Digital-Gesetz (DigiG)

Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens

Die Bundesregierung hat am 30. August 2023 den Kabinettsentwurf für ein Digital-Gesetz verabschiedet. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 20. Oktober 2023 Stellung zum Entwurf nehmen. Die erste Lesung im Bundestag soll am 9. November 2023 stattfinden. Im Vergleich zum Referentenentwurf hat der Entwurf einige Änderungen erfahren. Die zentrale Inhalte sind:

Weiterentwicklung der ePA

Die elektronische Patientenakte (ePA) soll als Austauschplattform zwischen Leistungserbringern und Versicherten sowie als  Gesundheitsmanagementsystem für Versicherte eine zentrale Rolle einnehmen. Um eine möglichst flächendeckende Nutzung zu erreichen, sind mehrere Maßnahmen vorgesehen. So sollen die Krankenkassen die ePA für ihre Versicherten automatisch bereitstellen und mit strukturierten Daten befüllen, soweit die Versicherten nicht widersprechen (Opt-out- bzw. Widerspruchs-Regelung) oder die Nutzung einschränken. Neu ist, dass der Gesetzentwurf nun eine Widerspruchsfrist von sechs Wochen nach vorheriger Information durch die Krankenkasse vorsieht. Erhalten geblieben ist der Anspruch der Versicherten auf Digitalisierung von papiergebundenen medizinischen Dokumenten (Altbefunden). Um die ePA als festen Bestandteil im Versorgungsprozess zu integrieren, sollen Leistungserbringer diese mit strukturierten Gesundheitsdaten befüllen. Der erste Anwendungsfall soll der digital gestützte Medikationsprozess sein. Anschließend sollen die elektronische Patientenkurzakte (ePKA) und die Labor-Befunddaten folgen. Weitere Anwendungsfälle legt das BMG per Rechtsverordnung fest.

Weiterentwicklung des E-Rezepts

Zukünftig kann die Nutzung der E-Rezept-App der gematik auch mittels der ePA-Apps der Krankenkassen umgesetzt werden. So können Versicherte künftig mit ihrer ePA-App auf ihre elektronischen Verordnungen zugreifen, diese verwalten und einlösen. Es soll zudem möglich werden, digitale Identitäten, NFC-fähige Gesundheitskarten sowie die dazugehörigen PINs aus der E-Rezept-App zu beantragen. Die Kassen sollen verpflichtet werden, ihre Versicherten über die eRezept-App zu informieren.

Ausbau der DiGA

Es soll eine Ausweitung des Versorgungsanspruchs auf Medizinprodukte höherer Risikoklassen erfolgen. Die Preisgestaltung soll stärker an Erfolgskriterien geknüpft werden. Für alle im Verzeichnis geführten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) wird eine anwendungsbegleitende Erfolgsmessung obligatorisch, deren Ergebnisse fortlaufend an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet und im Verzeichnis veröffentlicht werden. Neu ist, dass der GKV-SV dem BfArM sowie den Verbänden der DiGA-Hersteller die Möglichkeit einer Stellungnahme vor der Veröffentlichung des Berichtes über die Entwicklung der Versorgung mit DiGA geben soll.

Weitere Inhalte

  • Die Begrenzung der Videosprechstunden wird flexibilisiert sowie die Vergütung stärker an Qualitätsgesichtspunkten ausgerichtet. Über den Umfang der Flexibilisierung soll nach dem aktuellen Entwurf der Bewertungsausschuss entscheiden.
  • Es soll einen neuen Leistungsanspruch der „assistierten Telemedizin in der Apotheke“ geben.
  • Die strukturierten Behandlungsprogramme für chronisch Erkrankte (DMP) sollen um zwei DMP mit digitalisierten Versorgungsprozessen zu den Indikationen Diabetes mellitus Typ I und II ergänzt werden.
  • Die Interoperabilität soll verbessert werden, indem die Verbindlichkeit von Standards, Profilen und Leitfäden erhöht wird.
  • Zur Erhöhung der Cybersicherheit soll bei der Verarbeitung gesundheits- oder personenbezogener Daten mittels Cloud-Computing die Erfüllung des Kriterienkatalogs des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) „Cloud Computing C5“ eine Mindestvoraussetzung sein. Außerdem werden im aktuellen Entwurf Kranken- und Pflegekassen verpflichtet, angemessene organisatorische und technische Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen der Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit ihrer informationstechnischen Systeme, Komponenten oder Prozesse zu treffen, die für die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Kasse und die Sicherheit der verarbeiteten Versicherteninformationen maßgeblich sind. Hierzu zählen u.a. Maßnahmen zur Erhöhung der Cybersecurity-Awareness, der Einsatz von Systemen zur Angriffserkennung sowie an IT-Dienstleister zu stellende Sicherheitsanforderungen.
  • Der Innovationsfonds sowie seine begleitenden Regelungen zur Evaluation sollen verstetigt, die Fördermöglichkeiten flexibilisiert werden.

Ausgabenwirkung

Der Gesetzentwurf beinhaltet laut Entwurf eine erhebliche, einmalige Kostenbelastung der Krankenkassen in Höhe von 789 Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2026. Zu dieser einmaligen Belastung zählen auch die Kosten von 474.150 Euro, die den Krankenkassen bei der Umsetzung der verpflichtenden IT-Sicherheitsstandards entstehen. Als laufende, jährliche Kosten werden vom BMG 114 Millionen Euro (Umbau der ePA zu Opt-out), 250.00 Euro (Information über das eRezept) sowie 5 Millionen Euro (Widerspruchsverfahren) prognostiziert. Dem sollen Einsparungen durch Effizienzvorteile, verbesserte Arzneimitteltherapiesicherheit, bessere Verfügbarkeit von behandlungsrelevanten Daten und Vermeidung von Doppeluntersuchungen gegenüberstehen, die nicht beziffert werden können. Als Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft werden Ausgaben von jährlich rund 295 Millionen Euro angegeben, die den Leistungserbringern für die Befüllung der ePA entstehen.

Für die Weiterentwicklung der Versorgung mit DiGA sollen zwischen 2025 und 2028 zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 12 Millionen Euro anfallen. Parallel entstehen für die Weiterentwicklung der Telemedizin zwischen 2026 und 2028 Leistungsausgaben von ca. 24 Millionen Euro.

Aus der dauerhaften Fortführung des Innovationsfonds entstehen Ausgaben in Höhe von 200 Millionen Euro, die je zur Hälfte von den Krankenkassen und der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds getragen werden sollen.

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