24. Oktober 2023 | Schwerin

Ersatzkassenforum MV 2023

Marke Ersatzkassenforum Mecklenburg-Vorpommern

„Corona-Pandemie: Erkenntnisse und zukünftige Herausforderungen – (Wie gut) sind wir auf eine neuerliche Pandemie vorbereitet?“

Schwerin | 24. Oktober 2023 | Beginn: 13:00 Uhr | Wichernsaal

Ende Oktober kamen zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Gesundheitsbranche Mecklenburg-Vorpommerns sowie der Bundes- und Landespolitik zum diesjährigen Ersatzkassenforum Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin zusammen. Im Fokus der Fachveranstaltung stand die Frage, welche Lehren wir mit Blick auf mögliche neue Pandemien aus der Corona-Zeit ziehen können und müssen.

Kirsten Jüttner, Leiterin der vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern

Heute wissen wir, die Politik hat nicht alles richtig gemacht, aber auch Pandemiepolitik war ein lernendes System. Die Pandemie hat letztlich verschiedene Schwachpunkte aufgezeigt, Fragen aufgeworfen und Handlungserfordernisse deutlich gemacht. Es bietet sich jetzt die Chance, aus der Pandemiebekämpfung der jüngsten Vergangenheit Rückschlüsse und Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen.

Kirsten Jüttner, Leiterin der vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen des Ersatzkassenforums MV 2023

Hochkarätig besetztes Podium aus Wissenschaft, GKV, Bundes- und Landespolitik

Die Bedeutung der Thematik zeigte dabei nicht zuletzt das mit fünf Vertreterinnen und Vertretern aus Bundes- und Landespolitik, GKV und Wissenschaft hochkarätig besetzte Podium. Diese unterstrichen einhellig, dass die zum Schutz der Bevölkerung während der zurückliegenden Pandemie verfügten Schutzmaßnahmen im Augenblick der Entscheidung oftmals alternativlos und zum Schutz vor der lange nicht vollständig greifbaren Virusgefahr auch erfolgreich waren. Man müsse heute aber auch die Langzeitfolgen thematisieren. Vor allem die Reduzierung sozialer Kontakte – teilweise bis auf nahezu null – sei nicht ohne Folgen geblieben. Zudem leidet heute eine unbestimmte Zahl an Menschen an den Langzeitfolgen einer Covid19-Erkrankung. „Die vielen Fassetten dieses breiten Krankheitsbildes zu verstehen und therapieren zu können, ist eine der nächsten Aufgaben für unser Gesundheitswesen“, so Kirsten Jüttner.
 

Schablonen für zukünftige Pandemien gibt es nicht

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Es war unumstritten, dass es keine Schablonen für die Bekämpfung zukünftiger Pandemien geben und man nicht automatisch Rückschlüsse aus einzelnen Maßnahmen für die Zukunft ziehen könne. Viel zu vielfältig könnten die jeweiligen Ursachen und Wirkungen sein. „Man stelle sich einen hochinfektiösen Erreger vor, der vor allem bei Kindern zu schweren Verläufen führt - und schon müssten wir wieder über Schulschließungen diskutieren“, so Prof. Lars Kaderali, Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung und wissenschaftlicher Berater der Landesregierung MV während der Pandemie.

Fokus auf Kinder- und Jugendliche richten

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Umso wichtiger aber sei zukünftig, so Prof. Jörg Dötsch, eine „Berücksichtigung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen aus sozioökonomisch schwächeren Bevölkerungsgruppen“. Wie nicht zuletzt auch die Zahlen der Ersatzkassen im Land zeigen, leiden heute deutlich mehr junge Menschen unter psychischen Belastungen, die sich letztlich nicht selten in Angst- oder Essstörungen sowie Depressionen manifestieren. Prof. Dötsch, ebenfalls Mitglied des Expertenrats und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpolitik, sieht zudem die Notwendigkeit, bei zukünftigen Gesetzen immer auch auf die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zu betrachten. 

Die Professoren Kaderali und Dötsch unterstrichen, man müsse aus den Erkenntnissen der Corona-Zeit abgeleitete Strukturen zu schaffen, die möglichst wenig interessengesteuerte, sondern vielmehr evidenzbasierte Entscheidungen ermöglichen sollen. Dauerhaft installierte Gremien des Austauschs von Politik und Wissenschaft seien angeraten. Hierfür sei es allerdings erforderlich, vorhandene und zukünftige Gesundheitsdaten bestmöglich im Interesse der Menschen zu nutzen. Datenschutz und
-nutzung müssen am Patientenwohl orientiert sein und dürfen nicht, wie Prof. Kaderali die aktuelle Situation beschreibt, „patientenschädigend“, bleiben.
 

Nachhaltig tragende Reformen erforderlich

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Eine Sicht, der sich auch Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen e. V., anschloss. Sie forderte eine dem Gemeinwohl orientierte Datennutzung sowie eine umfassendere Digitalisierung, die die Betroffenen zu Beteiligten mache. Mit funktionierender ePA, einem weiterentwickelten eRezept und telemedizinischen Angeboten in der Breite der Versorgung. Gesundheitsdaten­nutzungs­gesetz sowie Digitalgesetz wiesen hier wichtige Eckpfeiler auf und müssten unverwässert zeitnah kommen. Ulrike Elsner unterstrich zudem den dringenden Bedarf „einer langfristigen, verbindlichen Finanzierung der Kranken- und Pflegekassen, um das System im Alltag zukunftsfest und damit krisensicher aufzustellen.“ Ergänzt um strukturelle Reformen müsse diese letztlich ein krisenresistenten und widerstandsfähiges Gesundheitssystem sicherstellen. „Derzeit ist es aber so: unser Gesundheitssystem ist offensichtlich trotz drei Jahren Pandemie nicht ausreichend auf künftige Krisen vorbereitet“, so Ulrike Elsner.

