Critical Incident Reporting System (CIRS)

Neues Meldeportal der Ersatzkassen soll Gesundheitsversorgung noch sicherer machen

Logo: Mehr Patientensicherheit

Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) und seine Mitgliedskassen TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK haben das barrierefreie Internetportal „Mehr Patientensicherheit“ gestartet. In Deutschlands erstem anonymen, freiwilligen und sanktionsfreien „Critical Incident Reporting System“ (CIRS) können Patientinnen und Patienten oder ihre Angehörigen über ihre Erfahrungen aus allen Bereichen der Gesundheitsversorgung berichten. In der Arztpraxis, im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung – überall kann es zu kritischen Ereignissen kommen, die unter Umständen in einen Fehler in der Versorgung münden können. Aber auch positive Erfahrungen sollen ausdrücklich gemeldet werden. Die Berichte werden strukturiert erfasst und vor der Veröffentlichung anonymisiert.

Ziel ist es, aus den Erfahrungen und Erlebnissen der Patientinnen und Patienten zu lernen. Oft lassen sich aus den individuellen Schilderungen Erkenntnisse ableiten, die über den Einzelfall hinaus gültig sind. Wenn daraus entwickelte Verbesserungsvorschläge in Strukturen oder Abläufe der Gesundheitseinrichtungen einfließen, kann das zu einer Steigerung der Patientensicherheit beitragen.

Mit dem CIRS wird zudem der globale Aktionsplan Patientensicherheit der WHO unterstützt, der im August 2021 in deutscher Übersetzung vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht wurde und dort heruntergeladen werden kann.

Was ist ein CIRS und wozu dient es?

CIRS steht für Critical Incident Reporting System. Dabei handelt es sich um ein Lern- und Meldesystem. Eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses schreibt seit 2014 vor, dass alle Krankenhäuser in Deutschland im Rahmen ihres Risiko- und Qualitätsmanagements ein CIRS einrichten müssen. Ärzteschaft und Pflegekräfte berichten hier anonym über kritische Ereignisse, sogenannte „Beinahe-Fehler“, die ihnen selbst passiert sind oder von ihnen beobachtet wurden. Ein solches kritisches Ereignis muss dabei nicht unbedingt zu einem Schaden für Patientinnen und Patienten geführt haben.

Was ist beim neuen Patienten-CIRS anders?

Im neuen CIRS der Ersatzkassen ist vorgesehen, dass beobachtete (Beinahe-)Fehler nicht vom medizinischen Personal, sondern von den Patientinnen und Patienten selbst gemeldet werden. Die Versicherten können kritische Ereignisse, die sie in den unterschiedlichsten Bereichen des Gesundheitswesens - in einer Arztpraxis, im Krankenhaus oder im Pflegeheim - wahrgenommen haben, über die gemeinsame Internetseite der Ersatzkassen mehr-patientensicherheit.de melden.

Die Patientinnen und Patienten sind aber ausdrücklich auch dazu aufgerufen, positive Erlebnisse zu dokumentieren, weil gute und schlechte Erfahrungen gleichermaßen in das neue Berichtssystem einfließen sollen. Das Portal soll ganz bewusst kein einseitiges Beschwerdeportal sein, sondern eine Plattform für Lob und Kritik.

Claudia Straub, Leiterin der vdek-Landesvertretung Schleswig-Holstein

Im neuen Berichtsportal stehen die Erfahrungen der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt, denn sie sind in der Regel die Einzigen, die den Behandlungsprozess von Anfang bis Ende erleben. Ihre Schilderungen können dazu beitragen, vermeidbare Fehler zu erkennen und die Versorgung so weiterzuentwickeln, dass solche Fehler in Zukunft möglichst vermieden werden. Dann steht am Ende das, was das Portal im Namen trägt: Mehr Patientensicherheit!“

Claudia Straub, Leiterin der vdek-Landesvertretung Schleswig-Holstein

Screenshot: Mehr Patientensicherheit

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Berichtsportal

Wer kann Ereignisse melden? Ist es notwendig, bei den Ersatzkassen versichert zu sein, um einen Fallbericht einzureichen?

Nein. Zwar haben die Ersatzkassen – das sind Techniker Krankenkasse (TK), BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, Handelskrankenkasse (hkk) und HEK – Hanseatische Krankenkasse – sowie der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) das neue Portal ins Leben gerufen, aber es ist es nicht erforderlich, bei einer Ersatzkasse krankenversichert zu sein, um einen Fallbericht einzureichen.

Welche Ereignisse können gemeldet werden?

