Der Freistaat Sachsen verfügt über eine gute Struktur an spezialisierten Angeboten der stationären und ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung. Es gibt zahlreiche Leistungs- und Beratungsangebote, deren Synergien zukünftig stärker in den Fokus rücken müssen – gerade vor dem Hintergrund der zunehmend hochaltrigen Bevölkerungsanteile im Freistaat.
Demografische Faktoren als wichtige Einflussgröße
Der Freistaat Sachsen ist eines der Bundesländer, welche vom demografischen Wandel am stärksten beeinflusst sind: Zum einen steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung kontinuierlich an, zum anderen ist gerade in der Fläche ein weiterer, sich im Verlauf verstärkender Bevölkerungsrückgang zu erwarten. Entsprechend vorausschauend müssen pflegerische und hospizlich-palliative Versorgungsstrukturen den Bedarfen der zunehmend hochaltrigen Bevölkerungsanteile angepasst werden. Auch die Zahl der Verstorbenen stieg in den letzten Jahren deutlich an und lag im Jahr 2021 bei 64.373 Personen.
Den Tagen mehr Leben geben: hospizlich-palliative Versorgung
Palliativmedizin und Hospizarbeit haben zum Ziel, unheilbar erkrankte und sterbende Menschen zu begleiten und ihnen eine möglichst selbstbestimmte letzte Lebensphase in Würde und ohne Schmerzen zu ermöglichen. Dabei versterben rund drei Viertel der Menschen in Institutionen: mehr als die Hälfte im Krankenhaus, knapp jeder Fünfte im Pflegeheim - obwohl Studien belegen, dass die Mehrzahl unheilbar Erkrankter und Sterbender sich wünscht, die Zeit kurz vor dem Tod in einer vertrauten Umgebung zu verbringen. Nur knapp jeder Vierte verstirbt in der Häuslichkeit, mit rückläufiger Tendenz. Und lediglich 5% verbringen ihre letzten Tage im Hospiz, 1% auf Palliativstationen (Quelle: Studie „Sterbeorte in Deutschland“).
Status Quo der Hospiz- und Palliativversorgung in Sachsen
Aus verschiedenen Gründen wird weiterhin vorwiegend in Institutionen verstorben. Entsprechend werden Angebote zur Palliativversorgung und Sterbebegleitung in allen Bereichen benötigt, insbesondere auch breitenwirksame Angebote in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Beim Aufbau von Strukturen im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung wurde bisher der Schwerpunkt auf spezialisierte Angebote gelegt. Diese Angebote sind notwendig und gerade Sachsen ist strukturell hier gut aufgestellt. Mit 262 palliativmedizinischen Krankenhausbetten auf 34 Palliativstationen verfügt der Freistaat im Bundeslandvergleich diesbezüglich sogar über eine überdurchschnittliche Versorgungslage. Wünschenswert wäre hier künftig eine Erhöhung der Transparenz stationär vorgehaltener Palliativbetten durch deren Wiederaufnahme in den Landeskrankenhausplan.
Im Bereich der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung - SAPV (15 Teams sowie ein Team für spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung – SAPPV), stationären Hospize (15, darunter ein Kinderhospiz) wie ambulanten Hospizdienste (49 sowie 6 ambulante Kinderhospizdienste) ist im Freistaat grundsätzlich eine flächendeckende Versorgung gewährleistet - wenngleich die regionale Verteilung in Sachsen nicht in allen Fällen wohnortnah gegeben ist. Potentiale bestehen insbesondere weiterhin in dünn besiedelten (schlecht erreichbaren) Regionen. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass das Versorgungsangebot zunächst konstant bleibt. Aber beispielsweise neue SAPV-Teams zu etablieren oder neue ehrenamtliche Begleiter:innen für ambulante Hospizdienste zu akquirieren, wird speziell in versorgungsschwachen, ländlichen Regionen eine zentrale Herausforderung darstellen. Dabei umfasst die Gewinnung von Ehrenamtlichen (in 2021 von Gesetzlicher Krankenversicherung GKV gefördert: knapp 2.400) eine primäre Aufgabe der Hospizdienste. Die dafür bereitgestellten, sich dynamisch entwickelnden Fördermittel (sowie die Landesförderung) sind mehr als ausreichend, werden jedoch teilweise nicht voll ausgeschöpft (für 2022 6,1 Mio. Euro Förderung durch die GKV).
