Wahlprüfsteine

Drei Fragen an die Parteien zur Landtagswahl 2022

Welche Schwerpunkte setzen die Parteien für die zukünftige schleswig-holsteinische Gesundheits- und Pflegepolitik? Dazu haben wir die Parteien im Vorfeld der Landtagswahl befragt und die Antworten auf drei zentrale Fragestellungen zur Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein in den Fokus genommen.   

Landtag Schleswig-Holstein

Frage 1:

Die ambulante ärztliche Versorgung in Schleswig-Holstein ist von einer Ungleichverteilung zwischen ländlich geprägten und urbanen Regionen gekennzeichnet. Dieser Trend hat sich zuletzt sogar noch verstärkt. Welche Konzepte haben Sie, um die Grundversorgung in den ländlichen Regionen zu stärken?

Logo CDU Schleswig-Holstein

Wir wollen die Versorgungsstruktur im ländlichen Raum verbessern und stärken, indem wir den Ausbau von kommunalen MVZ im ländlichen Raum unterstützen. Der Ausbau von Online-Sprechstunden und die Einführung von Angeboten durch Gemeindepflegerinnen und -pflegern und Gesundheitslotsinnen und -lotsen wird von uns positiv gesehen.  

Logo SPD Fraktion Schleswig-Holstein

Eine gute medizinische und pflegerische Versorgung vor Ort ist unabdingbar. Wir werden deshalb regionale Gesundheits- und Pflegekonferenzen sowie eine Landesgesundheits- und Pflegekonferenz ausrichten, um eine bessere Planung zu gewährleisten. Hieran werden wir die Bevölkerung vor Ort und alle relevanten Akteur*innen im Gesundheitswesen beteiligen.

Wir streben zudem eine bessere Vernetzung der medizinischen Angebote sektorenübergreifend an und unterstützen regionaldifferenzierte Ansätze und Organisationsformen wie Gesundheitszentren oder Ärztegenossenschaften. Unser Ziel ist es, dass es im Jahr 2030 in jedem Kreis Versorgungszentren gibt, die den Menschen ein umfassendes allgemeinmedizinisches Angebot sichern. Auch häufig konsultierte Fachärzt*innen und Therapeut*innen können sich mit den Versorgungszentren in der Fläche ansiedeln. Zugleich unterstützen wir auf Bundesebene, dass die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich aufgehoben werden soll, damit die Versorgung im ländlichen Bereich gesichert wird. Zudem können Community Health Nurses im ländlichen Raum bei der medizinisch-pflegerischen Versorgung die Praxen unterstützen. Auch die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die strukturelle Versorgung ergänzen und verbessern.

Außerdem werden wir nach bayerischem Vorbild Studienplätze für Studienbewerbende reservieren, die kein Spitzenabitur haben und sich zu einer zehnjährigen Arbeit als Landärzt*innen verpflichten. Zu unserer Landarztoffensive gehört auch die Schaffung weiterer Studienplätze in Humanmedizin.  

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Die Allgemeinmedizin werden wir stärken, um Anreize zu schaffen, damit mehr Medizinerinnen und Mediziner auch in Flächenregionen eine hausärztliche Praxis übernehmen. Die Wichtigkeit der flächendeckenden Gesundheitsversorgung sowie die Koordination zwischen scheidenden und kommenden Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern für eine bessere Übernahme von Praxen sollen schon im Medizinstudium eine wichtige Rolle spielen. Die Versorgung muss von den Patientinnen und Patienten aus gedacht werden. Dafür wollen wir insbesondere die Einrichtung von kommunalen Gesundheitszentren unterstützen, in denen alle Gesundheitsberufe auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Die Versorgung muss auch auf den Inseln und Halligen sichergestellt sein. Den schleswig-holsteinischen Versorgungssicherungsfonds zur Förderung sektorenübergreifender Projekte werden wir fortsetzen. Dies ist besonders wichtig für eine bessere Vernetzung ambulanter und stationärer Versorgungsangebote. Um die Vernetzung im Gesundheitssystem zu stärken, setzen wir uns zudem für einen zügigen Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitssystem ein. Zur besseren Versorgung in ländlichen Regionen wollen wir darüber hinaus auch digitale Projekte, wie zum Beispiel die Telemedizin, fördern.   