Land hat Konsequenzen gezogen

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Während sich Dr. Antje Draheim, Staatssekretärin im BMG, und Stefanie Drese, Sozialministerin in MV, zwar auch die Bedeutung einer besseren Nutzung von Gesundheitsdaten unterstrichen, sahen sie vieles doch schon deutlich weiter, als es Wissenschaft und Ersatzkassen tun. Man habe aus der Corona-Zeit gelernt und sei, auf eine neue Pandemie vorbereitet. „Was die Datenlage, die Kommunikation und das Zusammenarbeiten angeht, haben wir unsere Lehren gezogen“, so Ministerin Drese. Eine Zusammenarbeit mit der Wissenschaft müsse als entscheidender Gradmesser politischer Entscheidungen gelten, weshalb in MV auch zukünftig ein entsprechender Austausch stattfinden werde. Auch habe das Land die Überwachung von Infektionskrankheiten mit dem Ziel einer frühzeitigen Reaktionsmöglichkeit ARE-Surveillance, Abwasseruntersuchungen und epidemiologischem Wochenbericht weiter ausgebaut.

Lehren gezogen und reagiert

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Entwicklungen als Folge aus der Pandemie, auf die auch BMG-Staatssekretärin Dr. Draheim hinwies. Auch sie betonte, dass Bund und Länder durchaus ihre Lehren gezogen und entsprechend reagiert hätten und sieht das Land im Falle neuer Pandemien gut aufgestellt. Die zahlreichen Reformvorhaben und Gesetzesinitiativen ihres Hauses sowie die Pandemie-Arbeitsgruppe (PAIKO-AG) bei der STIKO seien hier ein wichtiger neuer Baustein. Eine wichtige Aufgabe sieht die Staatssekretärin in einer weiteren Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes als eine Säule des Gesundheitswesens. Auch international habe Deutschland auf Konsequenzen gedrungen. Der G7-Pakt für Pandemie-Bereitschaft verpflichte Hersteller entsprechend kritischer Infrastrukturen vertraglich, im Notfall Produktionsstrecken freizumachen.

Das Ersatzkassenforum Mecklenburg-Vorpommern brachte das Thema der Pandemie-Vorbereitung wieder auf die Agenda und betonte die Notwendigkeit, die Erfahrungen aus der Corona-Zeit in laufende Reformprozesse einzubeziehen.

Marke Ersatzkassenforum Mecklenburg-Vorpommern

Das Programm des Ersatzkassenforums MV 2023

Come together
Eintreffen der Gäste und kleiner Imbiss


Begrüßung

  • Kirsten Jüttner
    Leiterin Landesvertretung MV | Verband der Ersatzkassen
     

Nach Corona ist vor der Pandemie?! -
Impulse aus der Wissenschaft für eine zukünftige Pandemiepolitik

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Die Pandemie hat strukturelle Defizite in vielen Bereichen aufgezeigt. Zum Beispiel in der Digitalisierung, der Datenerhebung, der Kommunikation und auch in Entscheidungsprozessen. Diese Defizite zu beheben ist die beste Vorbereitung zur Bekämpfung einer nächsten Pandemie.

Prof. Dr. Lars Kaderali, Leiter des Instituts für Bioinformatik, Medizinische Fakultät, Universitätsmedizin Greifswald | Berater der Landesregierung MV und Mitglied im Expertenrat der Bundesregierung während der Corona-Pandemie

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Es darf nicht passieren, dass wir sagen, wir hätten über die Kidner gesprochen, seien mit einem blauen Auge davon gekommen, und belassen es nun dabei. Wir müssen in Zukunft bei neuen Gesetzen mitdenken, welche Auswirkungen diese auf die Kinder und Jugendlichen haben.

Prof. Dr. Jörg Dötsch, Präsident Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) | Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin; Sprecher des Zentrums für seltene Erkrankungen; Sprecher des Zentrums für Familiengesundheit, Universitätsmedizin Köln | Mitglied im Expertenrat der Bundesregierung während der Corona-Pandemie

  • Im Gespräch
    mit Prof. Dr. Lars Kaderali und Prof. Dr. Jörg Dötsch

Kaffeepause

Nach Corona ist vor der Pandemie?! -
Gesundheitspolitische Schlüsse und Herausforderungen

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Wir müssen den öffentlichen Gesundheitsdienst zeitgemäß aufstellen und attraktiver gestalten. Derzeit steht er in der Regel ganz hinten, wenn es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen. Das müssen wir ändern.

Dr. Antje Draheim, Staatssekretärin beim Bundesministerium für Gesundheit

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Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft muss ein entscheidender Gradmesser für politische Entscheidungen sein. Aus diesem Grund stehe ich auch weiterhin in einem regelmäßigen Austausch mit den Expertinnen und Experten.

Stefanie Drese, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Sport MV, Ministerin

vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Wir benötigen eine umfassendere Digitalisierung. Dazu gehören eine funktionierende elektronische Patientenakte mit echtem Mehrwert und telemedizinische Anwendungen in der Breite der Versorgung.

Ulrike Elsner, Verband der Ersatzkassen, Vorsitzende des Vorstands

  • Im Gespräch
    mit Dr. Antje Draheim, Stefanie Drese und Ulrike Elsner

Get together
Gemeinsame Gespräche bei Kaffee und Kuchen