Verband der Ersatzkassen:

Keine Entwarnung bei den psychischen Erkrankungen

Wann kommen die integrierten Behandlungspfade?

Auch im Jahr 2008 gibt es keine Kostenentwarnung bei den psychischen Erkrankungen. Die vorläufigen Zahlen der Ersatzkassen deuten auf eine weitere Steigerung der stationären Kostenanteile für die psychischen Erkrankungen der Hamburger Versicherten hin. Lag dieser Kostenanteil 2007 bereits bei 9,12 Prozent, so liegt er nach den 2008er stationären Abrechnungen schon bei 10,77 Prozent der gesamten Krankenhausausgaben.

Hamburg liegt damit zwar noch unter dem Bundesniveau, aber Sorgen machen dem Leiter des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Landesvertretung Hamburg, Günter Ploß, die dramatischen Kostensteigerungen. 2008 mussten die Ersatzkassen bundesweit 1,7 Prozent mehr für die stationäre psychische Versorgung ausgeben, in Hamburg waren es jedoch im selben Zeitraum 5,09 Prozent! Als Ursache für die Mehrkosten vermutet Ploß die dramatisch gestiegenen Fallzahlen in Hamburg; sie stiegen 2008 um 6,18 Prozent (Bund 2,84 Prozent).

Ploß: „Entlastung vom Gesetzgeber ist nicht in Sicht. Nach dem neuen Krankenhausfinanzierungsreformgesetz müssen die Hamburger Krankenkassen für die Behandlung psychischer Erkrankungen in den Krankenhäusern fünf Millionen Euro mehr finanzieren. Auch planen die Krankenhäuser in Hamburg zusätzlich 50 vollstationäre Betten und 55 teilstationäre Behandlungsplätze, insbesondere für den Bereich der Psychosomatik. Das würde das Versorgungsangebot im vollstationären Bereich um 55 Prozent ausweiten und im teilstationären Bereich sogar verdreifachen. Dabei liegt Hamburg in der Gesamtversorgung Psychiatrie und Psychosomatik im Bundesvergleich mit 10 Betten pro 10.000 Einwohner bereits mit an der Spitze.

Die Kostenursachen sind, wie Ploß erläutert, neben den immer noch steigenden Fallzahlen, längst bekannt. Solange die integrierten Behandlungskonzepte fehlen, ist keine Verbesserung zu erwarten. „Wir müssen die Patienten mit den kostenintensiven Diagnosen, wie Schizophrenie, Angstzustände, aber insbesondere Depressionen mit einen Anteil von fast 30 Prozent an den Gesamtdiagnosen durch den Behandlungsprozess führen. Der Patient benötigt einen zentralen Ansprechpartner, einen ,Kümmerer’.“

Ploß: „Die unterschiedlichen Behandlungssektoren müssen besser verzahnt werden; dies ist lange noch nicht ausreichend.“ Defizite sieht er auch bei den Krankenhäusern. Kurz nach Aufnahme des Patienten sei die Entlassung frühzeitig zu planen. Die Krankenhäuser hätten dafür Sorge zu tragen, dass der betroffene Patient für die weitere ambulante Behandlung vorbereitet wird. Ansonsten entstünden Wiederaufnahmen  in die Krankenhäuser (Drehtüreffekte). Durch die Schaffung von intelligenten Netzwerken mit den niedergelassenen Ärzten, Psychiatern und Psychotherapeuten sollten diese bereits im Krankenhaus in den Behandlungsprozess eingebunden werden.

Das UKE Hamburg macht es mit ihrem Psychose-Modell vor. Dort sind sehr gute Ansätze zur Patientensteuerung enthalten, so dass sowohl die Verweildauer als auch die Wiederaufnahmequote verringert werden konnte. Zudem wurde die Behandlungsqualität der Patienten verbessert.

Ideen und gute Beispiele gibt in Hamburg genug. Neue integrierte Modelle, ggf. mit neuen Vergütungsformen, wären nach Auffassung von Ploß ein kurzfristiger praktikabler Lösungsansatz, statt immer zusätzliche Betten zu fordern.


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