Logo FDP Landesverband Schleswig-Holstein

Wir wollen gerade im ländlichen Raum eine flächendeckende Gesundheitsversorgung sicherstellen. Unser Credo ist, dass der Weg zum Arzt möglichst kurz sein muss. Durch Medizinstipendien, die an eine spätere Landarzttätigkeit gekoppelt sind, haben wir bereits erste Schritte zur Stärkung des ländlichen Raums unternommen. Eine wichtige Funktion können zukünftig kommunale Gesundheitszentren nach dem Büsumer Modell übernehmen. Wir werden uns auf Bundesebene für die Absicherung solcher Konzepte einsetzen und die Kommunen bei der Förderung unterstützen. Zudem sind wir offen für den stärkeren Einsatz von nicht-ärztlichen Praxisassistentinnen und -assistenten (NäPAs) oder Physician Assistants. Und auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet große Chancen. Insbesondere telemedizinische Angebote können sowohl im ländlichen Raum als auch auf den Inseln und Halligen bestehende Strukturen sehr gut ergänzen, ohne sie zu ersetzen. 

Frage 2:

In der Krankenhausplanung gilt es, Erreichbarkeit und Spezialisierung gleichermaßen sicherzustellen. Welchen Stellenwert hat die Versorgungsqualität für Sie als Planungskriterium und haben Sie eine Zielvorstellung, an welchen Standorten in Zukunft eine stationäre Versorgung angeboten werden soll?  

Logo CDU Schleswig-Holstein

Wir müssen eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung sicherstellen. Um die Krankenhauslandschaft zukunftsfest zu gestalten, braucht es eine gesamtgesellschaftliche Lösung, die sich nicht für politische Auseinandersetzungen eignet, sondern einer konsensualen Lösung bedarf. Dafür wollen wir eine fachliche Enquetekommission einsetzen.  

Logo SPD Fraktion Schleswig-Holstein

Die Corona-Pandemie hat verdeutlicht, dass unser Gesundheitssystem auch auf Krisenfestigkeit und Resilienz ausgelegt sein muss. Wir brauchen jederzeit leistungsstarke Strukturen, die nicht zu stark ausgedünnt oder auf reine Kosteneffizienz getrimmt werden. Für uns ist es wichtig, dass wir wohnortnah die ambulante als auch stationäre medizinische Versorgung sicherstellen. Die Versorgungsqualität hat dabei immer einen sehr hohen Stellenwert.

Insbesondere Schleswig-Holsteins kommunale Kliniken leisten einen wichtigen Beitrag zur hochwertigen und zugleich wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung. Wir befördern eine gut aufeinander abgestimmte Entwicklung der einzelnen Klinikstandorte und eine stärkere Vernetzung untereinander sowie mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Kleinere Kliniken spielen eine besonders wichtige Rolle bei der wohnortnahen Grundversorgung. Diesen Kliniken wollen wir eine Perspektive geben, sich zu regional ausgerichteten Gesundheitszentren zu entwickeln, in denen die stationäre Grundversorgung mit ambulanten Angeboten und pflegerischen Angeboten verzahnt werden. Wir wollen hierzu Modellregionen einrichten, insbesondere dort, wo bisherige Klinikstandorte aufgegeben werden.  

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Wir wollen die Gesundheitsplanung stärker am demografischen Wandel und an regionalen
Bedarfen ausrichten und Interessen von Patientinnen und Patienten besser einbinden. Gesundheit ist für uns Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Falsche politische Weichenstellungen in der Vergangenheit haben zu Fehlanreizen geführt. Der daraus entstandene ökonomische Druck geht zu Lasten der Versorgung von Patientinnen und Patienten und die jetzigen Strukturen führen zu einer verstärkten Belastung des Personals. Kliniken sollen deshalb in Zukunft nicht mehr nur nach Patientenzahlen finanziert werden. Wir Grüne fordern seit Jahren eine patientenzahl-unabhängige Grundfinanzierung und freuen uns darüber, dass die Ampelkoalition im Bund dies zugesagt hat.   

