Mehr Sicherheit im Gesundheitswesen
Das erste deutsche Internetportal für so genannte kritische Ereignisse im gesamten Gesundheitswesen haben die Ersatzkassen und der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) jetzt gestartet. Barrierefrei, anonym, freiwillig und sanktionsfrei können Patientinnen und Patienten unter https://mehr-patientensicherheit.de/ ihre sicherheitsrelevanten Erfahrungen melden. Damit ist ein wichtiger Schritt für mehr Patientensicherheit getan.
Ob Krankenhaus, Pflegeeinrichtung oder Arztpraxis, überall kann es zu Situationen kommen, die möglicherweise zu einem Fehler in der Versorgung führen. Diese können in das "Critical Incident Reporting System" (CIRS) eingetragen werden. Aber auch positive Beispiele sollen gemeldet werden. Die Berichte werden strukturiert erfasst und anonymisiert.
Mit CIRS soll aus den sicherheitsrelevanten Erfahrungen der Versicherten und ihrer Angehörigen gelernt werden, denn oft lassen sich aus den Einzelberichten Erkenntnisse ableiten, die auch anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen helfen. Wenn daraus entwickelte Verbesserungsvorschläge in Strukturen oder Abläufe der Gesundheitseinrichtungen einfließen, kann dies die Patientensicherheit steigern.
mehr-patientensicherheit.de – so heißt das Portal, auf dem Patientinnen und Patienten über ihre Erfahrungen in allen Bereichen der gesundheitlichen Versorgung berichten können. Dadurch können Fehler erkannt und Risiken reduziert werden. Zugleich ermöglichen Berichte über positive Erfahrungen, von erfolgreichen Strategien zu profitieren. Beides dient dem Zweck, die Patientensicherheit zu erhöhen und nicht Einzelfälle zu verfolgen.
Mit dem CIRS soll der globale Aktionsplan Patientensicherheit der WHO unterstützt werden, der im August 2021 in deutscher Übersetzung vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht wurde und dort heruntergeladen werden kann.
Was ist ein CIRS und wozu dient es?
CIRS steht für Critical Incident Reporting System. Es handelt sich hierbei um ein Lern- und Meldesystem, welches insbesondere in Krankenhäusern bereits seit 2012 verpflichtend zum Einsatz kommt. Ärzteschaft und Pflegekräfte berichten hier anonym über kritische Ereignisse, sogenannte "Beinahe-Fehler", die ihnen selbst passiert sind oder von ihnen beobachtet wurden. Ein kritisches Ereignis muss dabei nicht zwingend zu einem Schaden für Patientinnen und Patienten geführt haben.
Was ist beim CIRS-Berichtsystem für Versicherte anders?
Im Rahmen des CIRS-Berichtsystems für Versicherte ist vorgesehen, dass beobachtete (Beinahe-)Fehler nicht vom medizinischen Personal, sondern von den Versicherten selbst oder ihren Angehörigen gemeldet werden. Die Versicherten können kritische Ereignisse, die sie in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens, wie beispielsweise in niedergelassenen Arztpraxen, in der Pflegeeinrichtung oder im Krankenhaus, wahrgenommen haben, über die gemeinsame Internetseite der Ersatzkassen mehr-patientensicherheit.de melden. Versicherte sind aber auch ausdrücklich dazu aufgerufen, positive Erlebnisse zu dokumentieren, da negative und positive Erfahrungen gleichermaßen in das neue CIRS-Berichtsystem einfließen sollen. Das Portal soll explizit kein einseitiges Beschwerdeportal, sondern eine Plattform sowohl für Lob als auch Kritik sein.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Berichtsportal
- Wer kann Ereignisse melden? Ist es notwendig, bei den Ersatzkassen versichert zu sein, um einen Fallbericht einzureichen?
Nein. Zwar haben die Ersatzkassen – das sind Techniker Krankenkasse (TK), BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, Handelskrankenkasse (hkk) und HEK – Hanseatische Krankenkasse – sowie der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) das neue Portal ins Leben gerufen, aber es ist es nicht erforderlich, bei einer Ersatzkasse krankenversichert zu sein, um einen Fallbericht einzureichen.
- Welche Ereignisse können gemeldet werden?
