Sektorenübergreifende Versorgung

Um chronisch kranke und multimorbide Patientinnen und Patienten besser, schneller und umfassender versorgen zu können, sind neue und gute Versorgungsideen gefragt. Doch viele Ideen können nicht umgesetzt werden. Sie scheitern unter anderem an den Grenzen zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens (stationär und ambulant).

Die Hauptprobleme bei sektorenübergreifender Versorgung sind die unterschiedliche Honorierung der Leistungen, die Finanzierung von Investitionen, die Qualitätssicherung und die Dokumentation. Außerdem kommunizieren die Akteure der verschiedenen Bereiche nicht immer miteinander.

Bessere Verzahnung als Fortschritt

Wenn es gelänge, die beiden Sektoren besser zu verzahnen, wäre dies ein Fortschritt für Patientinnen und Patienten: Schnellere Diagnosen, die Beseitigung von Brüchen in der Informationsweitergabe zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen und aufeinander abgestimmte Behandlungsschritte würden zu einer besseren Therapie führen.

Die Ersatzkassen setzen sich daher dafür ein, die Sektorengrenzen zu überwinden. Daher konzipieren und unterstützen die Ersatzkassen auch in Bremen neue Versorgungskonzepte, um den ambulanten und den stationären Bereich nachhaltig zu vernetzen und den Nutzen für die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Ausgangspunkt dieser besseren Vernetzung ist das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a.

Psychiatrie-Modell in der Gesundheit Nord

Um die Versorgung von psychisch kranken Menschen vor Ort zu verbessern, startete Anfang 2024 ein Modellprojekt in Bremen: Psychiatrische und psychosomatische Patientinnen und Patienten sollen künftig flexibel wechseln können zwischen vollstationärer Unterbringung im Klinikum Bremen-Ost (KBO) bzw. im Klinikum Bremen-Nord (KBN), regionalen Tageskliniken und psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) sowie aufsuchender ambulanter Hilfe in der häuslichen Umgebung, dem so genannten Hometreatment.

Damit werden in diesem Bereich die Sektorengrenzen durchlässig, zum Wohl der Patientinnen und Patienten. Ermöglicht wird dies durch ein Gesamtbudget, das alle vier Versorgungs- und Leistungsbereiche umfasst und das individuell nach den jeweiligen Erfordernissen der erkrankten Menschen genutzt werden kann. Dafür arbeiten die psychiatrischen Kliniken, PIA und Tageskliniken des kommunalen Klinikverbundes Gesundheit Nord (GeNo) eng in den fünf Bremer Regionen (Mitte, Nord, Ost, Süd, West) zusammen. Auf diese Weise soll der Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung erleichtert und die Maßnahmen ganzheitlich aufeinander abgestimmt werden.

"Bremen ambulant vor Ort" als Vorreiter

Bereits 2019 haben die GeNo als Träger der kommunalen Kliniken und die Gesetzlichen Krankenkassen als Kostenträger begonnen, stationäre Behandlungen in eine neue flexibel-aufsuchende Versorgung (Bremen ambulant vor Ort, BravO) umzustellen. Die Erfahrungen in den Regionen Mitte und Ost zeigen, dass dieser Weg der Transformation erfolgreich ist. Daher soll BravO nun auch in regionalen Behandlungszentren in anderen Stadtteilen durch multidisziplinäre Teams ausgeweitet und mit allen Angeboten im gemeindepsychiatrischen Netzwerk verknüpft werden.

Zukünftig können Patienten und Patientinnen in Krisensituationen je nach Bedarf und wenn nötig auch täglich zwischen den ambulanten, teil- und vollstationären psychiatrischen Angeboten wechseln. Der sektorenübergreifende Austausch zwischen den Einrichtungen wird gewährleistet, so dass die individuelle Behandlung abgestimmt werden kann. Betreut werden die Erkrankten durch eine persönliche therapeutische Begleitung, die eine Behandlungs- und Beziehungskontinuität sicherstellt.

Wohnortnahe und patientennahe Versorgung verbessern

Ziel ist es, die Versorgungsqualität in der Stadt Bremen zu verbessern, die ambulante wohnortnahe Behandlung der psychiatrischen Patientinnen und Patienten zu stärken und langfristig den Umfang der vollstationären Versorgung am KBO und KBN bedarfsgerecht zu minimieren. Damit soll die Psychiatrie-Reform im Land, die vor über zehn Jahren von der Bremischen Bürgerschaft einstimmig beschlossen wurde, einen großen Schritt vorangebracht werden.

Gesetzliche Grundlage für das innovative Bremer Modell ist der § 64b SGB V, nach dem Modellvorhaben für die psychiatrische Versorgung in jedem Bundesland eingerichtet werden sollen. Das Projekt soll mindestens bis 2031 laufen.