionskosten für die Pflegeeinrichtungen zu übernehmen. Dies allein würde den Pflegebedürftigen in Hessen eine erhebliche Entlastung von 507 Euro im Monat bringen.“ Auch sollte die private Pflegepflichtversicherung endlich an einem solidarischen Finanzausgleich der SPV beteiligt werden: „Eine umfassende Pflegereform ist dringend notwendig,“ so Ackermann abschließend.
Kontakt
Heike Kronenberg
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Hessen
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