Grundsätzlich sind alle Erfahrungen aus sämtlichen Bereichen des Gesundheitssystems relevant, die die Sicherheit der Behandlung betreffen. Das können beispielsweise Erfahrungen in Arztpraxen, Krankenhäusern, Rehakliniken, Pflegeheimen, bei ambulanten Pflegediensten oder Heilmittelerbringern (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie) usw. sein. Neben Meldungen von Fehlern und Problemen werden aber auch besonders positive Erfahrungen und empfehlenswerte Ideen gesucht. Deren Weitergabe ermöglicht es anderen, von erfolgreichen Ansätzen zu lernen, und trägt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung insgesamt bei.

Was geschieht nach der Meldung?

Nachdem ein Vorfall auf der Online-Plattform gemeldet wurde, wird er professionell anonymisiert und erst danach den Expertinnen und Experten zur Analyse zur Verfügung gestellt. Persönliche Identifikationsmerkmale wie Namen, Kontaktdaten und andere sensible Informationen einschließlich des Namens der Einrichtung und des Fachpersonals werden zuvor entfernt, um die Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Die hieraus resultierenden Ergebnisse einschließlich der Vorschläge zur Verbesserung sollen einem breiten und je nach Fall zielgerichteten Adressatenkreis zugeleitet werden (z. B. Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie Vertragsärztinnen und -ärzten) mit dem Ziel, hieraus zu lernen. Perspektivisch sollen auch weitere Institutionen des Gesundheitswesens wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und die Bundesärztekammer sowie Hersteller von Medizinprodukten und Pharmazeutika über die Ergebnisse informiert werden.  Darüber hinaus wird regelmäßig ein „Fall des Monats“ veröffentlicht, der unter anderem konkrete Handlungsempfehlungen für Patienten beinhaltet.

Wer analysiert die gemeldeten Fälle?

Die Analyse erfolgt durch ein Expertenteam, das aus Medizinerinnen und Medizinern, Expertinnen und Experten für Patientensicherheit und/oder Qualitäts- und Risikomanagement, Pflegefachpersonen und – je nach Fall – weiteren relevanten Expertinnen und Experten besteht. Ziel ist es, Ursachen und Risikofaktoren zu identifizieren, Empfehlungen für Verbesserungen zu entwickeln und so die Patientensicherheit und Gesundheitsversorgung zu stärken.

Wie tragen die Fallberichte zur Patientensicherheit bei?

Die Fallberichte liefern entscheidende Erkenntnisse, die zur Verbesserung des Gesundheitssystems und der Versorgung beitragen. Das Teilen von Erfahrungen ermöglicht es, potenzielle Schwachstellen in der Gesundheitsversorgung zu identifizieren und Maßnahmen zur Steigerung der Patientensicherheit umzusetzen.

Wie werden die Erkenntnisse aus den Fallberichten ins Gesundheitssystem zurückgeführt?

Die im Expertenteam besprochenen Erkenntnisse aus den Fallberichten werden in Form von Informationsmaterial sowohl für Fachpersonal im Gesundheitswesen als auch für Patientinnen und Patienten zugänglich gemacht, um die gewonnenen Erkenntnisse im Gesundheitssystem zu verbreiten und die Versorgung zu verbessern. Parallel dazu werden die gesetzlichen Krankenkassen ihre Informationskanäle aktiv zur Unterstützung nutzen.

Wie wird die Datensicherheit gewährleistet?

Die Sicherheit der Daten ist von höchster Bedeutung. Die Server der Plattform befinden sich in einem zertifizierten Zentrum in Deutschland und erfüllen alle erforderlichen strengen deutschen Datenschutzvorschriften.  Genauere Informationen zur Datensicherheit sind unter https://mehr-patientensicherheit.de/datenschutz/ verfügbar.

Der komplette Frage-Antwort-Katalog von mehr-patientensicherheit.de zum Download FAQ_Mehr_Patientensicherheit.pdf

Patientensicherheit steht bei den Ersatzkassen schon lange im Fokus

Beim vdek und den Ersatzkassen steht das Thema Patientensicherheit schon lange weit oben auf der Agenda. Zuletzt wurde 2021 zusammen mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit und weiteren Projektpartnern die Aufklärungskampagne „Deutschland erkennt Sepsis“ (https://www.vdek.com/LVen/SHS/fokus/Kampagne_Deutschland-erkennt-Sepsis.html)  auf den Weg gebracht.

Mit dem neuen CIRS-Portal stärken die Ersatzkassen und der vdek nun zusätzlich sowohl bundesweit als auch vor Ort in Schleswig-Holstein direkt die Stimme der Versicherten und ihrer Angehörigen in der Versorgung. Das ist #regionalstark.