Nehmen die am Gesundheitswesen Interessierten den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP wörtlich, so können sie davon ausgehen, dass es für die Pflege in den kommenden vier Jahren zu einer tiefgreifenden Reform kommen wird (vgl. Koalitionsvertrag 2021, Bundesregierung https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800 Koalitionsvertrag, Seite 80 ff.). Diese ist auch dringend geboten. In dem insgesamt 177 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag ist u. a. auch von einer spürbaren Aufwertung der Pflegeberufe die Rede.
Heimbewohner und deren Angehörige sollen von Kosten entlastet und eine verlässliche Finanzierung auf den Weg gebracht werden. Das Thema Pflege scheint bei den Ampelparteien somit ganz oben gesetzt zu sein. Mit Blick auf die Demografie muss im Rahmen einer finanziell tragfähigen Pflegeversicherung auch der Pflegeberuf gestärkt werden. Davon scheint auch die Opposition überzeugt zu sein.
Herausforderung steigende Eigenanteile
Beim Thema Kostenentlastung für Heimbewohner und deren Angehörigen soll die Herausforderung der steigenden Eigenanteile angegangen werden. Nach dem Ursprungskonzept der Vorgängerregierung sollte zunächst kein Heimbewohner mehr als 700 Euro für die reine Pflege zuzahlen müssen.
Nun gibt es seit dem 1.1.2022 nur noch einen nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Zuschuss. Im ersten Jahr beträgt er 5 Prozent des Pflege bedingten Eigenanteils. Im zweiten Jahr sind es dann 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent Zuschuss. Grundsätzlich sollte sich die Ampelkoalition zur Aufgabe machen, zu prüfen, wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann.
Zum Hintergrund in Baden-Württemberg
Menschen, die in Pflegeheimen versorgt werden, und ihre Familien müssen schon seit Jahren immer mehr selbst zahlen. Die selbst zu zahlenden Anteile steigen in Baden-Württemberg auf 2.463 Euro pro Monat. Im bundesweiten Schnitt sind es 2.125 Euro pro Monat (siehe Abbildung unten).
Stand Juli 2021 müssen Menschen, die in Baden-Württemberg der Pflege in einem Heim bedürfen, pro Monat durchschnittlich 2.463 Euro selbst zahlen. Das sind 58 Euro mehr als noch zu Jahresbeginn und 109 Euro mehr als im Juli 2020. Im Ländervergleich am teuersten sind die Heimplätze in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Am niedrigsten ist der Wert in Sachsen-Anhalt mit 1.539 Euro.
In den Beträgen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung ist anders als die Krankenversicherung nur eine Teilkosten- oder „Teilkasko“-Versicherung. Für Heimbewohner kommen aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen dazu. Der Eigenanteil (siehe Abb. vdek) für die reine Pflege stieg nun auf 1.167 Euro, nachdem es zum 1. Januar 2021 noch 1.121 Euro gewesen waren.
Die Leiterin der vdek-Landesvertretung Baden-Württemberg, Biggi Bender: „Der ungebremste Aufwärtstrend macht deutlich, dass sich das Land und die amtierende Bundesregierung dringend und umfassend mit der Finanzierung der Pflege befassen müssen. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, werden immer mehr Menschen auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sein, weil sie die Kosten nicht mehr selbst aufbringen können. Die jetzt in Kraft getretene „kleine Pflegereform“ reicht bei weitem nicht aus. Pflegebedürftige müssen vielmehr deutlich entlastet und die Finanzierung langfristig gesichert werden. Zentrale Ansätze sind hier ein dauerhaft höherer Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung und die Übernahme der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen durch das Land.“
Die Broschüre finden Sie hier: https://www.vdek.com/presse/daten.html
Unsere gesundheitspolitischen Positionen zum Thema Pflege finden Sie auf unserer Homepage unter:
https://www.vdek.com/LVen/BAW/Gesundheitspolitik/positionen_ek.html
Kontakt
Frank Winkler
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