Die Große Koalition kann eine Erfolgsmeldung verkünden. Erstmals seit 1969 soll der Bund keine neuen Schulden mehr machen. Doch das geht nur, indem sie den Kassenzuschuss kürzt.
Der Bund muss sich 2014 noch einmal mit 6,5 Milliarden Euro zusätzlich verschulden, ab 2015 stehen dann bis 2018 nur noch Nullen auf der Neuverschuldungsliste. Und das, obwohl der Koalitionsvertrag 23 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben bis 2018 vorsieht. Wie kann das gehen? Zum einen profitiert Schäuble beim Schuldenabbau von der günstigen Konjunktur, der geringen Arbeitslosigkeit, den hohen Steuern und niedrigen Zinsen. Auch den Sozialkassen hat die gute Konjunktur Überschüsse beschert, Renten- und Krankenversicherung melden Rücklagen in Milliardenhöhe. Ihre kostspieligen Rentenpläne finanziert die Koalition deshalb überwiegend aus den Mitteln der Rentenversicherung und nicht – was ordnungspolitisch sauber wäre – aus Steuern. Und der Krankenversicherung streicht Schäuble kurzerhand bereits zugesicherte Steuermittel, mit denen die Krankenkassen unter anderem Familienleistungen, wie die kostenfreie Mitversicherung von Familienangehörigen, Mutterschaftsgeld und Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes, finanzieren. Mehr als 20 Milliarden Euro jährlich werden für diese sogenannten versicherungsfremden Leistungen benötigt. 14 Milliarden Euro sollte der jährliche Zuschuss sein, nun werden den Krankenkassen 2014 und 2015 insgesamt sechs Milliarden Euro weniger vom Bund überwiesen.
Der Krankenversicherung streicht Schäuble kurzerhand bereits zugesagte Steuermittel.
Die nun vorgenommene Kürzung mag in Anbetracht eines finanziellen Polsters von 13,6 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds auf den ersten Blick legitim erscheinen, eine verlässliche Finanzpolitik sieht jedoch anders aus. Immer wieder greift der Bund auf die Finanzmittel der Krankenkassen zu, um kurzfristig andere Interessen zu bedienen. So müssen die Beitragszahler für Leistungen bezahlen, die als gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus Steuern zu finanzieren sind. Dieses Problem verschärft sich, wenn die Reserven im Fonds und bei den Kassen aufgebraucht sein werden. Und das wird in absehbarer Zeit der Fall sein. Zwar erzielten die Krankenkassen 2013 insgesamt noch einen Überschuss von rund 1,2 Milliarden Euro. Schon für 2014 ist aber davon auszugehen, dass auf die Rücklage im Fonds zurückgegriffen werden muss, um die Ausgaben der Kassen zu decken. Reichen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds den Kassen nicht aus, müssen sie einen Zusatzbeitrag (nach bisherigem Recht) bzw. einen Zusatzbeitragssatz nach neuem Recht (Inkrafttreten des neuen GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetzes vermutlich ab 2015) von ihren Versicherten verlangen. Da das neue Gesetz keine Anpassungen beim allgemeinen Beitragssatz vorsieht, müssen zukünftige Kostenrisiken, die über die allgemeinen Steigerungen der beitragspflichtigen Einnahmen hinausgehen, allein die Versicherten tragen. Auch das Versprechen von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, den Kassen ab 2017 jährlich 500 Millionen Euro mehr an Steuermitteln zur Verfügung zu stellen, löst das Problem nicht und ist nur ein kleines Trostpflaster.
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