Dr. Andreas Krokotsch ist Abteilungsleiter Krankenhaus beim Medizinischen Dienst Nord. Der Medizinische Dienst Nord ist verantwortlich für die Prüfung und Bestätigung der vorgegebenen Strukturmerkmale in den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein.
Interview: "Ein konstruktives Miteinander wird der Schlüssel zum Erfolg sein"
vdek: Wie haben Sie die Entwicklung des gesetzlichen Auftrags, die Entwicklung der Richtlinie und die damit verbundenen Fristen erlebt?
Dr. Andreas Krokotsch: Der Gesetzgeber hat entschieden, die Einhaltung von Strukturmerkmalen durch Strukturprüfungen durchzusetzen. Zukünftig werden alle Krankenhäuser die Strukturmerkmale gleichermaßen einhalten müssen. Dadurch wird im DRG-System neben mehr Fairness auch die Grundlage für mehr Qualitätssicherung geschaffen.
Der Medizinische Dienst begrüßt, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das BfArM, Klarstellungen von unklaren Strukturmerkmalen vorgenommen hat. Eindeutige Strukturmerkmale vermeiden Auslegungskonflikte. Klarstellungen durch das BfArM sollten jedoch zukünftig vor und nicht rückwirkend in einem Prüfzyklus erfolgen, denn Letzteres führt wie gesehen zu erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten. Dem Bundesverfassungsgericht liegt eine Verfassungsbeschwerde vor, ob rückwirkende Änderungen der Normvorgaben überhaupt zulässig sind. Durch den relativ späten Startschuss des Bundesgesundheitsministeriums zu den Strukturprüfungen im Mai 2021, die dann erforderliche verlängerte Antragsfrist bis zum 15.08.2021, sowie die notwendige Prüfpause aufgrund der angekündigten rückwirkenden Klarstellungen durch das BfArM war das erste Prüfjahr sowohl für die Krankenhäuser als auch den Medizinischen Dienst eine große Herausforderung, die aber letztendlich mit entsprechender Kraftanstrengung gemeistert werden konnte.
vdek: Gerade für ein neu eingeführtes Verfahren war der Zeitplan sehr eng …
Dr. Andreas Krokotsch: Aufgrund des geschilderten zeitlichen Ablaufes konnte von den Medizinischen Diensten nur mit großem Optimismus erwartet werden, dass die Prüfungen tatsächlich vor dem 31.12.2021 abgeschlossen werden. Im Medizinischen Dienst Nord ist uns sicher zu Gute gekommen, dass wir bereits über jahrelange Prüferfahrung in dem Bereich verfügen und deshalb auch ressourcenmäßig bei den Strukturprüferinnen und -prüfern gut aufgestellt sind.
vdek: Ab wann wussten Sie, dass Sie mit allen Prüfungen fristgerecht zum 31.12.2021 fertig werden würden?
Dr. Andreas Krokotsch: Alle Prüfungen bis zum Jahresende fristgerecht zu erledigen, war für die Planungssicherheit der Krankenhäuser und der Krankenkassen enorm wichtig. Dies hatten wir Vorgesprächen mit Krankenhäusern und Kassen entnommen. Aufgrund der o. g. zeitlichen Verzögerungen mussten wir intern massiv umplanen, um alle geschulten Prüferinnen und Prüfer in den möglichen Prüfzeitfenstern nahezu ausschließlich für die Strukturprüfungen einzusetzen, und bis zur letzten Sekunde alles geben. Auch unser Vorstandsvorsitzender hat noch mit vollem Einsatz am 23.12.2021 die letzten Bescheinigungen unterzeichnet. Erst da wussten wir, dass wir es tatsächlich geschafft hatten. Dann drohte uns die Post allerdings noch, einen Strich durch die Rechnung zu machen, da unsere Einschreiben mit Rückschein ungewöhnlich lange unterwegs waren, wie wir von den Krankenhäusern erfuhren. Die Bescheide und Bescheinigungen der letzten Wochen haben wir daraufhin noch bis zum 30.12.2021 zusätzlich per Fax an die Krankenhäuser geschickt.
vdek: Der Medizinische Dienst steht jetzt im direkten Rechtsverhältnis zu den Krankenhäusern. Was bedeutet das konkret?
Dies ist für uns eine neue Rolle, an die wir uns noch gewöhnen müssen. Wir haben uns aber gut auf die für uns neuen Abläufe eines Verwaltungsverfahrens vorbereitet. Auch die Zusammenarbeit mit einer externen Anwaltskanzlei, die uns in Rechtsfragen berät und vertritt, gehört dazu. Für uns entstehen neue Herausforderungen, Pflichten und Risiken, die Bestandteil des Rollenverständnisses sind, welches der Gesetzgeber uns zugeschrieben hat. Wir nehmen diese Rolle gerne an.
Ziehen Sie bitte ein Resümee des ersten Durchgangs der OPS-Strukturprüfungen
Dr. Andreas Krokotsch: Aufgrund der sehr kurzen Vorbereitungszeit für die Krankenhäuser, des verkürzten Zeitraums zur Durchführung der Prüfungen für den Medizinischen Dienst und bereits aufgrund des Umstands, dass der ganze Prüfablauf für alle Beteiligten neu war, war der erste Prüfzyklus allein zeitlich für alle eine große Herausforderung.
Ich muss allen Krankenhäusern größten Respekt zollen, die die erforderlichen Unterlagen professionell zusammengestellt und uns übermittelt haben.
vdek: Was war gut, was war schlecht?
Dr. Andreas Krokotsch: Als Besonderheit hat der Medizinische Dienst Nord den Krankenhäusern ein datenschutzsicheres papierloses Verfahren zur Übermittlung der zahlreichen Unterlagen angeboten. Dieses wurde von den Krankenhäusern fast ausnahmslos genutzt und hat wunderbar funktioniert. Dies hat sehr zu einer Entlastung bei der Datenübermittlung beigetragen. Hierüber bin ich erleichtert und auch ein klein wenig stolz und muss unserem Team ein großes Kompliment aussprechen.
Im ersten Prüfzyklus haben wir viele Verfahrensfehler und -fragen wahrgenommen, was zu erwarten war. Es gab viele Telefonate und E-Mails zwischen Krankenhäusern und unserem Prüfteam, um Abläufe zu klären und fehlende Dokumente nachzureichen. Das war zwar mühsam, es war aber auch schön, dass auf allen Seiten sehr konstruktiv miteinander umgegangen wurde.
Zukünftig wünsche ich mir weniger Zeitdruck und eindeutigere Strukturmerkmale durch das BfArM. Da wir nun alle mit dem ersten Prüfzyklus Erfahrung gesammelt haben, gehe ich davon aus, dass wir die folgenden Prüfzyklen auf allen Seiten routinierter durchführen können. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch die Corona-Pandemie, die den ersten Prüfzyklus erschwert hat, eines Tages keine Rolle mehr spielen wird.
Ein konstruktives Miteinander wird der Schlüssel zum Erfolg sein.