Telematik

eGK gewinnt an Schwung

Foto von der neuen elektronischen Gesundheitskarte, auf der Platz für das Foto des Versicherten ist

Es wird konkret. Diese simple Feststellung bedeutet für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eine entscheidende Wende. Nach vielen Wirren und Irrwegen bekommt das eGK-Projekt endlich richtig Schwung.

Tatsächlich geht es neben der Ausgabe der neuen Karte an alle Versicherten um den Aufbau einer neuen technischen Infrastruktur, die die Versorgung von mehr als 70 Millionen Menschen entscheidend verbessern wird. Und dazu ist unerlässlich, dass die aufzubauende Telematikinfrastruktur (TI) und als deren Bestandteil auch die neue elektronische Gesundheitskarte wirklich zum Einsatz kommen.

In den letzten Jahren konnten nun die entscheidenden Weichen für eine Umsetzung dieses ehrgeizigen Projektes gestellt werden. Über Bestandsaufnahme, Neuausrichtung und eine Vielzahl anderer Maßnahmen fanden die Gesellschafter der gematik Ende 2011 gemeinsam zu einem stufenweisen Vorgehen bei der Einführung der Telematik. Basis für das neue Vorgehen war die vom GKV-Spitzenverband im letzten Jahr erarbeitete „Alternative 2012“, ein Konzept, das aufzeigt, wie die neue Karte zeitnah zu Mehrwert insbesondere auch für die Versicherten führt.

Schneller zu mehr Nutzen

Die Entscheidungen und Aktivitäten der letzten Monate haben „frischen Wind“ in das Projekt gebracht:

  • Im Dezember fassten alle gematik-Gesellschafter einstimmig den Beschluss, dass man die Aktualisierung der Versichertenstammdaten, das sogenannte Versichertenstammdatenmanagement (VSDM), und die qualifizierte elektronische Signatur (QES) in einem ersten Schritt in die Tests und dann in den Wirkbetrieb bringen möchte. Dies läuft unter der neuen Projektbezeichnung „1. Stufe des Online-Rollouts“.
  • Parallel werden die bereits zuvor beschlossenen Projekte weiter verfolgt: die gerichtete Kommunikation der Leistungserbringer (KOM-LE), das Notfalldatenmanagement (NFDM) und die Migration von Gesundheitsanwendungen am Beispiel der elektronischen Fallakte (eFA). Auch diese Anwendungen sollen so schnell wie möglich in den Test gebracht werden, wenn die Grundvoraussetzungen dafür in der ersten Stufe der Projekte geschaffen wurden.
  • Nicht zuletzt weil alle gematik-Gesellschafter an die erfolgreiche Umsetzung der 1. Stufe glauben, wurde zusätzlich ein weiteres Projekt, die Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfung (AMTS), aufgesetzt. Hier wird im ersten Schritt ein Lastenheft erstellt und dann die weitere Umsetzung erfolgen. • Begleitend zu diesen technischen Arbeiten gibt es bei der gematik organisatorische und personelle Veränderungen: Ein neuer Hauptgeschäftsführer hat seine Arbeit aufgenommen und ein Lenkungsausschuss mit kürzeren Entscheidungszeiträumen wurde installiert. Damit ist für die Umsetzung des beschlossenen Vorgehens nun auch die entsprechende Governance- Struktur geschaffen.
  • Durch den Gesetzgeber wurden die Kassen verpflichtet, bis Ende 2012 rund 70 Prozent ihrer Versicherten mit der neuen Karte auszustatten. Ob für das Projekt eine finanzielle Bestrafung bei Nichterfüllung dieser Quote in Form einer Kürzung der Verwaltungskosten der Kassen um zwei Prozent zielführend ist, erscheint fraglich. Tatsache ist jedoch auch, dass dadurch Fakten geschaffen werden, durch die ein flächendeckender Rollout der eGK nicht mehr grundsätzlich infrage gestellt werden kann.

In der gematik wurden die Projekte auf Basis der beschriebenen Änderungen bereits entsprechend aufgestellt, die erste Bekanntmachung hinsichtlich der Ausschreibungen veröffentlicht und die Ausschreibungsunterlagen für den anstehenden Teilnahmewettbewerb vorbereitet.


Mehr als zwei Millionen Karten

Die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) seitens der Ersatzkassen hat sich im Jahr 2011 insgesamt auf die Regionen Bremen, Nordrhein, Baden- Württemberg und Berlin erstreckt. Der Ausgabeschwerpunkt lag in der Region Nordrhein. Es wird davon ausgegangen, dass Anfang 2012 in dieser Region Ersatzkassen übergreifend zwei bis 2,7 Millionen eGK im Umlauf sein werden. Im Jahr 2012 werden die Ersatzkassen die Kartenausgabe im gesamten Gebiet fortsetzen, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Anzahl der ausgestatteten Versicherten steht dabei in Abhängigkeit vom Rücklauf der Fotos der Versicherten.


Neben diesen Entscheidungen und Aktivitäten wurde fast unbemerkt auch der sogenannte Basis-Rollout weitgehend abgeschlossen. Nahezu alle Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser sind mit den neuen – durch die Krankenkassen finanzierten – Lesegeräten ausgestattet und somit eGK-ready: Die ausgegebenen neuen Karten können von den Versicherten also sofort beim Arzt und in der Klinik eingesetzt werden, eine parallele Nutzung der alten Krankenversichertenkarte (KVK) ist nicht notwendig. Projekt mit Zukunftspotenzial Die in letzter Zeit deutlichen Fortschritte des Projektes scheinen auch die Politik bei der aktuellen Diskussion um die Organspende inspiriert zu haben. Die eGK wird vom Gesetzgeber als mögliches Trägermedium für die Ablage einer Organspendeerklärung in Betracht gezogen. Ebenso soll auch den Krankenkassen als vertrautem Partner der Versicherten die Möglichkeit eingeräumt werden, diese Erklärung mit Zustimmung des Versicherten auf die Karte zu schreiben. Da dies vom Zeitpunkt her mit der zweiten Generation der eGK ermöglicht werden soll, setzt die Politik hier ein deutliches Zeichen in Richtung der Zukunft des Telematik-Projektes. Die Krankenkassen werden jedenfalls alles dafür tun, dass die elektronische Gesundheitskarte nicht nur eine neue Karte ist, sondern der Schlüssel für eine bessere Versorgung von mehr als 70 Millionen Versicherten wird.

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