Wenn das Heim zu teuer ist

Seit Etablierung der Pflegeversicherung Anfang der 90er Jahre sind die Spielregeln für die Bestimmung der Pflegesätze der Einrichtungen im Prinzip gleich geblieben: Ausgangsbasis für die Kostenermittlung der einzelnen Pflegeeinrichtungen sind vor allem die gezahlten Löhne für die Pflegekräfte, die in den 1990er Jahren in den neuen Bundesländern noch erheblich unter denjenigen der alten Bundesländer lagen. Seitdem haben sich die Preise und Kosten mehr oder weniger im Gleichschritt mit der Einnahmenentwicklung der Pflegeversicherung bewegt. Das Sozialgesetzbuch XI sieht Begrenzungen bei der jährlichen Preis- und Kostenentwicklung vor. Deshalb sind die durchschnittlichen Pflegesätze in Sachsen-Anhalt im Vergleich der Bundesländer am niedrigsten.
Eigenanteil entwickelt sich zu einer finanziellen Belastung
Trotzdem hat sich der Eigenanteil auch hier zu einer echten finanziellen Belastung für die Betroffenen entwickelt: Im Durchschnitt liegt der Eigenanteil in Sachsen-Anhalt jetzt bei 1994 Euro im ersten Monat. In Sachsen-Anhalt liegt die Spannbreite der Eigenanteile aktuell zwischen 1.705 und 2.241 Euro. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen sinkt nach Paragraf 43c Sozialgesetzbuch XI jährlich in Abhängigkeit von der Aufenthaltsdauer in der stationären Einrichtung: nach mehr als drei Jahren sind noch 30 Prozent des Eigenanteils selbst zu finanzieren. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen sinkt nach Paragraf 43c Sozialgesetzbuch XI jährlich in Abhängigkeit von der Aufenthaltsdauer in der stationären Einrichtung: nach mehr als drei Jahren sind noch 30 Prozent des Eigenanteils selbst zu finanzieren.
"Hilfe zur Pflege" kann beantragt werden
Wenn der Betrag, den die Pflegeversicherung für die Pflegeleistungen zahlt, nicht ausreicht und auch das eigene Einkommen zu gering ist, kann der Betroffene beim zuständigen Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ beantragen. Hierfür muss er seine finanzielle Bedürftigkeit nachweisen. Das Sozialamt prüft Einkommen und Vermögen der pflegebedürftigen Person und auch das von Ehegatten bzw. Lebenspartnern. Haben Pflegebedürftige ihr Vermögen bis auf das sogenannte Schonvermögen in Höhe von 10.000 Euro bzw. 20.000 Euro bei Ehepaaren verbraucht, springt das Sozialamt oder der überörtliche Sozialhilfeträger für weitere Pflegekosten ein. Es prüft jedoch zunächst, ob es Kinder gibt, die die Pflegebedürftigen unterstützen müssen.
Grundsätzlich sind alle Kinder, sofern ihr Bruttoarbeitseinkommen über 100.000 Euro liegt, verpflichtet, Elternunterhalt zu zahlen. Dies gilt auch, wenn es keinen Kontakt zwischen Eltern und Kindern mehr gibt. Das Sozialamt hat das Recht auf Überprüfung der Unterhaltspflicht, wenn ein Verdacht oder Hinweis für ein so hohes Einkommen vorliegt. Zu den eigenen Kosten und dem Selbsterhalt, der mindestens 2.000 Euro beträgt, gehören Steuern, Sozialversicherungsabgaben, Kreditraten, Versicherungen und Unkosten des täglichen Lebens. Von dem verbleibenden Einkommen muss das Kind die Hälfte für die Pflegekosten der Eltern aufwenden.
Preissteigerungen nicht ohne Widerspruch hinnehmen
Bewohner der Pflegeeinrichtungen müssen die Preissteigerungen nicht ohne Widerspruch hinnehmen. Sie haben ein Anrecht, Kostensteigerungen, die zu steigenden Eigenanteilen führen, rechtzeitig zu erfahren und sich den Hintergrund hierfür erläutern zu lassen. Diese Kosten sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Einrichtungsträger, den Verbänden der Pflegekassen und des überörtlichen Sozialhilfeträgers, sodass die Plausibilität und wirtschaftliche Notwendigkeit hierfür gegeben sind. Das Sozialgesetzbuch XI gibt hierfür eindeutige Regeln vor. In der Praxis wird das Wehren gegen Preissteigerungen also hochwahrscheinlich keinen Erfolg haben. Falls an der Plausibilität der Abrechnungsdaten Zweifel bestehen, gibt der Pflegelotse www.pflegelotse.de Auskunft über die individuellen Vergütungssätze der Pflegeheime.
Fraglich ist allerdings, ob Pflegeeinrichtungen im ambulanten Bereich von den neuesten gesetzlichen Vorgaben und den damit verbundenen Preissteigerungen profitieren. Insbesondere ist infrage zu stellen, ob die Menschen diese Dienste aufgrund der Preisentwicklung vermehrt nutzen. Der Umsatz der Pflegedienste setzt sich aus den Preisen für die Pflegeleistungen und deren Menge zusammen. Der vdek beobachtet, dass Pflegebedürftige ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI aufgrund der gestiegenen Kosten zunehmend meiden. In der Folge ergibt sich trotz erheblich steigender Vergütungen bei sinkender Inanspruchnahme ein unklarer Effekt auf den Umsatz der ambulanten Pflege. Dagegen ist zu erwarten, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V deutlich an Umsatzvolumen zunehmen werden: zum einen sehen wir Vergütungssteigerungen von über 10 Prozent und zum anderen bezahlt die gesetzliche Krankenversicherung diese Leistungen zu 100 Prozent, sodass der finanzielle Aspekt der häuslichen Krankenpflege für die Anspruchsberechtigten keine Rolle spielt.
Die Mitteldeutsche Zeitung hat diesen Bericht am 24. Juli 2023 im Rahmen eines Interviews veröffentlicht.