Damit Menschen verantwortungsvolle Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen können, benötigen sie leicht verständliche, seriöse Informationen. Nur so können sie selbstbestimmt ihre eigene Gesundheit erhalten oder fördern. Dabei hilft ihnen ihre eigene Gesundheitskompetenz.
Unter Gesundheitskompetenz versteht man die Fähigkeit, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen und schließlich anwenden zu können. Die Informationen können dabei beispielsweise aus einem Arztgespräch, einer Broschüre, der Tageszeitung oder einem Internetportal stammen. In einem nächsten Schritt müssen die gefundenen Informationen verstanden, aber auch eingeordnet werden: Sind die Angebote seriös? Ist die Quelle vertrauenswürdig? Werden weitere Informationen benötigt und wenn ja, welche?
Nur wer beurteilen kann, ob Gesundheitsinformationen seriös sind, kann sie für eine Entscheidungsfindung in Gesundheitsfragen nutzen. Mit der großen Menge an Informationen und Angeboten, die inzwischen online zur Verfügung stehen, steigen auch die Anforderungen an die Nutzerinnen und Nutzer. Hier ist die digitale Gesundheitskompetenz wichtig. Sie beinhaltet nicht nur die allgemeine Gesundheitskompetenz, sondern auch Fähigkeiten, sich in digitalen Angeboten zurechtzufinden und auf digitalem Weg zu informieren.
Jeder zweite Deutsche besitzt nur eine geringe Gesundheitskompetenz
Eine Studie der Universität Bielefeld belegt, dass mehr als die Hälfte der Deutschen eine geringe Gesundheitskompetenz besitzt. Die digitale Gesundheitskompetenz ist sogar bei 75,8 Prozent nur gering. Der Anteil von Menschen mit geringer (digitaler) Gesundheitskompetenz liegt unter den vulnerablen Bevölkerungsgruppen, wie Menschen mit weniger Bildung, ältere, ggf. chronisch kranke Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund, zum Teil über 80 Prozent. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass Gesundheitskompetenz insgesamt in Deutschland ungleich verteilt ist.
Eine geringe Gesundheitskompetenz kann zur Folge haben, dass Betroffene schlechte Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten entwickeln und häufiger erkranken. Der subjektive Gesundheitszustand ist oftmals schlechter als bei Menschen mit hoher Gesundheitskompetenz.
Digitale-Versorgung-Gesetz schafft Grundlage für Kompetenzförderung
Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) wurde im Dezember 2019 eingeführt und soll dieser Ungleichverteilung entgegenwirken. Gleichzeitig soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens stärker voranschreiten. Viele Versicherte nutzen bereits Gesundheits-Apps, z.B., um ihre Blutzuckerwerte zu dokumentieren. Laut DVG müssen derartige Apps vom Arzt verschrieben werden. Die Kosten trägt die gesetzliche Krankenversicherung. Die gesetzlichen Krankenkassen sind durch das DVG verpflichtet, Angebote zur Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz zu erstellen. Versicherte können so etwa den Umgang mit Gesundheits-Apps oder der elektronischen Patientenakte erlernen. Ziel ist es, eine aktive Befähigung aller Versicherten zu schaffen, gleichberechtigt und selbstbestimmt digitale Angebote zur Gesundheitserhaltung und –förderung zu nutzen.
Ersatzkassen fördern Gesundheitskompetenz mit eigenen Angeboten
Die Ersatzkassen unterstützen ihre Versicherten mit Projekten und passgenauen Versorgungsangeboten dabei, die individuelle allgemeine wie auch die digitale Gesundheitskompetenz auf- und auszubauen. Damit leisten sie wichtige Aufklärungsarbeit, um ihren Versicherten so eine noch bessere und individuellere Versorgung anbieten zu können. Aktuell ist im Sommer 2022 auch das Ersatzkassen-Vorhaben "Gesund digital - Fit für Apps und Internet" gestartet.
Der Aufbau digitaler Gesundheitskompetenz ist letztlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Neben den Patientinnen und Patienten müssen auch alle an der Versorgung beteiligten Akteure miteinbezogen werden. Gesundheitskompetenz beruht nicht allein auf den persönlichen Fähigkeiten eines Menschen, sondern hängt auch von der Komplexität und eventuellen Zugangsbarrieren in der jeweiligen Lebenswelt ab. Es empfiehlt sich deshalb, bei Angeboten zur Förderung der Gesundheitskompetenz nicht nur individuell zu fördern, sondern auch die Strukturen des Gesundheitssystems mit allen Akteuren zugänglicher zu machen. Nur so können die Anwendungsfelder der Digitalisierung auch genutzt werden.