Onlineangebot "Mehr Patientensicherheit" zur anonymen Meldung von "Beinahe"-Fehlern

Ersatzkassen machen sich mit neuartigem Meldeportal für sichere Versorgung stark

Screenshot: Mehr Patientensicherheit

Der Verband der Ersatzkassen e. V. und seine Mitgliedskassen TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK haben das barrierefreie Internetportal "Mehr Patientensicherheit" ins Leben gerufen. Damit betreten sie bundesweit Neuland:  Versicherte haben erstmals in Deutschland die Möglichkeit, auf dieser Plattform sowohl über kritische Ereignisse in der medizinischen Versorgung anonym und strukturiert zu berichten, als auch über positive Erfahrungen. Diese Art eines Berichts- und Lernsystems nennt sich in der Fachsprache "Critical Incident Reporting System" (CIRS).

In den meisten Fällen verlaufen medizinische Behandlungen oder Pflegeheim-Aufenthalte weitgehend problemos. Doch manchmal unterlaufen vermeidbare Fehler oder es kommt zu kritischen Ereignissen ("Critical Incidents"). Beispielsweise wird ein OP-Instrument bei einem Eingriff unbeabsichtigt hinterlassen, Symptome falsch gedeutet oder Medikamente verwechselt.

Lernen statt anklagen

Die Schilderungen von Erfahrungen in der Arztpraxis, im Krankenhaus oder in der Pflege-Einrichtung sollen genutzt werden, um aus den Erlebnissen der Patientinnen und Patienten sanktionsfrei zu lernen und die Sicherheit in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Denn oft lassen sich aus den individuellen Berichten Erkenntnisse ableiten, die über den Einzelfall hinaus gültig sind. Wenn aus den Berichten Verbesserungen zum Beispiel in den Abläufen von Gesundheitseinrichtung entwickelt werden können, kann dies die Patientsicherheit steigern.   

Wichtige Fragen & Antworten zum neuartigen Berichtsportal

Wer kann Erfahrungen melden? Muss man bei einer Ersatzkasse versichert sein, um einen Fallbericht einzureichen?

Nein. Zwar haben die Ersatzkassen (TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, Handelskrankenkasse (hkk) und HEK - Hanseatische Krankenkasse) sowie ihr Verband das neuartige Portal auf den Weg gebracht. Aber es ist nicht notwendig, bei einer Ersatzkasse versichert zu sein, um einen Fallbericht zu erstellen.

Welche Ereignisse können gemeldet werden?

Vom Grundsatz her sind alle Ereignisse aus sämtlichen Bereichen des Gesundheitssystems bedeutsam, die die Sicherheit von Behandlungen betreffen. Zu den wichtigen Bereichen zählen beispielsweise Arztpraxen, Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeheime sowie ambulante Pflegedienste und Heilmittelerbringer (Physiotherapie, Ergotherapie usw.). Neben Meldungen von Fehlern und kritischen Ereignissen (sogenannten "Beinahe"-Fehlern) werden aber auch positive Erfahrungen und empfehlenswerte Ideen gesucht. Deren Weitergabe ermöglicht es anderen, von erfolgreichen Ansätzen zu lernen. Dies verbessert das Gesundheitssystem.

Was passiert nach der Meldung?

Nachdem Versicherte oder ihre Angehörigen auf der Online-Plattform einen Fall geschildert haben, wird der entsprechende Bericht professionell anonymisiert. Persönliche Identifikationsmerkmale wie Namen, Kontaktdaten und andere sensible Informationen (einschließlich von Namen des Fachpersonals und der betroffenen Einrichtung) werden entfernt, um die Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Erst danach werden die Schilderungen den Expertinnen und Experten zur Analyse zur Verfügung gestellt.

Die Ergebnisse der Analyse einschließlich von Vorschlägen zur Verbesserung werden einem breiten - und je nach Fall zielgerichteten - Adressatenkreis zugeleitet. Der Adressatenkreis kann z.B. Krankenhäuser, Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Pflegeeinrichtungen umfassen. Ziel ist es, Lernprozesse in Gang zu setzen.Perspektivisch sollen auch weitere Institutionen im Gesundheitssystem über die Ergebnisse informiert werden - etwa die Bundesärztekammer, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und Hersteller von Medikamenten und Medizinprodukten.

Wer analysiert die eingereichten Berichte?

Ein Experten-Team analysiert die Fälle. Das Team besteht aus Medizinerinnen und Medizinern, Expertinnen und Experten für Patientensicherheit und/oder Qualitäts- und Risikomanagement, Pflegefachpersonen und - je nach Fall - weiteren einschlägigen Expertinnen und Experten. Ziel ist es, Ursachen und Risikofaktoren auszumachen und Empfehlungen für Verbesserungen zu entwickeln. So soll die Patientensicherheit gestärkt werden.

Wie können die Fallberichte die Patientensicherheit verbessern?

Die Fallberichte können entscheidende Einsichten liefern und dadurch dazu beitragen, das Gesundheitssystem und die Versorgung zu verbessern. Mithilfe des Teilens von Erfahrungen können mögliche Schwachstellen in der Gesundheitsversorgung identifiziert und im Anschluss daran Maßnahmen zur Steigerung der Patientensicherheit umgesetzt werden.

Wie fließen die Erkenntnisse aus den Fallberichten ins Gesundheitssystem zurück?

Die im Expertenteam gewonnenen Erkenntnisse aus den Fallberichten der Versicherten und ihrer Angehörigen werden sowohl für Fachpersonal im Gesundheitswesen zugänglich gemacht als auch für Patientinnen und Patienten - etwa in Form von Informationsmaterial, das auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten ist. Parallel dazu werden die Ersatzkassen ihre Informationskanäle aktiv zur Unterstützung nutzen.

Logo: Mehr Patientensicherheit

Beim vdek und den Ersatzkassen steht das Thema Patientensicherheit schon lange im Blickpunkt. Zuletzt wurde 2021 zusammen mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit und weiteren Projektpartnern die Aufklärurungskampagne "Deutschland erkennt Sepsis" auf den Weg gebracht.

Stimme der Versicherten stärken

Mit dem neuen Berichtsportal "Mehr Patientensicherheit" haben die Ersatzkassen und der vdek jetzt einem weiteren Schritt getan, um sowohl bundesweit als auch vor Ort in Hamburg der Stimme der Versicherten und ihrer Angehörigen mehr Gewicht zu verleihen. Das ist #regionalstark.