Logo FDP Landesverband Schleswig-Holstein

Wir wollen die stationäre Versorgung im Land zukunftsfest machen. Ein gutes Krankenhaus zeichnet sich dadurch aus, dass dort viele Fälle einer bestimmten Fachrichtung behandelt werden und somit eine hohe fachliche Kompetenz bei den Ärzten vorhanden ist. Deshalb kann nicht jedes Krankenhaus möglichst alle Fachrichtungen anbieten. Daher werden wir einen Masterplan Krankenhausinfrastruktur auf den Weg bringen: Wir brauchen auf der einen Seite eine sinnvolle Struktur von Grund- und Regelversorgern, die alltägliche Eingriffe und Behandlungen vornehmen können. Auf der anderen Seite brauchen wir dann die Schwerpunktversorger, die auch spezialisierte Fachrichtungen anbieten, ergänzt um das Universitätsklinikum als Maximalversorger. Durch die Förderung von Kooperationen möchten wir qualitativ hochwertige Medizin und eine gute Erreichbarkeit sinnvoll in Einklang bringen.

Frage 3:

Ab dem 1.9.2022 müssen alle Pflegeeinrichtungen die Pflegekräfte „tarifähnlich“ bezahlen. Schleswig-Holstein hat das höchste regionale Entgeltniveau, was Auswirkungen auf die Zuzahlungen der Pflegebedürftigen haben wird. Wie soll eine weitere finanzielle Überforderung verhindert werden?  

Logo CDU Schleswig-Holstein

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen die Pflegeberufe attraktiver werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in den Pflegeberufen zu verbessern. Damit die Auswirkungen auf den Eigenanteil der Pflegebedürftigen begrenzt wird und dieser möglichst stabil bleibt, setzten wir uns auf Bundesebene dafür ein, die Pflegeversicherung weiterzuentwickeln.  

Logo SPD Fraktion Schleswig-Holstein

Wir freuen uns über gute Tariflöhne in der Pflege und setzen uns für eine gute, anerkennende und leistungsgerechte Bezahlung ein. Dieses Ziel wollen wir insbesondere über die Stärkung der Tarifbindung und der Sozialpartnerschaft erreichen. Wir streben allgemeinverbindliche Tarifverträge in der Pflege an und appellieren an die Tarifvertragsparteien sich weiter für Branchen- und Tarifstrukturen einzusetzen.

Wir wissen natürlich auch, dass gute Löhne die Pflege weiter verteuern. Unser Ziel ist daher, in der stationären Pflege die Eigenanteile weiter zu begrenzen. Wir als SPD wollen eine Vollversicherung als Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdeckt. Daher unterstützen wir die SPD-geführte Bundesregierung bei ihrem Weg, mit einer Expertenkommission konkrete Vorschläge zu erarbeiten, die generationengerecht sind.   

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Wir halten es für wichtig und richtig, dass Pflegekräfte gut und leistungsangemessen bezahlt werden. Das darf gleichzeitig nicht zu einer Überforderung der Pflegebedürftigen führen. Wir sind für eine solidarische Finanzierung der Pflege. Wir wollen die Eigenanteile der Pflegebedürftigen deckeln und haben hierfür mit der „doppelten Pflegegarantie“ auf Bundesebene einen Vorschlag auf den Tisch gelegt.

Logo FDP Landesverband Schleswig-Holstein

Pflegebedürftigkeit ist ein einschneidender Umstand. Pflege muss daher auch zukünftig bezahlbar und zugleich qualitativ hochwertig sein. Wir sehen weder in der weiteren Ausweitung von Eigenanteilen in der Pflege noch in der ständigen Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge den richtigen Weg. Wir wollen stattdessen die Deckelung der Eigenanteile. Über eine Höchstgrenze hinausgehende Pflegekosten sollen zukünftig von der Pflegeversicherung gezahlt werden. Damit die Kassen dies bei stabilen Beiträgen leisten können, setzen wir uns bei der Finanzierung für eine dritte Säule in Form eines dauerhaften steuerfinanzierten Zuschusses aus dem Bundeshaushalt ein.