Gesundheitspolitische Veranstaltung der B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg

Gesundheitspolitische Veranstaltung: Migration und Gesundheit – Strukturen im Land weiter ausbauen

Sozialminister Lucha, Experten und Betroffene beraten über Folgen der Zuwanderung für das Gesundheitswesen im Land

Besonderer Gast der gesundheitspolitischen Veranstaltung der B 52-Verbändekooperation, zu der der BKK-Landesverband Süd, die IKK classic, die Knappschaft - Regionaldirektion München und der Verband der Ersatzkassen gehören, war am vergangenen Mittwoch Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha, der sich zunächst vor den über 160 Teilnehmern aus dem Gesundheitswesen Baden-Württembergs für die Auswahl des Veranstaltungsthemas bedankte.

Lucha bezeichnete im Gespräch mit Moderator Dr. Florian Staeck die gesundheitliche Versorgung der rund 100.000 Flüchtlinge, die im Jahr 2015 nach Baden-Württemberg gekommen sind, als „mehr als gut gegangen“. Insbesondere die Kommunalen Gesundheitskonferenzen hätten eine gute Struktur für die Bewältigung der Aufgaben geliefert, betonte der Minister. Nun dürfe man nicht nachlassen, sondern müsse das Erreichte verstetigen, Strukturen festigen, dabei den weiteren Bedarf sorgfältig analysieren und die Betroffenen als „Experten in eigener Sache“ mitnehmen.

Neben dem Sozialminister kamen bei der Veranstaltung ausgewiesene Experten aus verschiedenen Fachrichtungen zu Wort, die einen umfassenden Überblick über Daten, Fakten und unterschiedliche Blickwinkel zum Thema „Migration und Gesundheit“ lieferten.

So zeigten Dr. Gottfried Roller und Stefan Brockmann vom Gesundheitsamt Reutlingen auf, wie Integration im Gesundheitswesen praktisch funktionieren kann. Ziel im Kreis Reutlingen sei von Anfang an gewesen, Flüchtlinge früh in die Regelversorgung aufzunehmen, um die Entstehung von Parallelstrukturen zu vermeiden. Eine regionale differenzierte Versorgungsplanung erleichtere die Umsetzung dieses Vorhabens. Beispielhaft wurde das Impfkonzept des Landkreises mit Reihenimpfungen vorgestellt

Die Schwierigkeiten, die Migranten haben, Gesundheitsdienstleistungen wahrzunehmen, sind Teil eines übergeordneten Passungsproblems, postulierte Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Auch deutsche „Nutzer des Systems“ hätten mitunter Schwierigkeiten, sich im Gesundheitssystem zurecht zu finden und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Rosenbrock forderte deshalb Veränderungen sowohl beim System – durch Strukturierung und Qualifizierung – als auch bei den Nutzern – durch Aufklärung und Unterstützung bei der Selbstorganisation, beispielsweise im Rahmen der Gesundheitsförderung. Konkret schlug er unter anderem feste Ansprechpartner und interkulturelle Teams sowie eine bessere Zielgruppenorientierung im Gesundheitswesen vor.

Die in den vergangenen Jahren geschaffenen Strukturen dürften nun keinesfalls abgebaut werden – auch wenn sich die Flüchtlingszahlen aktuell deutlich verringert hätten, forderte Dr. Ulrich Clever, Präsident der Ärztekammer Baden-Württemberg. Er beleuchtete jedoch auch eine andere Seite: Migranten als Akteure im Gesundheitswesen. So sei in Baden-Württemberg die Approbationszahl von Migranten nach der Sprachprüfung mittlerweile fast so hoch wie die von deutschen Ärzten, nämlich 900 gegenüber 1300. Auch im Bereich der Pflege wächst die Zahl der Beschäftigten mit ausländischem Pass, wie Martina Musati, Geschäftsführerin der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, berichtete. Doch selbst, wenn der Fachkräftemangel groß ist, haben Migranten manchmal Schwierigkeiten, eine feste Anstellung zu bekommen, sagte Catherine Mechler-Dupouey, Stv. Vorsitzende des Landesverbands der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg.

Zum Abschluss der Veranstaltung konnten die Veranstalter ein positives Fazit ziehen: Die B 52-Verbändekooperation hat sich eines hochaktuellen Themas angenommen, das letztlich weit über die Grenzen des Gesundheitswesens hinausgeht. Die Vielfalt der zu Wort gekommenen Akteure – Betroffene, Land, Kommunen, Wissenschaft, Ärzteschaft, Krankenkassen und Arbeitsagentur – macht deutlich, dass jetzt „aus den Schnittstellen Nahtstellen werden müssen“. Dabei ist jeder Akteur gefragt – in seinem Verantwortungsbereich und mit einem aufmerksamen Blick über den Tellerrand hinaus.

Kontakt

Frank Winkler
Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek)
Landesvertretung Baden-Württemberg

Tel.: 07 11 / 2 39 54 - 19
E-Mail: frank.winkler@vdek.com