Zahnärztliche Versorgung
Die Ersatzkassen und ihr Verband (vdek) gewährleisten zusammen mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg (KZVH) die Versorgung der Versicherten. Derzeit gibt es rund 1.790 Vertragszahnärztinnen und -ärzte in der Hansestadt (inklusive Mund-Kiefer-Gesichtschirurginnen und -chirurgen), darunter rund 100 Kieferorthopädinnen und -orthopäden. Die Zahnärztinnen und Zahnärzte sind in der Regel in eigener Praxis tätig, der Trend geht jedoch zum Angestelltendasein. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Hansestadt fast verdreifacht; aktuell beläuft sich ihre Zahl auf rund 575.
Wie im Bundestrend auch wird die Zahnmedizin im Stadtstaat immer weiblicher. Der Frauenanteil an den selbständigen Vertragsärzten und Kieferorthopäden beläuft sich nach den aktuellsten Zahlen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf rund 69 Prozent.
Grundsätze: Qualität und Wirtschaftlichkeit
Die zahnärztliche Versorgung erfolgt nach den im Sozialgesetzbuch festgelegten Grundsätzen von Qualität und Wirtschaftlichkeit.
Unter dem Grundsatz der Qualität versteht das Krankenversicherungsrecht, dass sich die Versorgung nach den anerkannten Standards der medizinischen Erkenntnisse zu richten hat. Gleichzeitig hat die Versorgung der Versicherten aber auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen, sie muss also ausreichend und zweckmäßig sein. Gerade in Zeiten knapper Kassen im Gesundheitswesen ist ein gezielter Ressourceneinsatz unerlässlich, will man die Versorgung aller Versicherten auf einem hohen Niveau aufrechterhalten.
Vergütung der zahnärztlichen Leistungen
Um das hohe Niveau zu sichern, sind die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen), die Krankenkassen und ihre Verbände gehalten, einvernehmlich das erforderliche Finanzvolumen in Verträgen zu regeln. Es handelt sich dabei um die Summe, die die gesamte Zahnärzteschaft im Bereich einer KZV zur Behandlung der Versicherten in einem Jahr benötigt.
Verhandelt wird auch, welche Summen für die einzelnen Leistungsbereiche ausgegeben werden sollen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden. Dazu zählen vorrangig die konservierend-chirurgischen Leistungen wie etwa Füllungen, kieferchirurgische Eingriffe und Parodontosebehandlungen. Zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören aber auch kieferorthopädische Behandlungen und Zahnersatzleistungen. Letztere zu regeln, ist seit längerem nicht mehr die Aufgabe der Vertragspartner vor Ort. Die Vergütungen werden bundeseinheitlich festgelegt.
Versorgung von Kindern
Zur Versorgung bei Kindern gehört die kieferorthopädische Behandlung, etwa mit Zahnspangen. Aber auch die Individualprophylaxe ist ein wichtiger Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung - etwa das Touchieren der Kauflächen mit Fluoridlack, der bewirken soll, dass die neuen bleibenden Zähne gesund erhalten werden und nicht schon frühzeitig ersetzt werden müssen.
Grundsätze der Honorarbemessung
Wie hoch das Einkommen der einzelnen Zahnärztin und des einzelnen Zahnarztes ist, bestimmt sich nach den Grundsätzen der Honorarbemessung und -verteilung. Während die Honorarbemessung bundeseinheitlich festgelegt ist, wird die Verteilung der Gelder von der Selbstverwaltung der Zahnärzteschaft innerhalb der KZV bestimmt. Auf dieser Basis erhält die einzelne Zahnärztin und der einzelne Zahnarzt von der KZV einen Honorarbescheid über die Höhe ihrer/seiner Vergütung. Dieser Bescheid basiert auf allen Leistungen, die Patientinnen und Patienten in Anspruch genommen haben und die von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden.
Häufige Einigung auf Kompromiss
Der Ausgabenzuwachs in der zahnärztlichen Versorgung bedeutet nicht, dass auch das Einkommen jeder einzelnen Zahnärztin und jedes einzelnen Zahnarztes nach Abzug von Steuern und Praxiskosten zugenommen hat. Das liegt - neben vielen äußeren Faktoren wie etwa der Preissteigerung - insbesondere an den gesetzlichen Vorgaben, die die gesetzliche Krankenversicherung zu erfüllen hat. Sie darf nur noch so viel ausgeben, wie über Beitragseinnahmen finanziert werden kann. Das erschwert die Verhandlungen zwischen den Partnern in der Selbstverwaltung, den Krankenkassenverbänden und der KZV. Trotz der bisweilen gegensätzlichen Interessen gelang es den Selbstverwaltungspartnern in den vergangenen Jahren aber immer, sich auf dem Kompromiss zu einigen.
Für 2021 verständigten sich die Verhandlungspartner auf einen Zuwachs der Vergütung um 2,4 Prozent über alle Tarife. Zeitgleich erfolgte eine Verrechnung mit den coronabedingten Rückgängen bei den Leistungen im Jahr 2020. In einem ersten Schritt haben beide Effekte die Vergütung gegenüber den Vorjahren etwa konstant gehalten. Für die Versicherten stieg ab Juli 2021 der Leistungsumfang: Seit diesem Zeitpunkt wird die Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitiserkrankungen mit einer entsprechenden Ausweitung der Leistungen umgesetzt.
Auswirkungen des demographischen Wandels
Die Versicherten mussten sich daran gewöhnen, aufgrund gesetzlicher Vorgaben bei einigen Behandlungen hohe Selbstbeteiligungen zu zahlen. Dass in den letzten Jahren aber auch neue zahnärztliche Leistungen in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen worden sind, ist dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung viel weniger präsent. Der eindeutige Schwerpunkt liegt dabei bei der verbesserten Versorgung pflegebedürftiger Menschen, die von Zahnärzten nun auch zu Hause oder im Pflegeheim aufgesucht werden können. Dazu haben die Ersatzkassen und die KZV in der Hansestadt bereits vor rund zehn Jahren erstmals Vergütungsregelungen geschaffen.
Vorbeugung rückt in den Vordergrund
Neben dieser Erweiterung des Leistungskatalogs werden aber auch andere Auswirkungen des demographischen Wandels sichtbar. Zum Beispiel im Zusammenhang mit der Vorbeugung (Prophylaxe): In den vergangenen Jahrzehnten gab es in der Zahnmedizin ein grundlegendes Umdenken. Während früher die wichtigste Aufgabe einer Zahnärztin und eine Zahnarztes darin bestand, Zahnschäden zu reparieren und fehlende Zähne zu ersetzen, sind heute Vorbeugung und Früherkennung vor gravierenden Zahnschäden und Zahnverlusten in den Vordergrund gerückt.
Da bei vielen Versicherten die umfassende Prophylaxe schon teilweise seit mehreren Jahrzehnten wirkt, benötigen sie die sogenannten "Dritten Zähne" erst in einem viel höheren Alter als ihre Eltern oder Großeltern. Die Kosten für den Zahnersatz werden daher in ein höheres Alter verschoben; finanzielle Einsparungen werden deshalb durch die Prophylaxe nicht erreicht. Aber die Lebensqualität gerade älterer Menschen steigt durch die Wirkung der Vorbeugung und Früherkennung weiter deutlich an.