» Nähere Informationen zum Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutzgesetz - PDSG) finden Sie hier.
Mit dem am 4.2.2020 vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) versandten Referentenentwurf zum Patienten-Datenschutzgesetz wird die elektronische Patientenakte (ePA), auf die Versicherte ab 1.1.2021 einen Anspruch durch ihre Krankenkasse haben, mit Leben gefüllt. Mit dem nun vorgelegten Entwurf erhalten sie den Anspruch darauf, dass die behandelnden Ärzte diejenigen Behandlungsdaten, die die Versicherten gespeichert haben wollen, in der ePA ablegen. Die Versicherten entscheiden, wer zugreifen darf und ob die Da-ten wieder gelöscht werden sollen. Sie haben die volle Souveränität über die ePA. Die Nutzung der ePA ist für jeden Versicherten freiwillig.
Der vdek begrüßt die Vorlage des Entwurfs und unterstützt die Bemühungen, allen Versicherten eine ePA zur Verfügung zu stellen. Damit erhalten Versicherte mehr Transparenz in das Versorgungsgeschehen und sie werden bei der Verwaltung ihrer Gesundheitsangelegenheiten unterstützt. So können laut Entwurf ab 2022 zusätzlich der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe U-Heft für Kinder und das Zahn-Bonusheft in der ePA gespeichert werden. Ab 2022 haben die Versicherten auch den Anspruch, dass ihre Daten aus der ePA bei einem Kassenwechsel übertragen werden.
Vergütung der Ärzte für Befüllung der ePA
Der Entwurf sieht vor, dass in den Bewertungsmaßstäben für ärztliche und zahnärztliche Leistungen ab dem 1.1.2021 Leistungen vorzusehen sind, mit denen die Unterstützung der Versicherten im Umgang mit der ePA sowie die Speicherung von Daten in der ePA vergütet werden. Auch nach dem Auslaufen der „Anreizregelung“ kann der Bewertungsausschuss für das erstmalige Befüllen eine Vergütungsposition vorsehen. Bereits heute werden Informationen zu Behandlungen, Diagnosen etc. von allen Vertragsärzten und –zahnärzten in ihren Praxisverwaltungssystemen (PVS) erfasst. Der damit verbundene Aufwand ist über die vorhandenen GOPs – im ärztlichen Bereich über die Grund- und Versichertenpauschalen – bereits abgegolten. Es ist davon auszugehen, dass die PVS-Hersteller einfache Lösungen schaffen werden, die die Übertragung dieser Informationen und Dokumente in die ePA sehr aufwandsarm ermöglichen und ggf. auch an medizinische Fachangestellte delegiert werden können. Darüber hinaus dürfte sich im Gegenzug der ärztliche Aufwand für die Anamnese durch ausführliche Gespräche, das Anfordern von Vorbefunden etc. erheblich verringern. Eine regelhafte Vergütung für die Speicherung von Behandlungsinformationen in der ePA ist also im Ergebnis nicht sachgerecht.
Aufträge an die Gesellschaft für Telematik
Im Entwurf ist geregelt, dass bis 30.6.2020 die Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass der Pflegebereich, Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Hebammen und Entbindungspfleger sowie Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst an die Telematikinfrastruktur angebunden werden können. Hierzu ist zu bemerken, dass Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst nicht ausschließlich und in hoher Fallzahl Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen. Aus diesem Grunde ist die Anbindung dieser Berufsgruppe an die Telematikinfrastruktur, auch unter dem Kosten-/Nutzenaspekt, abzulehnen. Folgerichtig ist dieser Personenkreis auch nicht zu legitimieren, was die Zugriffsberechtigung auf die ePA betrifft.
Zugriffsrechte der Versicherten
Es ist vorgesehen, dass der Versicherte Zugriff auf die ePA, persönliche Erklärungen zur Organspende, Versorgungsvollmachten oder Patientenverfügungen sowie elektronische Verordnungen mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) bekommt, wenn er sich über ein technisches Verfahren authentifiziert hat. Auf die ePA kann auch ohne eGK über ein geeignetes Endgerät (z. B. Smartphone) zugegriffen werden, wenn er durch seine Krankenkasse über das Verfahren informiert wurde und sich auch hier authentifiziert hat.
Versicherte können auch beim Leistungserbringer auf die persönliche Erklärungen zur Organspende, die Versorgungsvollmachten oder Patientenverfügungen, den eMedikationsplan und die Notfalldaten zugreifen. Nicht vorgesehen ist, dass der Versicherte bei einem Leistungserbringer auf seine in der ePA gespeicherten Daten zugreifen kann. Das erscheint nicht sachgerecht und sollte ebenfalls ermöglicht werden.
