Stellungnahme zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG)
Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Krankenhausreform » Lesen
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Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) teilt das ursprüngliche zentrale Ziel der Krankenhausreform, eine zukunftsfähige Krankenhausstruktur auf Grundlage bundesweit einheitlicher Qualitätsstandards in der Krankenhausversorgung zu schaffen und somit die Patientensicherheit zu verbessern sowie die personellen und wirtschaftlichen Ressourcen zielgerichteter einzusetzen. Mit dem am 08.10.2025 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) kann das Ziel jedoch nicht erreicht werden. In dem nunmehr vorliegenden Kabinettsentwurf wird an den weitreichenden Ausnahmeregelungen bei den Mindestqualitätsvorgaben für die Länder bei der Zuweisung von Leistungsgruppen festgehalten, die von Seiten zahlreicher Experten schon vielfach kritisiert wurden. Zudem wurden weitere Lockerungen vorgenommen. Bei der Patientensicherheit darf es jedoch keine Abstriche geben. Der vdek empfiehlt deshalb eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs.
Insbesondere die weitreichenden Kooperationsmöglichkeiten, mit denen Krankenhäuser z. B. fehlendes Fachpersonal kompensieren sollen, tragen zu einer Verwässerung der ursprünglichen Reform bei. Das ist sowohl in monetärer Hinsicht als auch mit Blick auf die knappen Personalressourcen hochgradig ineffizient. Der vdek befürwortet bedarfsgerechte und damit gezielte Kooperationen und Netzwerkbildung unter Krankenhäusern. Jedoch können die aktuell vorgesehenen Regelungen dazu genutzt werden, Qualitätsanforderungen zu unterlaufen, sodass notwendige Konzentrationsund Spezialisierungseffekte ausbleiben. Wenn der Gesetzgeber Krankenhäuser mit Hilfe von Kooperationen befähigen will, Qualitätsvorgaben zu erreichen, sollte eine Kooperation nur mit einem Partnerkrankenhaus möglich sein, das die Qualitätskriterien vollumfänglich selbst erfüllt. Dabei sollte die Anzahl an Kooperationen, die ein Krankenhaus anderen Häusern anbietet, transparent gemacht und anhand der vorhandenen Ressourcen begrenzt werden. Zudem sollte die Regelung analog den Ausnahmeregelungen auf maximal drei Jahre befristet werden, damit für das die Kooperation initiierende Haus ein Anreiz besteht, die Standards zügig zu erreichen. Für die Kooperationsvereinbarungen sollten auf der Bundesebene einheitliche Mindestanforderungen definiert werden, die verbindlich anzuwenden und durch den Medizinischen Dienst (MD) zu überprüfen sind.
Weiterhin fehlen sinnvolle gesetzliche Erreichbarkeitsvorgaben der Kliniken je nach Leistungsgruppe und Versorgungsstufe als verpflichtendes Planungskriterium. Die aktuelle Ausnahmeregelung, nach der Länder auf Basis des unbestimmten Kriteriums der sicherzustellenden flächendeckenden Versorgung Standorte festlegen können, kann willkürlich und damit länderindividuell ausgelegt werden. Erreichbarkeiten sind dagegen objektive, eindeutig zu definierende und für die Versorgung relevante Entscheidungsparameter, die differenziert angewendet werden müssen. Notfälle müssen innerhalb kürzester Zeit flächendeckend versorgt werden können, wohingegen für seltene und hochspezialisierte Behandlungen wie eine Organtransplantation andere Erreichbarkeitsvorgaben gelten können. Kritisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Länder von den bundesweit festgelegten Mindestvorhaltezahlen abweichen können, ohne dass der tatsächliche Bedarf dabei eine Rolle spielt.
Auch werden Krankenkassen auf Landesebene nicht in die Entscheidung über diese Ausnahmeregelungen eingebunden. Der vdek schlägt vor, dass Erreichbarkeitsvorgaben mit bundeseinheitlich für jede Leistungsgruppe definierten Fahrtzeitminuten von den Ländern anzuwenden sind. Abweichungen von Mindestvorhaltezahlen sollten zudem nur im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen erfolgen dürfen.