Weiterentwicklung der Palliativversorgung und Sterbebegleitung in Sachsen: Vernetzung der Angebote und Information für Betroffene
Der Freistaat Sachsen verfügt über eine gute Struktur an spezialisierten Angeboten der stationären und ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung. Insgesamt gilt es zum einen, vorhandene spezialisierte Angebote bedarfsgerecht auszubauen, miteinander zu vernetzen und damit Synergieeffekte zu nutzen. Zum anderen sollten idealerweise alle Ressourcen der medizinisch-pflegerischen Angebote einbezogen werden. Angebote der Regelversorgung sowie der spezialisierten Versorgung müssen miteinander koordiniert werden. Konkret meint dies: Komplexe, spezialisierte Symptombehandlung oder spezielle pflegerische bzw. psychosoziale Hilfen sind nicht in jedem Fall notwendig. Zunächst ist es originäre Aufgabe der Mediziner:innen und der Pflegenden, schwer kranke und sterbende Menschen bedarfsgerecht zu versorgen. Die allgemein erforderlichen medizinischen und pflegerischen Maßnahmen der Palliativversorgung müssen daher im Rahmen der Regelversorgung sichergestellt werden. Institutionelle Leistungserbringer (Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen, Kurzzeitpflegen) als auch ambulante Leistungserbringer (ambulante Pflegedienste und Allgemeinmediziner:innen) arbeiten dabei idealerweise verstärkt zusammen. So gibt es zum Beispiel Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzt:innen und stationären Pflegeeinrichtungen, wobei in Sachsen im Bundeslandvergleich eine unterdurchschnittliche Anzahl an in Palliativmedizin weitergebildeten Fachärzt:innen tätig und hierdurch die Angebotsstruktur palliativmedizinisch tätiger Ärzt:innen noch ausbaufähig ist. Aber auch eine enge Vernetzung zwischen den Pflegeeinrichtungen und den ambulanten Hospizdiensten kann ein wesentlicher Aspekt der qualitätsgerechten Versorgung sein.
Der Auf- und Ausbau von übergeordneten Netzwerkstrukturen für die Koordinierung von Austauschplattformen der einzelnen Akteure, Schulungsangebote, Beratungs- und Informationsstrukturen ist für eine qualitäts- und bedarfsgerechte Steuerung in den einzelnen Regionen von besonderer Bedeutung. Deshalb werden zukünftig durch die Krankenkassen die Netzwerkkoordinator:innen in Hospiz- und Palliativnetzwerken als Schnittstellen finanziell gefördert.
Zentraler Punkt aller Maßnahmen ist die Selbstbestimmung des Menschen. Daher ist es notwendig, dass sich jeder Mensch über die Thematik, die erforderlichen Regelungen und die Versorgungsangebote informieren kann. Die bereits vorhandenen und von den Krankenkassen refinanzierten Beratungsangebote zur Versorgungsplanung in der letzten Lebensphase gilt es, flächendeckend auszubauen. Ebenso müssen Informationsangebote über Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung, wie z. B. der vdek-Hospizlotse (https://www.hospizlotse.de/), bekannter werden. Das Portal haben der vdek und die Ersatzkassen ins Leben gerufen, um die Suche nach Hilfe zu erleichtern. Denn sich mit dem bevorstehenden Tod eines Familienmitglieds und mit dem Abschied von ihm zu beschäftigen, ist für Angehörige emotional belastend. Der Hospizlotse unterstützt, damit schnell möglichst viel im Sinne der Angehörigen organisiert werden kann. So bleibt mehr kostbare Zeit für- und miteinander. Insgesamt müssen Information, Beratung und Transparenz über alle palliativen und hospizlichen Versorgungs- sowie Betreuungsmöglichkeiten gewährleistet sein. Denn es ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jedem Menschen ein würdiges und selbstbestimmtes Leben in der letzten Lebensphase zu ermöglichen.
Daten-Hintergrund
Zur Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung im Freistaat Sachsen hat das Sächsische Sozialministerium die Fortschreibung der Hospizstudie 2017 beauftragt. Um der Bedeutung der hospizlichen und palliativen Versorgung noch mehr Ausdruck zu verleihen, soll künftig einmal je Legislaturperiode ein solcher Bericht erstellt werden. Der „Hospiz- und Palliativbericht Sachsen 2022“ wurde im Frühjahr 2023 an den Landtag übersandt und steht für alle Interessierten zum Download bereit unter: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/41834
Kontakt
Dr. Claudia Beutmann
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Sachsen
Tel.: 03 51 / 8 76 55 37
E-Mail: claudia.beutmann@vdek.com