Ehrenamt

Was die gewählte Selbstverwaltung leistet

Bei der anstehenden Sozialwahl wählen Versicherte und Arbeitgeber ihre Vertreter in die zentralen Entscheidungsgremien der Ersatzkassen: die Verwaltungsräte. Die 153 Selbstverwalter setzen sich in den Gremien für die Interessen der Versicherten und Beitragszahler ein, sorgen für eine qualitativ hochwertige, umfassende und bezahlbare Gesundheitsversorgung. Das fängt bei Beschlüssen zu innovativen Versorgungsleistungen an und reicht bis zur politischen Einflussnahme bei Gesetzgebungsverfahren.

Der Verwaltungsrat ist bei den Ersatzkassen das zentrale Entscheidungsgremium. Er trifft alle Grundsatzentscheidungen einer Kasse, wählt und kontrolliert den Vorstand, verabschiedet den Haushalt und beschließt die Satzung. Das Besondere: Die gewählten Selbstverwalter, die den Verwaltungsrat bilden, sind allein den Versicherten und Beitragszahlern verpflichtet. Viele von ihnen blicken auf eine lange berufliche Laufbahn im Gesundheitswesen zurück und sind bestens mit dem System vertraut. Nun erfüllen sie im Ehrenamt und legitimiert durch die Sozialwahlen zentrale Aufgaben im Interesse der Versicherten.

Die Versicherten sind von den Entscheidungen der sozialen Selbstverwaltung unmittelbar betroffen: Die Höhe des Zusatzbeitragssatzes zum Beispiel wird vom Verwaltungsrat festgelegt. Die Selbstverwaltung beschließt aber mit der Satzung der Kassen unter anderem auch Bonusprogramme, Wahltarife und spezielle Versorgungsangebote: "Satzungsleistungen", also Leistungen, die von den Kassen zusätzlich zum gesetzlichen Leistungskatalog übernommen werden. Eine weitere wichtige Aufgabe der Selbstverwalter ist die Ernennung der Mitglieder der Widerspruchsausschüsse. Kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen Krankenkasse und Versichertem, können sich Versicherte an diese Ausschüsse wenden. Sie überprüfen dann die Entscheidung der Kassenverwaltung.

Für Versicherte im Einsatz

Von großer Bedeutung für die Versicherten ist der Einfluss der Selbstverwalter als politischer Akteur und Interessenvertreter. Mit ihrer Expertise setzen sich die Versicherten- und Arbeitgebervertreter für die Behebung von Defiziten und Regelungslücken ein. Die soziale Selbstverwaltung hat auf diese Weise vielfach Verbesserungen in der Versorgung und finanzielle Entlastungen für die Versicherten und Beitragszahler erreicht.

Beispiel Zusatzbeiträge: Durch das Engagement der Selbstverwalter wurde der pauschale Zusatzbeitrag 2015 in einen prozentualen Zusatzbeitragssatz umgewandelt. Seither werden die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit dem von ihnen alleine zu tragenden Zusatzbeitrag nur noch in Abhängigkeit ihrer wirtschaftlichen Situation belastet. Die Versichertenvertreter setzen sich politisch zudem dafür ein, dass der medizinische Fortschritt nicht allein von den Versicherten zu tragen ist, und streiten daher für die Aufstockung des Arbeitgeberanteils.

Ein weiteres Beispiel ist die Hörgeräteversorgung. Auch bei etablierten Leistungen hat die Selbstverwaltung ein Auge darauf, ob diese noch den Gegebenheiten gerecht werden. Bei den Hörgeräten waren oftmals hohe Aufzahlungen erforderlich für ein gutes Gerät. Die Festbeträge für Hörgeräte sind im Jahr 2013 deswegen – maßgeblich durch das politische Engagement der Selbstverwaltung – verdoppelt worden.

Immer wieder stoßen Selbstverwalter bei ihren Kassen wichtige Versorgungsthemen an und setzen sich im GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für Versicherteninteressen ein. Im Bereich der stationären Versorgung etwa haben sie aktuell ein Auge darauf, dass die Pflege „am Bett“ und somit beim Patienten ankommt, damit diese nicht unter überlastetem Personal zu leiden haben. Auch die Hygienesituation in Krankenhäusern steht auf der Agenda der Selbstverwaltung der Ersatzkassen. Mit dem Präventionsgesetz wurde die Grundlage für einen deutlichen Ausbau von Präventionsangeboten der Kassen geschaffen. Die Selbstverwaltung engagiert sich derzeit daher stark für neue Präventions- und Selbsthilfeangebote, zum Beispiel für Menschen in Pflegeeinrichtungen und für Migranten. Aber auch innerhalb ihrer eigenen Gremien steht die Selbstverwaltung für die Verwirklichung wichtiger sozialpolitischer Ziele ein. Die Selbstverwalter der Ersatzkassen engagieren sich unter anderem für eine Erhöhung des Frauenanteils in den Selbstverwaltungsgremien der Krankenkassen. Die Ersatzkassen sind bei dem Thema Vorreiter: Bei den letzten Sozialwahlen lag der Anteil der Frauen unter den Versichertenvertretern in den Verwaltungsräten  der Ersatzkassen bei 32,5 Prozent – das ist der höchste Wert in der GKV. Und sie werben dafür, dass er weiter steigt.

Vielfältige Satzungsleistungen  

Direkt spürbar wird das Wirken der Selbstverwalter für die Versicherten auch bei den Satzungsleistungen der Kassen. Mit ihren Beschlüssen gestalten die Verwaltungsräte die Versorgung ganz konkret mit, fördern innovative Gesundheitsleistungen, regen gesundheitsförderndes Verhalten der Versicherten an und unterstützen den medizinischen Fortschritt. Die Satzungsleistungen der Ersatzkassen sind vielfältig und zahlreich:

Leistungen für Familien: Die Verwaltungsräte aller sechs Ersatzkassen haben beispielsweise zusätzliche Leistungen für werdende Eltern bzw. Familien beschlossen. Das reicht von pränatalen (Ultraschall-)Untersuchungen über Geburtsvorbereitungskurse für Partner der werdenden Mütter, Hebammen-Rufbereitschaften bis hin zu Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche wie die U10, U11 und J2.

Vorsorgeuntersuchungen: Auf Beschluss ihrer Selbstverwalter hin bieten alle sechs Ersatzkassen zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen an. Dazu zählen etwa Hautkrebsscreenings für Versicherte unter 35 Jahren (erst ab dem 35. Lebensjahr Regelleistung der GKV), Zuschüsse für sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und Früherkennungsprogramme für familiäre Krebserkrankungen.

Leistungen für Impfungen und Co.: Die Selbstverwalter haben aber noch weitere individuelle Satzungsleistungen für ihre jeweilige Ersatzkasse beschlossen. Dazu gehören unter vielen anderen die Erstattung von Reiseschutzimpfungen wie zum Beispiel für Cholera, FSME, Gelbfieber, Tollwut oder Japanische Enzephalitis, Bonusprogramme sowie Zuschüsse für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel.

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