Einwurf

Finanzwirkungen beachten

Viele Reformen stehen in diesem Jahr in der Gesundheitspolitik an, doch die Vorzeichen haben sich geändert. Die Ausgaben steigen, die Rücklagen schmelzen ab und der Arbeitgeberbeitrag ist eingefroren. So gehen Kostenschübe allein zulasten der Versicherten. Was muss getan werden?

Die Politik ist ambitioniert in das neue Jahr gestartet. Acht Reformen stehen auf der Agenda: GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, Präventionsgesetz, E-Health-Gesetz, Korruptionsgesetz, Pflegestärkungsgesetz, Hospiz-Palliativgesetz, Krankenhausreform und last but not least die Sozialwahlreform.

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In den kommenden Jahren wird die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter wachsen.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

All diese Gesetze verfolgen ein wichtiges Ziel: die Versorgung der Versicherten zu verbessern. Das wollen auch die Krankenkassen. Gleichzeitig bergen die Reformen jedoch auch erhebliche Finanzrisiken für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Allein die Krankenhausreform wird die Beitragszahler über drei Jahre hinweg insgesamt 3,8 Milliarden Euro kosten. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz kommen 2017 gut 700 Millionen Euro auf die Krankenkassen zu und erhöhen dauerhaft das Honorarvolumen. Und auch das Präventionsgesetz schlägt ab 2016 mit jährlich 250 Millionen Euro zu Buche. Hinzu kommen die „regulären“ Ausgabensteigerungen, die auf die Beitragssätze drücken. Rund 0,2 Beitragssatzpunkte sind dies jährlich, und zwar ohne die Reformpakete.

All das muss bezahlt werden. Und genau diesen Aspekt scheint die Politik angesichts der Milliardenüberschüsse, die die GKV 2012 und 2013 anhäufen konnte, aus dem Blick verloren zu haben. Aber: Die Finanzreserven schmelzen ab, seit 2014 übersteigen die Ausgaben wieder die Einnahmen. Dieses für 2014 erwartete Defizit von etwa 800 Millionen Euro müssen die Krankenkassen über ihre Rücklagen decken. Zwar hat der Gesundheitsfonds noch Rücklagen, es fehlt aber ein Mechanismus, dass oberhalb einer Schwankungsreserve diese den Krankenkassen zum Beispiel zur Stabilisierung des Beitragssatzes zufließen. In den kommenden Jahren wird die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter wachsen und den Druck auf die Zusatzbeitragssätze erhöhen. Wir müssen damit rechnen, dass die Zusatzbeitragssätze von jetzt 0,9 Prozent auf bis zu 1,7 Prozent im Jahr 2018 ansteigen werden.  

Solange der Arbeitgeberbeitragssatz bei 7,3 Prozent festgeschrieben ist, zahlen diese Kostensteigerungen allein die Versicherten über die Zusatzbeitragssätze. Gerade unter diesen Voraussetzungen sollte die Politik sehr sensibel und verantwortungsbewusst mit den Ausgabenwirkungen der neuen Gesetze umgehen. Die anstehenden Reformpakete sollten daher sehr sorgfältig im Hinblick auf den Nutzen und Bedarf für den Patienten überprüft werden. Hier gibt es noch eine Reihe von Ungereimtheiten in den einzelnen Gesetzesvorhaben. Wenn die Versorgung unter dem Strich nur teurer wird, haben wir nichts gewonnen, sie muss auch deutlich besser werden. Darüber hinaus muss die Politik Korrekturen an der Finanzarchitektur der GKV vornehmen. Auch die Anpassung des Arbeitgeberbeitrags darf dabei kein Tabu sein.

Weitere Kommentare der vdek-Vorstandsvorsitzenden:

  1. Einwurf

    Reformen rasch angehen

    Magazin 

    Ulrike Elsner. Das Kabinett hat sich neu zusammengesetzt. Auch im Gesundheitsausschuss gibt es viele neue Gesichter. Sie werden in den nächsten vier Jahren die Gesundheitspolitik bestimmen. » Lesen