Zum Jahresbeginn 2022 zieht Uwe Klemens, ehrenamtlicher Verbandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek), eine positive Bilanz zur Markt- und Wettbewerbssituation der Ersatzkassen (Techniker Krankenkasse, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK). Die Ersatzkassengemeinschaft konnte zum Dezember 2021 63.779 Mitglieder gegenüber dem Vorjahr hinzugewinnen und bleibt mit 28,21 Millionen Versicherten und einem Marktanteil von 38,4 Prozent weiterhin die Nummer eins unter den gesetzlichen Krankenkassen. Fünf von sechs Ersatzkassen haben ihren Zusatzbeitragssatz stabil gehalten, nur eine Kasse (hkk) hat leicht erhöht, liegt aber noch deutlich unter dem Durchschnitt. Von 96 gesetzlichen Krankenkassen mussten dagegen 19 (teilweise mitgliedsstarke Krankenkassen) ihren Zusatzbeitragssatz anheben. Klemens betonte, die Beitragssatzentwicklung sei von der Reform des Finanzausgleichs Morbi-RSA geprägt. „Die Reform beginnt zu wirken! Der Wettbewerb ist fairer geworden.“ Ab 2021 in Kraft getreten, führt sie dazu, dass die Zuweisungen, die die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, fairer verteilt werden.
Finanzen in der GKV in 2022 gesichert, Finanzierungslücke in 2023
Mit den zusätzlichen Steuermitteln seien die Finanzen in 2022 zwar gesichert, betonte der Versichertenvertreter. Im Jahr 2023 stehe die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aber erneut vor einem riesigen Finanzloch. „Die Ausgaben steigen 2023 um geschätzte 3,4 Prozent, das sind etwa 10 Milliarden Euro.“ Wenn die Politik jetzt nicht gegensteuert, könnten sich die Zusatzbeitragssätze 2023 nahezu verdoppeln – aus heutiger Sicht auf 2,4 Prozent.“
Klemens forderte die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Maßnahmen zur Finanzstabilisierung rasch zu konkretisieren und auszubauen. Dies gelte für den geplanten dynamisierten Steuerzuschuss zum Gesundheitsfonds zur Kompensation pandemiebedingter Mehrausgaben ebenso, wie für den erhöhten Beitragssatz für ALG-II-Empfänger. Dieser sollte kostendeckend sein. Laut IGES-Institut gehe es um eine Deckungslücke von rund 10 Milliarden Euro. Zur Eindämmung der Preissteigerungen bei neuen Arzneimitteln sollten die mit dem GKV-Spitzenverband verhandelten Preise rückwirkend ab dem ersten Tag der Zulassung gelten, nicht erst ab dem siebten Monat. Als weitere Stabilisierungsmaßnahme sollte der Mehrwertsteuersatz für Gesundheitsleistungen der GKV generell auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent abgesenkt werden, wodurch die GKV um sechs bis sieben Milliarden Euro entlastet würde. Aber auch die Themen Ausgabendynamik, Kosteneffizienz und Qualität der Versorgung dürften nicht außer Acht gelassen werden, so der Verbandsvorsitzende.
Reformbedarf in der Pflege: Eigenanteile und Finanzierung
Die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen bleibt ein ernstzunehmendes Problem. Zum 1.1.2022 mussten die Pflegebedürftigen bundesweit durchschnittlich 2.179 Euro zuzahlen. Der Anteil ist damit gegenüber dem Vorjahr um 111 Euro gestiegen. Allein auf die pflegebedingten Eigenanteile entfallen aktuell Monat für Monat 912 Euro.
Durch die „kleine Pflegereform“ der alten Bundesregierung tritt zum 1.1.2022 zwar eine Entlastung ein. So übernehmen die Pflegekassen je nach Verweildauer in der Pflegeeinrichtung zwischen 5 bis 70 Prozent der pflegebedingten Eigenanteile (im ersten Jahr des Aufenthaltes 5, im zweiten Jahr 25, im dritten 45, danach 70 Prozent). Diese Entlastung könnte aber durch steigende Löhne und bessere Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen wieder neutralisiert werden - laut einer Studie der Uni Bremen bereits ab 2023. Klemens: „Wir müssen die Entwicklung bei den Eigenanteilen genauestens beobachten. Ggf. sind dann weitere Maßnahmen zur Begrenzung erforderlich.“ Dies sei richtigerweise auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden.
Paritätisch ausgestaltete nachhaltige Finanzierung der Pflege nötig
Die in der „kleinen Pflegereform“ vorgesehenen Zusatzausgaben in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) seien zudem nicht ausreichend gegenfinanziert. Allein die aktuelle Entlastung bei den Eigenanteilen kostet jedes Jahr drei Milliarden Euro: Eine Milliarde Euro ist durch den neuen Steuerzuschuss abgedeckt, zwei Milliarden dagegen in 2022 noch offen. Hinzu kommt die stetig steigende Zahl an Leistungsempfängern. Auch die Anhebung der Beitragssätze für Kinderlose um 0,1 Prozent ab dem 1.1.2022 werde nicht ausreichen, um das Defizit zu decken.
Klemens begrüßte, dass die Koalition auch Maßnahmen zur nachhaltigen Finanzierung im Koalitionsvertrag benennt, wie die Finanzierung der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige aus Steuermitteln oder die moderate Beitragssatzerhöhung. „Hier muss die Koalition konkreter werden. Allein können die Beitragszahler die Finanzlasten nicht tragen, sie müssen auf mehrere Schultern verteilt werden.“ Dazu gehöre:
- dauerhafter Steuerzuschuss durch den Staat, denn die Absicherung des Pflegerisikos ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
- verbindliche Übernahme der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen durch die Bundesländer. Aktuell müssen die Pflegebedürftigen die Kosten dafür tragen, bundesdurchschnittlich 466 Euro im Monat.
- Beteiligung der privaten Pflegeversicherung am gemeinsamen Finanzausgleich. Dieser könnte die SPV um bis zu zwei Milliarden Euro jährlich entlasten.
- keine Verschiebung der Behandlungspflege aus der Pflegeversicherung in die GKV. Das löst kein Finanzierungsproblem, sondern verlagert es nur und verschärft die Finanzsituation der GKV.
Zudem sollten Reformen innerhalb des Systems der SPV erfolgen, nicht im Bereich der privaten Zusatzversicherungen. Eine Privatisierung des Risikos Pflege lehnte Klemens ab.
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Forsa-Umfrage des vdek: „Neue Wege in der ambulant-ärztlichen Versorgung“
Moderne Versorgung in strukturschwachen Regionen flankieren durch: Aufbau regionaler Gesundheitszentren, gezielte Digitalisierung, mehr Delegation
Um die flächendeckende ambulant-ärztliche Versorgung zukunftssicher zu gestalten, geht es darum, „die Gesundheitsversorgung stärker zu bündeln“, betont Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), auf der diesjährigen Neujahrs-Pressekonferenz. Eine vom vdek in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage zeigt, dass auch die Versicherten diesen Vorschlägen offen gegenüberstehen. » Lesen
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