Der vdek erkennt an, dass die Bundesregierung Befürchtungen einer zu weiten Auslegung der Ausnahmeregelungen durch die Länder ernst nimmt. Dass es künftig das Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen braucht, wenn Leistungsgruppen an Krankenhäuser zugewiesen werden sollen, die die dafür notwendigen Mindestqualitätskriterien (noch) nicht erfüllen, ist ein richtiger Schritt. Dies wird aber aufgrund der starken Aufweichung der Qualitätsvorgaben kaum Relevanz entfalten können. So eröffnet z. B. die landesbezogene Definition der Fachkliniken den Ländern viel Spielraum für die Standortkonservierung. Nach Auffassung des vdek braucht es eine bundesweit einheitliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu erarbeitende Definition von Fachkliniken, mit der ein Flickenteppich von Länderdefinitionen vermieden wird. Sie sollte eng auf spezialisierte Bereiche wie z. B. die Versorgung von Schwerbrandverletzten begrenzt sein. Weit verbreitete Leistungsbereiche wie die Endoprothetik sollten dagegen keine eigene Planungskategorie rechtfertigen.
Die geänderte Finanzierung des Transformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) statt zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist positiv zu bewerten. Allerdings müssen die Krankenkassen für die Folgekosten aus Vorhaben des Transformationsfonds aufkommen, da die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für die Betriebskostenfinanzierung verantwortlich ist. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass Entscheidungen über förderungsfähige Vorhaben künftig nicht mehr zwingend im Einvernehmen mit den Krankenkassen erfolgen müssen.
Die Ausgaben für die stationäre Versorgung sind in den vergangenen zehn Jahren um rund 50 Prozent gestiegen und weisen weiterhin Steigerungsraten auf, die deutlich über den Einnahmen der GKV liegen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem „kleinen Sparpaket“ bereits Maßnahmen ergriffen, um das Ausgabenwachstum zu dämpfen. So soll mit dem Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege unter anderem die Meistbegünstigungsklausel für das Jahr 2026 ausgesetzt werden. Der vdek fordert, auch für die Folgejahre auf die Meistbegünstigungsklausel zu verzichten. Die Krankenhäuser erhalten trotzdem eine ausreichende Finanzierung, da der Orientierungswert ihre tatsächlichen Kostensteigerungen abbildet. Allerdings wird die Sparmaßnahme durch die Regelungen zur vollständigen Tarifrefinanzierung konterkariert. Nach Schätzung des vdek wird dies für das Jahr 2026 ein Ausgabenplus von 500 Millionen Euro für die Krankenkassen bedeuten und somit die angestrebte Einsparung von 1,8 Milliarden Euro erheblich verringern. Deshalb sollte auch die vollständige Tarifrefinanzierung für die nachfolgenden Jahre ausgesetzt werden.
Insgesamt werden grundlegende Veränderungen an den Krankenhausstrukturen, ohne die die Kliniken auf Dauer nicht wirtschaftlich zu betreiben sind, durch das Gesetz nicht erreicht werden können. Das betrifft auch die geplante Vorhaltefinanzierung. Sie darf nicht dazu dienen unwirtschaftliche Strukturen am Leben zu erhalten, sondern muss tatsächlich für die Versorgung benötigten Häusern Fehlanreize zur Fallzahlsteigerung nehmen. Aus Sicht des vdek muss daher der Umbau zu einer neuen, bedarfsgerechten Krankenhauslandschaft zwingend vor der Einführung der Vorhaltefinanzierung erfolgen. Der Transformationsfonds sollte ebenfalls nur für die Finanzierung bedarfsnotwendiger und qualitätsorientierter Krankenhausstandorte eingesetzt werden.
Ergänzend zur Regelungsmaterie des Gesetzentwurfs fordert der vdek eine Anpassung der Regelungen zur Begrenzung von Ehrenämtern der kassenseitigen Vertreter:innen in den Verwaltungsräten der MD. Hier sollte eine Gleichstellung mit anderen Beteiligten erfolgen. Nur für die Vertreter:innen der Krankenkassen geltenden aktuell Beschränkungen hinsichtlich Zahl und Dauer der Ämter (maximal zwei Ämter und maximal zwei Amtsperioden). In der Praxis führen diese Regelungen jedoch zu erheblichen Einschränkungen in der demokratischen Mitwirkung und zu Kompetenzverlusten in der Gremienarbeit. Die Begrenzung der Amtszeiten erschwert es, erfahrene und eingearbeitete Mitglieder langfristig einzubinden. Das beeinträchtigt die Kontinuität und Qualität der Entscheidungsfindung und schwächt die Selbstverwaltung insgesamt. Für die im Jahr 2026 beginnende Phase der Neubesetzung der Verwaltungsräte birgt sie die Gefahr, dass es zukünftig zu personellen Engpässen bei der Besetzung kommen könnte, insbesondere, wenn erfahrene Mitglieder durch starre Begrenzungen ausscheiden müssen, obwohl sie weiterhin zur Verfügung stünden.
12.11.2025
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