Grundsätzlich sind alle Erfahrungen aus sämtlichen Bereichen des Gesundheitssystems relevant, die die Sicherheit der Behandlung betreffen. Das können beispielsweise Erfahrungen in Arztpraxen, Krankenhäusern, Rehakliniken, Pflegeheimen, bei ambulanten Pflegediensten oder Heilmittelerbringern (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie) usw. sein. Neben Meldungen von Fehlern und Problemen werden aber auch besonders positive Erfahrungen und empfehlenswerte Ideen gesucht. Deren Weitergabe ermöglicht es anderen, von erfolgreichen Ansätzen zu lernen, und trägt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung insgesamt bei.
- Was geschieht nach der Meldung?
Nachdem ein Vorfall auf der Online-Plattform gemeldet wurde, wird er professionell anonymisiert und erst danach den Expertinnen und Experten zur Analyse zur Verfügung gestellt. Persönliche Identifikationsmerkmale wie Namen, Kontaktdaten und andere sensible Informationen einschließlich des Namens der Einrichtung und des Fachpersonals werden zuvor entfernt, um die Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Die hieraus resultierenden Ergebnisse einschließlich der Vorschläge zur Verbesserung sollen einem breiten und je nach Fall zielgerichteten Adressatenkreis zugeleitet werden (z. B. Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie Vertragsärztinnen und -ärzten) mit dem Ziel, hieraus zu lernen. Perspektivisch sollen auch weitere Institutionen des Gesundheitswesens wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und die Bundesärztekammer sowie Hersteller von Medizinprodukten und Pharmazeutika über die Ergebnisse informiert werden. Darüber hinaus wird regelmäßig ein „Fall des Monats“ veröffentlicht, der unter anderem konkrete Handlungsempfehlungen für Patienten beinhaltet.
- Wer analysiert die gemeldeten Fälle?
Die Analyse erfolgt durch ein Expertenteam, das aus Medizinerinnen und Medizinern, Expertinnen und Experten für Patientensicherheit und/oder Qualitäts- und Risikomanagement, Pflegefachpersonen und – je nach Fall – weiteren relevanten Expertinnen und Experten besteht. Ziel ist es, Ursachen und Risikofaktoren zu identifizieren, Empfehlungen für Verbesserungen zu entwickeln und so die Patientensicherheit und Gesundheitsversorgung zu stärken.
- Wie tragen die Fallberichte zur Patientensicherheit bei?
Die Fallberichte liefern entscheidende Erkenntnisse, die zur Verbesserung des Gesundheitssystems und der Versorgung beitragen. Das Teilen von Erfahrungen ermöglicht es, potenzielle Schwachstellen in der Gesundheitsversorgung zu identifizieren und Maßnahmen zur Steigerung der Patientensicherheit umzusetzen.
- Wie werden die Erkenntnisse aus den Fallberichten ins Gesundheitssystem zurückgeführt?
Die im Expertenteam besprochenen Erkenntnisse aus den Fallberichten werden in Form von Informationsmaterial sowohl für Fachpersonal im Gesundheitswesen als auch für Patientinnen und Patienten zugänglich gemacht, um die gewonnenen Erkenntnisse im Gesundheitssystem zu verbreiten und die Versorgung zu verbessern. Parallel dazu werden die gesetzlichen Krankenkassen ihre Informationskanäle aktiv zur Unterstützung nutzen.
- Wie wird die Datensicherheit gewährleistet?
Die Sicherheit der Daten ist von höchster Bedeutung. Die Server der Plattform befinden sich in einem zertifizierten Zentrum in Deutschland und erfüllen alle erforderlichen strengen deutschen Datenschutzvorschriften. Genauere Informationen zur Datensicherheit sind unter https://mehr-patientensicherheit.de/datenschutz/ verfügbar.
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Patientensicherheit bei den Ersatzkassen im Fokus
Beim vdek und den Ersatzkassen wird das Thema Patientensicherheit schon lange groß geschrieben. Zuletzt wurde 2021 zusammen mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit und weiteren Projektpartnern die Aufklärungskampagne „Deutschland erkennt Sepsis“ auf den Weg gebracht.
Mit dem neuen CIRS-Portal stärken die Ersatzkassen und der vdek nun zusätzlich sowohl bundesweit als auch in Bremen direkt die Stimme der Versicherten und ihrer Angehörigen in der Versorgung. Das ist #regionalstark.