Pflege: Umfassende Reform notwendig

Kommentar von Hanno Kummer, Leiter der vdek-Landesvertretung Niedersachsen

Wer in einem Pflegeheim lebt, muss mittlerweile in Niedersachsen im Schnitt 2.273  Euro pro Monat dazuzahlen. Das ist in etwa das Doppelte des Betrags, der als Netto von einer gesetzlichen Durchschnittsrente übrig bleibt. Das bedeutet: Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, sind am Ende des Lebens auf Sozialhilfe angewiesen. Das wird dem Selbstverständnis der eigenen Lebensleitung ganz sicher nicht gerecht.

Darüber hinaus ist das vielfach auch ein ganz praktisches Problem, zum Beispiel, wenn ein Lebenspartner noch in der gemeinsamen Wohnung lebt, und die gemeinsame Rente dann ggf. nicht mehr für die Miete reicht. Damit greift ein Kernversprechen der Sozialhilfe nicht mehr, nämlich die Menschen vor den existenziellen Lebensrisiken zu schützen.

Betroffene entlasten

Hier ist auf Bundesebene eine umfassende Reform notwendig, mit dem Ziel, die Betroffenen finanziell nicht zu überfordern. Im Übrigen könnten auch die Länder für Entlastung sorgen. Die Länder sind nach dem Sozialgesetz verantwortlich für die Vorhaltung der pflegerischen Versorgungsstruktur. Sie sollten deshalb wie auch im Krankenhausbereich die Investitionskosten für die Gebäudeinstandhaltung der Pflegeheime übernehmen. Dadurch würden Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen in Niedersachsen heute im Schnitt jeden Monat rund 500 Euro sparen.

Ein wesentlicher Grund für die Kostensteigerung in der Pflege ist die bessere Bezahlung der Pflegekräfte. Es besteht Einigkeit, dass eine angemessene, faire Bezahlung der Pflegekräfte völlig richtig und auch notwendig ist. Sichergestellt wird diese angemessene Bezahlung durch die gesetzliche Tariftreueregelung, die seit September 2022 gilt. Pflegeeinrichtungen müssen ihre Beschäftigten seitdem nach Tarif oder angelehnt an Tariflohn-Niveau bezahlen.

Angebote besser abstimmen

Dadurch hat sich übrigens auch ein Argument erledigt, das die Diskussion um die Pflege jahrelang geprägt und sicherlich auch belastetet hat. Wenn wir über Herausforderungen für die künftige Sicherstellung der Pflege sprechen, geht es nicht mehr um die Bezahlung der Beschäftigten. Es gilt nun, sich anderen Aspekten zuzuwenden. Arbeitgeber in der Pflege sind gefordert, auch jenseits der Bezahlung attraktive Arbeitsbedingungen zu gestalten.

Und wir müssen über bessere Abstimmungen der Angebote sprechen. Das wird offensichtlich, wenn man zum Beispiel sieht, wie viele Autos unterschiedlicher ambulanter Dienste Tag für Tag ein und dieselben Straßen ansteuern und Pflegekräfte damit insgesamt mehr Zeit als notwendig hinter dem Steuer statt bei den Menschen verbringen.