Technische Einrichtungen zur Wahrnehmung der Zugriffsrechte der Versicherten
Die Krankenkassen werden verpflichtet, ihren Versicherten bis 1.1.2022 ein technisches Instrument flächendeckend zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten ihre Gesundheitsdaten sicher verarbeiten können. Diese Regelung wird als nicht sachgerecht angesehen. Schließlich ist davon auszugehen, dass Versicherte, die die Telematikanwendungen nutzen, um ihre Gesundheitsdaten zu speichern und zu verarbeiten, technisch affin sind und kein zusätzliches technisches Instrument, wie bspw. ein Terminal, benötigen. Die flächendeckende Bereitstellung einer solchen technischen Infrastruktur in anderen Einrichtungen/Institutionen ist mit organisatorischem Aufwand und zusätzlichen Kosten für die Krankenkassen verbunden. Der vdek hält es für sachgerecht, wenn die Krankenkassen die technische Infrastruktur für die Verarbeitung von Daten über eine Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts, das im Besitz des Versicherten ist, zur Verfügung stellen.
Angebot und Nutzung der elektronischen Patientenakte
Neu geregelt werden soll, dass die ePA in drei Umsetzungsstufen eingeführt und weiterentwickelt werden soll. Es ist geregelt, welche Funktionen die ePA in den jeweiligen Umsetzungsstufen erfüllen muss. Der GKV-Spitzenverband(GKV-SV) erhält den Auftrag zu prüfen, ob die Krankenkassen die gesetzten Fristen einhalten und informiert das Bundesamt für Soziale Sicherung für den Fall, dass eine Krankenkasse die Fristen nicht eingehalten hat. Die Fristen sind an eine Sanktion nach § 270 Absatz 3 SGB V geknüpft.
Grundsätzlich bestehen keine Einwände gegen eine stufenweise Weiterentwicklung der ePA. Allerdings stehen der Umfang der Anforderungen in den einzelnen Umsetzungsstufen und die Zeit, die zur Umsetzung zur Verfügung steht, in keinem realistischen Verhältnis zueinander. Erschwerend kommt hinzu, dass die Krankenkassen bei der Umsetzung auf Dritte, die mit der Festlegung der Syntax und Struktur der in die ePA einzustellenden Daten beauftragt sind, angewiesen sind. Diese haben aber nach dem Entwurf keine sanktionsbewehrte Frist gesetzt.
Übermittlung ärztlicher Verordnungen in elektronischer Form
Die Gesellschaft für Telematik wird beauftragt, den Versicherten die für deren Zugriff auf die elektronischen Verordnungen erforderlichen Komponenten in Form einer App zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen. In der Begründung zum neuen § 360 stellt der Gesetzgeber klar, dass die Einführung bzw. Umsetzung der elektronischen Verordnung nicht verpflichtend ist. Der vdek begrüßt die Einführung der elektronischen Verordnung unter Nutzung der Telematikinfrastruktur. Die Entwicklung einer Zugriffskomponente auf elektronische Verordnungen und deren Bereitstellung an die Versicherten ist positiv zu bewerten. So muss nicht jede Krankenkasse die Erstellung einer solchen Komponente in Auftrag geben und von der Gesellschaft für Telematik zulassen. Die Gesellschaft für Telematik übernimmt gleichzeitig die Verantwortung für Sicherheit und Datenschutz.
Nicht nachvollzogen werden kann die Regelung, dass die elektronischen Verordnungen, sobald diese zur Verfügung stehen, nicht von allen Ärzten umzusetzen sind. Um zu vermeiden, dass das Papierverfahren dauerhaft parallel vorgehalten werden muss, sollte eine verpflichtende Nutzung im Gesetz festgeschrieben werden.
Finanzierung der den Leistungserbringern entstehenden Ausstattungs- und Betriebskosten
Der GKV-SV und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) werden verpflichtet, mit Wirkung zum 1.10.2020 eine Vereinbarung zu treffen, die eine Vergütung für die Krankenhäuser im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten in der ePA und den elektronischen Verordnungen vorsieht. Im Falle der Nichteinigung entscheidet die zuständige Schiedsstelle oder das BMG. Die Regelungen zur Finanzierung der Ausstattungs- und Betriebskosten sowie die Nutzungszuschläge zur ePA und den elektronischen Verordnungen sollen auch für Leistungserbringer nach den §§ 115b, 116b und 120 SGB V sowie den Notfallambulanzen im Krankenhaus gelten. Auch Apotheker und Ärzte sollen hierfür extra vergütet werden. Das ist aus Sicht des vdek nicht erforderlich. Schließlich finanzieren die Krankenkassen den Leistungserbringern bereits die Technik für die Anbindung an die TI und die Betriebskosten. Ebenso werden die Updatekosten für jede weitere Telematikanwendung übernommen. Damit wird die Einführung der ePA und der elektronischen Verordnungen in die Regelversorgung durch die Krankenkassen ausreichend unterstützt. Weitere Nutzungszuschläge für diese Anwendungen sind nicht sachgerecht, da die Leistungserbringer durch die ePA eine medizinische Information sektorenübergreifend einsehen und bei ihrer Behandlung berücksichtigen können (Mehrwert). Elektronische Verordnungen stellen eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung dar.