Statement von Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen

vdek fordert weitere Korrekturen beim NotfallG - Rettungsdienst muss immer mitgedacht werden

Am heutigen Mittwoch wird der Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung (NotfallGesetz) in erster Lesung im Parlament beraten. Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen, erklärt aus diesem Anlass:

„In Hessen wie auch in ganz Deutschland besteht erheblicher Optimierungsbedarf bei der Versorgung von Notfallpatientinnen und -patienten. Derzeit ist sie zu wenig an den tatsächlichen Bedürfnissen der Patient:innen ausgerichtet. Sektorale Grenzen sowie eine Vielzahl unterschiedlicher rechtlicher Zuständigkeiten und mitwirkender Akteure führen zu erheblichen Brüchen in der Versorgung. Mit der Beratung des Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung im deutschen Bundestag wird heute eine weitere wichtige Hürde zur Reform der dringend notwendigen Notfallversorgung in Deutschland genommen.

Der Gesetzentwurf beinhaltet gute Ansätze, um die Notfallversorgung strukturell und damit auch die Steuerung der Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsform maßgeblich zu verbessern. Dadurch können auch Krankenhäuser und das Krankenhauspersonal von unnötig überfüllten Notfallaufnahmen entlastet werden. Ein zentraler Baustein ist dabei die flächendeckende Errichtung von Integrierten Notfallzentren (INZ) mit gemeinsamen Tresen, an dem Hilfesuchende in örtlicher Nähe Kontakt zur Notaufnahme eines Krankenhauses und einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) haben. Ein weiterer wichtiger Baustein ist der Aufbau der Akutleitstellen bei den KVen, die unter der Telefonnummer 116117 schneller erreichbar sein sollen, und Patientinnen und Patienten per Telefon, Video und Hausbesuchsdiensten rund um die Uhr beraten.

Mut zu durchgreifenden Reformen des Rettungsdienstes

Die Ersatzkassen unterstützen den Aufbau dieser neuen Strukturen ausdrücklich. Leider klammert der vorliegende Gesetzentwurf jedoch trotz klarer Erkenntnisse über erhebliche Strukturmängel, Fehlversorgung und Unwirtschaftlichkeit den Rettungsdienst als zentrale dritte Säule der Notfallversorgung erneut weitgehend aus. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, müssen die drei Säulen der Notfallversorgung deutlich besser und effizienter zusammenarbeiten. So sind nach Aussage des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst e.V. (DBRD) über 80 Prozent der Rettungsdiensteinsätze medizinisch nicht gerechtfertigt. Alleine die Kosten für den Einsatz von Rettungswagen sind im Zeitraum von 2012 bis 2022 bundesweit von rund 1,5 auf rund vier Milliarden Euro und damit um 163 Prozent gestiegen. Für viele Menschen ist die Rufnummer 112 noch immer die erste Anlaufstelle im Notfall. Nach wie vor ist noch nicht überall bekannt, dass diese Rufnummer jedoch nur für akute Notfälle gedacht ist.

Zwar sieht das Gesetz auch die Möglichkeit zur Errichtung von gemeinsamen Leitstellen vor, die alle Anrufe der Rettungsdienstleitstelle (112) und der Akutleitstellen der KVen (116117) entgegennehmen. Diese Regelung muss jedoch verpflichtend im Gesetz verankert werden. Ansonsten werden weiterhin viele Menschen vom Rettungsdienst ohne Not ins Krankenhaus gefahren. Um das zu verhindern, müssen die Leitstellen zu echten Gesundheitsleitstellen ausgebaut werden. Von dort aus kann durch dafür nach internationalen Standards geschultes Personal eine systematische Steuerung der Patientinnen und Patienten in die jeweils notwendige Versorgung, z.B. auch in psychosoziale oder pflegerische Versorgungsbereiche stattfinden. Dringend erforderlich sind auch eine bedarfsgerechte Planung des Rettungsdienstes sowie eine Vereinheitlichung und Reduzierung der Leitstellen zu größeren Einheiten. Als Richtwert gilt eine Leitstelle auf circa eine Million Einwohner. Gegenwärtig gibt es Hessen 25 Rettungsleitstellen für die knapp 6,3 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner. Nur so können einheitliche Qualitätsstandards in der Versorgung und Transparenz hierübersichergestellt werden.

Um einheitliche Rettungsdienststrukturen mit klaren Zuständigkeiten in ganz Deutschland zu schaffen, sollte der Rettungsdienst im SGB V verankert werden. Damit würde auch klargestellt, dass die Krankenkassen die Vergütung nicht nur dann übernehmen, wenn Versicherte mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht werden, sondern auch, wenn diese fallabschließend am Notfallort oder telemedizinsch behandelt werden können.”

Weitere Informationen:

Zur Zukunft der Notfallversorgung und des Rettungsdiensts fand am 21.05.2024 die vdek-Fachveranstaltung „Rettung in Not - Reformbedarf in der Notfallversorgung“ - Patientensicherheit statt Gefahrenabwehr - in Frankfurt statt. Fachexperten und Vertreter:innen des Hessischen Ministeriums für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG), der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, der rettungsdienstlichen Leistungserbringer und des vdek diskutierten dort zentrale Fragen zur Zukunft der Notfallversorgung und des Rettungsdiensts, rechtliche Rahmenbedingungen sowie Möglichkeiten der Umsetzung neuer Konzepte zur Weiterentwicklung des Rettungsdienstes. Die Veranstaltung wurde via Livestream übertragen und ist auch als Mitschnitt auf dem YouTube-Kanal der vdek-Landesvertretung Hessen verfügbar.

Kontakt

Heike Kronenberg
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Hessen

Tel.: 0 69 / 96 21 68 - 20
E-Mail: heike.kronenberg@vdek.com