Prof. Dr. med. Harald Schäfer
Chefarzt
Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Infektiologie, Schlafmedizin und medikamentöse Tumortherapie
Chefarzt
Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Infektiologie, Schlafmedizin und medikamentöse Tumortherapie
Frage: Als Zentrum für Lungenerkrankungen haben die SHG-Kliniken in Völklingen tagtäglich auch mit Patient:innen mit Krebserkrankungen zu tun. Wo liegt aus Ihrer Sicht der größte Nutzen des Krebsregisters Saarland für die im Zentrum behandelten Patient:innen?
Antwort: Nach der Erweiterung und des Umbaus des Saarländischen Krebsregisters zu einem flächendeckenden klinisch-epidemiologischen Krebsregister werden nun patientenbezogen alle Behandlungsdaten sowie die klinischen Verlaufsdaten und Nachsorgedaten erfasst. Aufgrund der zunehmenden Komplexität der onkologischen Therapie ist eine sektorenübergreifende Kooperation der unterschiedlichen Fachgebiete und Behandler sowie eine genaue Dokumentation der Verfahren und Ergebnisse heutzutage zum Wohle der Patienten unabdingbar.
Die vollzählige, einheitliche und detaillierte Erfassung der Daten ist für zertifizierte Krebszentren, wie in unserem Lungenkrebszentrum, im Rahmen der Qualitätssicherung obligat. Nach entsprechender Aufbereitung durch das Krebsregister stehen die Daten dann dem Zentrum wiederum zur Qualitätssicherung und Analyse zur Verfügung. Durch die Analyse der Daten zu den klinischen Verläufen im Rahmen der jährlichen Zertifizierungsprozesse der Zentren ergeben sich Rückschlüsse auf die regionale Situation einer Tumorerkrankung mit ggf. bestimmten externen Einfluss- bzw. Risikofaktoren aber auch Informationen z.B. über den Einfluss bestimmter Therapien auf die Prognose und auch das Rückfall- bzw. Metastasenrisiko. Insbesondere die Ergebnisqualität der Behandlung hat unmittelbare Auswirkungen auf die jeweilige Versorgungssituation für die Patienten des Zentrums, die dann von diesen Erkenntnissen profitieren.
Frage: Neben dem Nutzen für die Krebspatient:innen sollen die Krebsregister auch die Transparenz in der Krebsbehandlung fördern und einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität leisten. Haben Sie hier ein Beispiel, wie das Krebsregister diese Ziele unterstützen kann?
Antwort: Durch die eingangs skizzierte detaillierte Erfassung der klinischen Verlaufsdaten und deren Aufarbeitung liefert das Krebsregister einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung und auch Transparenz und Erkenntnisgewinn in der klinischen Versorgungssituation der Tumorpatienten. So stehen diese Daten dann beispielsweise den zertifizierten Zentren im Rahmen der internen Qualitätssicherung und den jährlichen Zertifizierungsverfahren sowie im Benchmarking bei bestimmten Fragestellungen zur Verfügung. Darüber hinaus können die Daten aller Patienten einer bestimmten Tumorentität beispielsweise im Rahmen von jährlichen Qualitätskonferenzen des Krebsregisters mit den Tumorzentren diskutiert werden und wichtige Fragen der Versorgungsqualität, wie der Umsetzung von Leitlinienempfehlungen in der regionalen Versorgungsrealität aber auch epidemiologische Fragestellungen wie z.B. den Einfluss bestimmter Umweltfaktoren wie Radon oder die Raucherprävalenz beim Lungenkrebs diskutiert und wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Auch der Einfluss von Präventions- oder Früherkennungsmaßnahmen auf die Entwicklung bestimmter Tumorentitäten kann auf regionaler Ebene genauer analysiert werden. Letztlich liefern diese Daten der klinischen Krebsregister einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Versorgungsforschung zur Qualitätsverbesserung in der Krebsbehandlung. So konnte beispielsweise durch die Analyse von bundesweiten Abrechnungsdaten sowie den Daten aus vier Krebsregistern kürzlich gezeigt werden, dass Patienten mit bestimmten Tumorentitäten einen Überlebensvorteil haben, wenn sie in zertifizierten Krebszentren behandelt werden.
Frage: Das Krebsregister Saarland hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem Krebsregister verändert? Wo sehen Sie weitere Entwicklungsmöglichkeiten und -erfordernisse?
Antwort: Der Umbau bzw. die Erweiterung zu einem klinischen Krebsregister hat durch die erheblich erweiterte Datenbasis, insbesondere auch in Bezug auf detaillierte Behandlungs- und Verlaufsdaten, zu einer deutlichen Intensivierung der Zusammenarbeit gerade auch der Tumorzentren mit dem Krebsregister Saarland geführt. Durch die Festlegung auf bundeseinheitliche Basisdatensätze und erweiterte Datensätze werden, gerade auch in Zeiten enger Personalressourcen, redundante Datenerhebungen vermieden, die Daten werden digital exportiert und es sind damit auch überregionale Auswertungen innerhalb der Krebsregister möglich. Für die Tumorzentren ist die Aufarbeitung der Daten durch das klinische Krebsregister sicherlich ein Zugewinn, sowohl bei den Zertifizierungen zur Qualitätssicherung, als auch im Rahmen von Qualitätskonferenzen mit dem Krebsregister zur Klärung klinisch wichtiger Fragestellungen im Rahmen der Krebsbehandlung. Dies kommt dann letztlich auch wieder der Qualitätssicherung und Verbesserung der klinischen Versorgung zugute bzw. begründen auch Initiativen in der Versorgungsforschung.
Gerade in der Onkologie ist die sektorenübergreifende Behandlung heutzutage Standard. Somit spielen sicherlich die Krebsregister aufgrund ihrer zentralen Datenbasis zukünftig eine wichtige Rolle in der sektorenübergreifenden onkologischen Qualitätssicherung. Die stetige Fortentwicklung in der Onkologie erfordert entsprechend rasche Anpassungen der Datenerhebung und Aufarbeitung sowie auch die Möglichkeit eines zeitnahen bidirektionalen Austausches zwischen Krebsregistern und Tumorzentren. Hierfür sind auch in Zukunft ausreichende finanzielle Mittel notwendig.
Mit Hilfe von Krebsregistern lassen sich viele nützliche Informationen, sowohl für die Prävention als auch für die konkrete Therapieauswahl, gewinnen. Mehr zu den Aufgaben und Möglichkeiten des saarländischen Krebsregisters im Fokus Krebsregister. » Lesen