Die ambulante Versorgung steht vor großen Herausforderungen. Bereits jetzt ist es für Patienten oft nicht einfach, einen Arzttermin zu bekommen. Die älter werdende Gesellschaft und die Verrentung von vielen Ärzten werden das Problem verschärfen.
„Mehr als jeder dritte Hausarzt ist derzeit im Rentenalter“, sagte der Mediziner und Gründer mehrerer Medizinscher Versorgungszentren (MVZ), Prof. Wolfgang von Meißner, am 01.10.2025 bei den Gesprächen am Fluss des vdek in Bremen. Durch die steigende Lebenserwartung geht der voraussehbare Ärztemangel zudem mit komplexeren Gesundheitsproblemen einher, so der Internist aus Baiersbronn.
Der Verband der Ersatzkassen hatte die jährlich stattfindenden Gespräche am Fluss organisiert, bei denen es in diesem Jahr um die ambulante Versorgung auf dem Weg zu neuen Strukturen ging. Dabei lag der Fokus auf der Frage, wie Veränderung in kleinen Schritten und in der Region möglich ist.
Am Beispiel seines MVZ im Schwarzwald erläuterte von Meißner die Vorteile einer digital optimal aufgestellten Praxis. Gerade vor dem Hintergrund der Ressourcenknappheit seien Digitalisierung und Delegation so wichtig, da sie erst den Freiraum für ein fokussiertes, zugewandtes Gespräch mit den Patienten schaffen, so von Meißner.
Regionale Gesundheitszentren
„Die hausärztliche Versorgung ist im internationalen Vergleich nicht optimal aufgestellt“, konstatierte Boris von Maydell, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des vdek. Mit einer - in Relation zu den Fachärzten - niedrigen Zahl an Hausärzten, überwiegend Einzelpraxen und mangelnder Delegation an andere Gesundheitsberufe, fehlten dem Hausarztbereich wichtige Voraussetzungen für zukunftsorientierte Strukturen. Zudem versorgten Hausärzte in Deutschland weniger fallabschließend als in anderen Ländern, was dazu führt, dass unnötig viele Patienten an Fachärzte weitergeleitet werden, so von Maydell.
Anhand des vom vdek geförderten Modells „Regionale Gesundheitspartner“ zeigte er auf, wie eine zukunftsgerichtete Versorgung im Rahmen von Regionalen Gesundheitszentren (RGZ) aussehen kann: Mindestens vier Hausärzte, angegliederte Fachärzte und weitere Gesundheitsprofessionen sowie nichtärztliches Fachpersonal, wie zum Beispiel Physician Assistents (medizinische Ausbildung mit Hochschulabschluss). Dies führe zu einer fachübergreifenden, koordinierten Versorgung, die mit telemedizinischer Ausrüstung auch ambulant aufsuchend durch geschultes Personal möglich ist.
Bremische Aspekte
Gerade der medizinische Fachberuf der Physician Assistents kann mit seinen erweiterten Kompetenzen Ärzte effektiv unterstützen. Den Studiengang an der Hochschule Bremerhaven, der im kommenden Jahr die ersten 35 bis 40 Absolventen entlassen wird, stellte Frau Prof. Jana Hummel vor.
Da junge Mediziner nicht mehr unbedingt allein eine Praxis gründen, sondern flexibel bleiben wollen und auf eine ausgewogene Work-Life-Balance achten, braucht es neue Angebote.
Eines davon, den „Gesundheitshaven“ in Bremerhaven, stellte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, Dr. Bernhard Rochell vor. Dieses Anfang 2026 an den Start gehende Praxismodell soll Mediziner über eine Anstellung und Förderung in die Selbstständigkeit in der Seestadt führen.
„Wir können hier nicht auf den großen Wurf des Gesetzgebers warten, der die Versorgung revolutioniert und alle Probleme löst. Vielmehr wird es viele kleine und mittelgroße Lösungen geben: Digitalisierung, eine bessere Patientensteuerung und die Aufwertung von medizinischen Fachberufen können dazu beitragen, eine gute Versorgung zu gewährleisten und sie vielleicht sogar zu verbessern", sagte der Leiter der vdek-Landesvertretung Torsten Barenborg abschließend.
(Einen ausführlichen Bericht, die Vorträge und eine Bildergalerie finden Sie hier.)

Bei den diesjährigen Gesprächen am Fluss begrüßte Torsten Barenborg (2.v.l.), Leiter des vdek Bremen seine Gäste (v.r.n.l.) Boris von Maydell (vdek), Prof. Dr. Jana Hummel (Hochschule Bremerhaven), Dr. Bernhard Rochell (KVHB) sowie Prof. Dr. Wofgang von Meißner (ganz links).
Kontakt
Christiane Rings
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Bremen
Tel.: 04 21 / 1 65 65 - 76
E-Mail: christiane.rings@vdek.com
und
Birgit Tillmann
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Bremen
Tel.: 04 21 / 1 65 65 - 84
E-Mail: birgit.tillmann@vdek.com