3 Fragen an

Dr. Markus Leyck Dieken

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist seit Mitte Mai 2019 mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter der gematik Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH. Damit einher geht die Berufung eines neuen Geschäftsführers: Dr. med.  Markus Leyck Dieken (54) hat diese Funktion am 1. Juli 2019 übernommen. Der Internist und Notfallmediziner war zuletzt in mehreren Positionen als Manager in der Pharmabranche tätig.

Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer gematik

2005 wurde die gematik gegründet mit dem Auftrag, die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen aufzubauen. Das kommt nur langsam voran. Wie kann es gelingen,  mehr Tempo in diesen Prozess zu bringen?

Die gematik dreht ihren Modus Operandi um 180 Grad – weg von einer passiven Dienstbarkeit der Vergangenheit hin zu einem aktiven Konzeptionshaus. Ein Haus, das sich dem Dialog öffnet und als Forum fungiert, in dem Stimmen von außen zu Wort kommen und durch das die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens vorangetrieben wird – mit nachgefragten Konzepten, die sich ausschließlich an der Versorgungsrealität und dem Nutzen orientieren. Dieser fundamentale Wandel ist notwendig, damit wir überhaupt eine Chance zur digitalen Aufholjagd in Europa haben. Darüber hinaus ändern wir unsere internen Arbeitsabläufe. Wir testen nur noch, was auch von uns zertifiziert wird, und wollen serviceorientierter während der Zulassungsphase werden. Dazu gehört auch, den Herstellern klare Termine und Ansprechpartner zu übermitteln, damit alle Beteiligten umfassend und einheitlich informiert sind. Diese neue Arbeitsweise der gematik führt zu mehr Akzeptanz, Transparenz, Relevanz und Effizienz bei der digitalen Vernetzung des Gesundheitswesens.

Ein großer Meilenstein wird die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) im Jahr 2021 sein. Wie gut ist die gematik dafür aufgestellt?

Wir wollen alle Gesellschafter mitnehmen und tauschen uns mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen und natürlich auch der Industrie über die ePA aus. Dazu veranstalten wir beispielsweise Workshops und Infotage, stellen aber auch Unterstützung in Form von Publikationen, Checklisten oder Testtools bereit. Besonders in den Fokus ist für uns die Ärzteschaft gerückt, mit der wir in den Dialog treten und deren Interessen wir einbetten wollen. Zwar werden die Krankenkassen die ePA beleben und bewerben. Aber nur der Arzt kann Patienten von diesem Produkt überzeugen. Also müssen wir zunächst die Ärzte vom Nutzen der elektronischen Patientenakte (ePA) überzeugen. Sie müssen sich eingeladen fühlen, damit zu arbeiten. Deshalb führen wir momentan viele Gespräche mit Ärzten. Die Ergebnisse arbeiten wir in die Konzepte ein, um die Praxistauglichkeit der ePA zu stärken und Features einzubauen, die von den Nutzern nachgefragt werden.

Wo sehen Sie die gematik im Prozess der Digitalisierung im Gesundheitswesen insgesamt?

Die gematik entwickelt sich hin zu einem Kompetenzzentrum des digitalen Gesundheitswesens auf nationaler und europäischer Ebene. Wir wissen,m dass wir nicht als Einzige Produkte anbieten, durch die die Bürger die Digitalisierung des Gesundheitswesens erleben. Wir laden nicht nur die Projekte zu uns ein, wir fahren auch zu ihnen hin. Denn es gibt immer mehr Stimmen, die sagen: Wir haben Pilotprojekte und Initiativen, aber Deutschland kann nur überzeugend in die Digitalisierung wandern, wenn es eine nationale Ebene erreicht. Da ist die gematik
gefragt. Wir sind diejenigen, die die technischen Standards für ein digitales Gesundheitswesen festlegen und entscheiden, wer am Markt teilnehmen darf. Wir behalten den Betrieb der TI im Auge und überprüfen, ob er entsprechend dem Anspruch der gematik auch läuft. Damit schaffen wir eine Infrastruktur, die alle Beteiligten benötigen, um irgendwann auch international vernetzt zu sein. Das macht uns zu einem entscheidenden Akteur für die umfassende Digitalisierung des Gesundheitswesens.