Präventionsgesetz

Geld allein richtet es nicht

Die Illustration zeigt ein Buch mit dem Titel "Präventionsgesetz". Darüber schweben die Begriffe "Neuer Anlauf", "Mehr Mittel", "Gesundheitliche Chancengleichheit".
Prävention: Geld allein richtet es nicht

Noch in diesem Jahr wird erneut ein Entwurf für ein Präventionsgesetz erwartet. Dieser nunmehr vierte Anlauf könnte glücken. Bund und Länder sowie Union und SPD sind sich einig, dass in der Prävention ordentlich aufgesattelt werden muss. Ein konkreter Vorschlag steht noch aus – doch in groben Zügen weiß man, wo die Schwerpunkte liegen werden.

Die Krankenkassen sollen mehr Geld für die Prävention ausgeben. In der letzten Wahlperiode war eine Erhöhung des Ausgabenwertes auf sechs Euro je Versicherten vorgesehen. Doch schon während der Koalitionsverhandlungen kursierten Überlegungen von sieben bis zu zehn Euro je Versicherten. Im letzten Jahr gaben die gesetzlichen Krankenkassen 261 Millionen Euro bzw. 3,73 Euro je Versicherten für Prävention aus. Mit anderen Worten: Die Mittel sollen sich in etwa verdoppeln. Trotz dieses erheblichen Zuflusses bleiben die Kassen in der Verantwortung, dass die zusätzlichen Gelder sinnvoll und qualitätsgesichert verwendet werden. Das ist einfacher gesagt als getan. Denn Prävention braucht Ideen, geeignete Strukturen, genügend Personal und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Geld allein bringt die Prävention nicht nach vorne. Die politischen Papiere aus der Vergangenheit weisen eine Gemeinsamkeit auf: Der wettbewerbliche Präventionsansatz steht bei der Politik nicht mehr hoch im Kurs. Die diversen Vorwürfe, die den Krankenkassen in den letzten Jahren gemacht worden sind, lassen aber außer Acht: Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat sich in den letzen 20 Jahren zu dem maßgeblichen „Player“ in der Prävention entwickelt. Und zwar im Wettbewerb! Heute erreichen die gesetzlichen Krankenkassen mit ihren Angeboten jährlich über fünf Millionen Menschen. Das ist eine Erfolgsstory.

Defizite bei den Settings

Es gibt aber Bereiche, die sich nur zurückhaltend entwickelt haben. Defizite gibt es in der Setting-Prävention, deren Ansatz es ist, die Menschen in ihrer Lebensumgebung „abzuholen“. Während es den Krankenkassen in Schulen und Kindergärten vergleichsweise gut gelungen ist, Zugänge und Kooperationspartner zu finden, gestaltet sich Prävention für Menschen mit schlechteren Gesundheitschancen schwieriger. Zwar hat die GKV mit dem Kooperationsverbund „Gesundheitliche Chancengleichheit“ in den Bundesländern die Errichtung von Plattformen unterstützt, um für Menschen aus bildungsferneren Milieus oder mit Migrationshintergrund spezifische Angebote zu entwickeln oder zu vernetzen. Für eine operative Umsetzung zielführender und nachhaltiger Konzepte und Programme bedarf es aber mehr. Hier ist gemeinsames Handeln gefordert. Ohne ein aktives Mittun der öffentlichen Hand lässt sich nicht viel bewegen. Die GKV kann nicht im Alleingang die Defizite des öffentlichen Lebens heilen.

Zurückhaltend hat sich auch die betriebliche Gesundheitsförderung entwickelt. Die Krankenkassen sind mit ihren Angeboten und Kooperationsplattformen wie dem Deutschen Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) oder der Initiative für Gesundheit und Arbeit (iga) zwar sehr präsent; allerdings kann die Zusammenarbeit mit anderen Sozialversicherungsträgern wie der Renten- und der Unfallversicherung noch verbessert werden. Daneben beklagen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen das Fehlen fester regionaler Ansprechpartner und konkreter Beratung und Hilfestellung vor Ort. Ein engeres Zusammenrücken der Krankenkassen – gegebenenfalls mit weiteren Sozial-versicherungsträgern – könnte hier eine wertvolle strukturelle Ergänzung bilden. Monetäre Zielvorgaben wie Ausgabenrichtwerte können dabei helfen, die notwendigen finanziellen Spielräume für die Prävention in den Lebens- und Arbeitswelten zu erschließen. Zwangsquoten und Überlauftöpfe hingegen verursachen Fehlanreize und Fehlallokationen. Es muss der Anspruch der GKV sein, die Prävention in allen Feldern konsequent weiterzuentwickeln und dabei ihre gestalterische Führungsrolle zu behaupten. Ein Präventionsgesetz stellt dafür eine gute Herausforderung dar.

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